Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 318 T 45/97) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 18, vom 17.6.1998 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde. Sie haben dem Antragsgegner die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung der dritten Instanz zu erstatten.
Der Gegenstandswert der dritten Instanz wird auf 10.225,84 EUR (= 20.000 DM) festgesetzt.
Gründe
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Ziff. 1 WEG, 27, 29 Abs. 1 FGG), sachlich aber unbegründet. Denn die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 27 FGG, 550 a.F. ZPO).
Die Antragsteller verfolgen weiterhin ihren von Amts- und LG abgewiesenen Antrag, den Antragsgegner, der Eigentümer zweier Wohnungen im Staffelgeschoss der Wohnungseigentumsanlage ist, zu verpflichten, den auf der nur durch seine Wohnungen zugänglichen Dachfläche befindlichen und von ihm ohne Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer Ende 1973/Anfang 1974 in die Dachhaut eingebauten Pflanztrog zu entfernen. Ob ein derartiger Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums durch eine ungenehmigte bauliche Veränderung, den die Antragsteller als einzelne Wohnungseigentümer auch ohne Ermächtigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen können (vgl. BGH v. 19.12.1991 – V ZB 27/90, BGHZ 116, 392 [394] = MDR 1992, 484), im Ergebnis gegeben ist, hat das Beschwerdegericht offengelassen, da nach seiner mit dem amtsgerichtlichen Beschluss übereinstimmenden Entscheidung dieser jedenfalls verwirkt wäre. Hiergegen wenden sich die Beschwerdeführer ohne Erfolg.
AG und LG haben unter Beachtung der hierzu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze ohne Rechtsfehler die Verwirkung eines etwaigen Beseitigungsanspruches der Antragsteller bejaht. Ein Recht ist verwirkt und kann wegen unzulässiger Rechtsausübung nach Treu und Glauben nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (BGHZ 25, 47 [52]). Mit dem Rechtsgedanken der Verwirkung soll die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Verpflichteten ausgeschlossen werden (BGHZ 25, 47 [52]). Der Einwand der Verwirkung kann auch einem Anspruch auf Beseitigung einer rechtswidrig ohne Zustimmung der übrigen Eigentümer vorgenommenen baulichen Veränderung i.S.d. § 22 WEG, die von den übrigen Eigentümern gem. § 14 Nr. 1 WEG nicht zu dulden wäre, entgegengehalten werden (vgl. BayObLG v. 28.1.1988 – BReg. 2 Z 150/87, NJW-RR 1988, 589; KG v. 17.5.1989 – 24 W 6092/88, NJW-RR 1989, 976; OLG Karlsruhe WuM 1999, 594 [595]; OLG Hamburg WE 2000, 248 [249]). Dabei ist der Ablauf einer längeren Zeitspanne seit der Entstehung des Anspruchs allein nicht ausreichend, um eine Verwirkung von Ansprüchen auf Beseitigung anzunehmen. Hinzutreten müssen darüber hinausgehende Umstände, die darauf schließen lassen, dass die Anspruchsinhaber ihre Ansprüche nicht mehr geltend machen werden (BayObLG v. 28.1.1988 – BReg. 2 Z 150/87, NJW-RR 1988, 589), wobei diesen Umständen umso stärkere Bedeutung zukommt, je weniger Zeit seit der baulichen Veränderung verstrichen ist (Riecke, WE 2000, 249 in Anm. zu OLG Hamburg WE 2000, 248 [249]).
Diesen Rechtsbegriff der Verwirkung hat das Beschwerdegericht in dem angefochtenen Beschluss richtig erfasst und angewendet. Die Entscheidung, ob das für eine Verwirkung erforderliche Zeit- und Umstandsmoment vorliegt, ist im wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet zu treffen. Das Rechtsbeschwerdegericht hat die Würdigung dieser Frage durch die Tatsacheninstanz nur dahin zu überprüfen, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend erforscht worden ist (§ 12 FGG), bei der Erörterung des Beweisstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind (§ 25 FGG) und hierbei nicht gegen gesetzliche Beweisregeln und Verfahrensvorschriften (§ 15 FGG) sowie gegen die Denkgesetze und feststehende zwingende Erfahrungssätze oder den allgemeinen Sprachgebrauch verstoßen worden ist (BayObLG ZMR 1999, 847 [848]).
In der angefochtenen Entscheidung ist – was auch von den Beschwerdeführern nicht angegriffen wird – die Feststellung erfolgt, dass zwischen der Entstehung des möglichen Beseitigungsanspruches im Jahre 1974 und seiner erstmaligen vorgerichtlichen Geltendmachung im Jahre 1994 mehr als 20 Jahre vergangen sind, was nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Beurteilung durch das Beschwerdegericht, die von dem Senat im Übrigen geteilt wird, für das Zeitmoment jedenfalls ausreicht. Zu Recht hat das LG in diesen Zeitraum auch die Zeit eingerechnet, in der die Rechtsvorgänger der Antragsteller,...