Leitsatz (amtlich)

1. Ein allgemeines Verbot, für ein Lebensmittel i.S.d. § 14a DiätVO mit dessen schlankmachender oder gewichtsreduzierender Wirkung zu werben, lässt sich nicht auf die Nährwertkennzeichnungsverordung (NKV) stützen, weil nach § 6 Abs. 1 S. 2 NKV kein Werbeverbot besteht, wenn derartige Lebensmittel zur Verwendung als Tagesration dienen.

2. Wird ein Lebensmittel i.S.d. § 14a DiätVO nur auf Grund der Werbung vom Verkehr als Arzneimittel angesehen, lässt sich ein allgemeines Verbot, dafür zu werben, nicht auf §§ 1 UWG, 3a HWG, 21 AMG stützen. In das Verbot muss vielmehr die konkrete Werbung einbezogen werden.

3. Hat ein Presseorgan hinsichtlich einer konkreten rechtswidrigen Anzeige die Wiederholungsgefahr beseitigt, kann es im Regelfall nicht wegen einer darüber hinausgehenden Verallgemeinerung in Anspruch genommen werden, weil es wegen der Begrenzung der Pressehaftung auf grobe und leicht erkennbare Verstöße auf den konkreten Einzelfall ankommt.

 

Normenkette

UWG § 1; DiätVO § 14a; NKV § 6; HWG § 3a; AMG § 21 – „Navol”

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 14.03.2001; Aktenzeichen 406 O 291/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 6, vom 14.3.2001 abgeändert. Die durch das Urteil neugefasste einstweilige Verfügung wird im Umfang der Berufung aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag einschließlich des Hilfsantrages zurückgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Berufungsstreitwert wird auf 7.669 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Antragsteller ist i.S.d. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert. Die Antragsgegnerin verlegt ua. die Illustrierte „X-Blatt”. Wegen einer dort erschienenen und vom Antragsteller beanstandeten Anzeige verpflichtete sie sich strafbewehrt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in periodisch erscheinenden Druckwerken die Anzeige „Der neue Super-Fettlöser, Navol: Fett weg in Rekordzeit!” (wie in DAS X-BLATT, Nr. 40/00, S. 15) erneut zu veröffentlichen.

Im Heft Nr. 47 vom 15.11.2000 derselben Illustrierten erschien eine ganzseitige Anzeige für „Navol-Caps” unter der Überschrift „Brandneuer Fettstopper frißt das Fett weg”. Eine auf diese Anzeige bezogene Verpflichtungserklärung nahm der Antragsteller nicht an. Er erwirkte das landgerichtliche Verbot, im geschäftlichen Verkehr für das unter der Bezeichnung „Navol” vertriebene Mittel mit Hinweisen auf dessen schlankmachende und/oder gewichtsreduzierende Wirkung zu werben.

Dem widersprach die Antragsgegnerin, weil es sich bei „Navol” um „eine Zubereitung für eine gewichtskontrollierende Ernährung nach § 14a DiätVO mit Zuckerarten und Süßungsmitteln” handele, für das mit seinen schlankmachenden Wirkungen geworben werden dürfe. Sowohl die Stadt Aachen (Anlage AG 1) als auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Anlage AG 2) hätten festgestellt, dass das Navol-Pulver seiner Zusammensetzung nach den Anforderungen von § 14a DiätVO entspreche, letzteres habe das Mittel lediglich wegen der Werbung fehlerhaft als Arzneimittel eingestuft.

Antragsgemäß bestätigte das LG sein Verbot in der Fassung, im geschäftlichen Verkehr für die unter der Bezeichnung „Navol” vertriebenen Mittel Navol-Caps und/oder Navol (Pulver) mit Hinweisen auf deren schlankmachende und/oder gewichtsreduzierende Wirkung zu werben.

Die Antragsgegnerin wendet sich insoweit gegen das Urteil, als ihr verboten worden ist, im geschäftlichen Verkehr für das unter der Bezeichnung „Navol” vertriebene Mittel Navol (Pulver) mit Hinweisen auf dessen schlankmachende und/oder gewichtsreduzierende Wirkung zu werben.

Im Senatstermin wiederholte die Antragsgegnerin ihr Angebot, sich hinsichtlich der Anzeige im X-BLATT Nr. 47 vom 15.11.2000 strafbewehrt zu unterwerfen. Der Antragsteller nahm das Angebot an und beantragt neben seinem Antrag, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, dem Verbot folgende Fassung zu geben, … verboten, für das Mittel „Navol-Pulver” mit folgenden Angaben zu werben:

• Der Super-Fettlöser

• Navol: Fett weg in Rekordzeit

• Navol-Schlankmolekül

• Superstoff zum Schnellabnehmen

• Das heißeste Schlanksystem der letzten Jahre

• Weil es funktioniert: Schnell, zuverlässig und meßbar

• Schlank auf Dauer

• Weil Navol das Fett löst

insbesondere wenn dies geschieht wie in der Zeitschrift „X- Blatt”, Heft 40 vom 27.9.2000, Seite 15 (Anlage A 2).

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Antragsgegnerin hat Erfolg.

1. Das LG hat sein Verbot auf § 1 UWG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nährwertkennzeichnungsverordnung (NKV) gestützt, wonach eine Schlankheitswerbung für Lebensmittel grundsätzlich verboten sei. Die Ausnahme nach §§ 6 Abs. 1 S. 2 NKV, 14a DiätVO greife nicht ein, weil sich aus der Werbung für die Navol-Caps ergebe, dass sie kein diätetisches Lebensmittel im Sinne dieser Vorschriften seien. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte habe das Navol-Pulver als Arzneimittel qualifiziert. Es komme...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge