Leitsatz (amtlich)
Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit einer Verfahrensgebühr für die Mitwirkung eines Patentanwaltes ist dessen tatsächliche Mitwirkung, ohne dass Umfang, Schwierigkeitsgrad, Erforderlichkeit oder Entscheidungserheblichkeit der Mitwirkung zu prüfen sind. Sofern eine Mitwirkungsanzeige nicht bis zum Abschluss des Rechtsstreites erfolgt ist, kann die tatsächliche Mitwirkung auch noch im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren glaubhaft gemacht werden.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 327 O 849/05) |
Gründe
I. Die Klägerin erhob vor dem LG Hamburg, Zivilkammer 27, Geschäfts-Nr. 327 O 849/05, gegen den Beklagten eine Klage auf Unterlassung der Nutzung der Marke "X" für Waren und/oder Dienstleistungen nach den Markenklassen 35, 41 oder 42 (Anlage K 2). Der Rechtsstreit wurde durch einen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 1.6.2006 geschlossenen Vergleich beendet, nach dem die Klägerin die Kosten des Rechtsstreites, mit Ausnahme der Kosten des Vergleiches zu tragen hat, die gegeneinander aufgehoben werden. Im Verhandlungstermin wurde der Beklagte allein durch seinen Prozessbevollmächtigten vertreten. Die Mitwirkung eines Patentanwaltes auf seiner Seite hat der Beklagte während des Rechtsstreites nicht angezeigt.
In seinem Antrag auf Kostenfestsetzung vom 20.6.2006 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten auch die Festsetzung einer 1,3-Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3100 RVG-VV i.V.m. § 140 Abs. 3 MarkenG beantragt. Zur Erläuterung der Mitwirkung des Patentanwaltes Dr. Y im streitigen Verfahren führt er aus, der Patentanwalt habe in der internen Beratung nach Annahme des Mandates durch den Rechtsanwalt in der Weise mitgewirkt, dass er den Inhalt der Klageschrift ebenfalls beurteilt hätte und zu der Einschätzung der Erfolgsaussichten auf Seiten des Beklagten gekommen wäre. Zum Beleg dafür legt der Beklagte eine entsprechende patentanwaltliche Versicherung vom 20.6.2006 vor, auf die wegen ihres weiteren Inhalts Bezug genommen wird.
Die Rechtspflegerin des LG hat - insoweit in Übereinstimmung mit der Klägerin - die Festsetzung der Patentanwaltskosten mit der Begründung abgelehnt, dass die Mitwirkung des Patentanwaltes im Verfahren nicht angezeigt worden sei; eine Anzeige sei jedoch Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit.
Mit seiner sofortigen Beschwerde vom 9.8.2006 wendet sich der Beklagte allein gegen die Versagung der Festsetzung der Kosten des Patentanwaltes. Er meint, dass dessen Kosten ungeachtet der fehlenden Anzeige seiner Mitwirkung festzusetzen seien, da es allein auf dessen tatsächliche Mitwirkung ankomme.
Die Rechtspflegerin des LG hat nach Stellungnahme der Klägerin durch Verfügung vom 20.9.2006 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Hanseatischen OLG vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 27, Geschäfts-Nr. 327 O 849/05, war deshalb teilweise dahingehend abzuändern, dass an weiteren von der Klägerin an den Beklagten nach dem im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG am 1.6.2006 geschlossenen Vergleich zu erstattenden Kosten EUR 1.760,20 (Kosten des Patentanwaltes) festgesetzt werden.
Der Beklagte kann von der Klägerin über den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hinaus die Erstattung einer 1,3-Verfahrensgebühr gem. §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3100 RVG-VV i.V.m. § 140 Abs. 3 MarkenG für die Mitwirkung von Patentanwalt Dr. Tappe an der Verteidigung gegen die Klage verlangen.
Der vorliegende Rechtsstreit war eine Kennzeichenstreitsache i.S.d. § 140 Abs. 1 MarkenG, weil die Parteien über die Nutzung der Wortmarke "Die unendliche Geschichte" (Anlage K 2) gestritten haben. § 140 Abs. 3 MarkenG legt fest, dass die durch Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstandenen Kosten erstattungsfähig sind.
Einzige Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit einer Verfahrensgebühr ist die tatsächliche Mitwirkung des Patentanwalts, ohne dass Umfang, Schwierigkeitsgrad, Erforderlichkeit oder gar Entscheidungserheblichkeit der Mitwirkungshandlungen zu prüfen wären (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl. 2003, § 140 Rz. 71; vgl. auch: Benkard-Rogge/Grabinski, Patentgesetz, 10. Aufl. 2006, § 143 PatG Rz. 23, jeweils m.w.N.).
Entscheidend ist lediglich, ob der betreffende Patentanwalt tatsächlich irgendeine streitbezogene Tätigkeit entfaltet hat, die zur Entstehung der Gebührenschuld ihm gegenüber geführt hat, was die anspruchstellende Partei, hier der Beklagte, ggü. dem Gericht und ggü. der Gegenpartei glaubhaft zu machen hat. Zwar geschieht dies üblicherweise durch die anwaltliche Versicherung des Prozessbevollmächtigten bereits in der Klageschrift oder in der Klageerwiderung, dass ein namentlich benannter Patentanwalt im Rechtsstreit mitwirkt. An einer solchen Anzeige hat es der Beklagte vorliegend indes bis zum Abschluss des Rechtsstreits fehlen lassen.
Allerdings kommt der Mitwirkungsanzeige bloß eine indizielle Wirkung zu. Der ...