Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 322 O 84/19) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26.07.2019, Az. 322 O 84/19, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden wie Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin
a) 10.972,09 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.11.2018 sowie
b) vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.02.2019 zu zahlen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
II. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 12.320,89 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
B. I. Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 10.972,09 EUR aus §§ 675, 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 86 Abs. 1 S. 1 VVG und § 128 HGB analog.
1. Die Mandanten der Beklagten, die Eheleute T. (im Folgenden: die Mandanten), haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 10.972,09 EUR, weil die Beklagten sie nicht zutreffend über die Erfolgsaussichten der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 06.09.2013 - 322 O 296/12 (das damalige Verfahren im Folgenden: der Vorprozess) aufgeklärt haben.
a) Es ist unstreitig, dass zwischen den Mandanten und den Beklagten ein Geschäftsbesorgungsvertrag betreffend die zweite Instanz des Vorprozesses bestand.
b) Die Beklagten haben ihre Mandanten nicht zutreffend über die Erfolgsaussichten der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 06.09.2013 im Vorprozess belehrt und damit ihre Pflicht zur umfassenden Beratung ihrer Mandanten verletzt.
Der um eine Beratung ersuchte Rechtsanwalt ist zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung verpflichtet und muss seinen Mandanten vor möglichen Schädigungen bewahren. Bei der Prüfung der Aussichten eines beabsichtigten Prozesses muss der Anwalt vor allem den ihm vorgetragenen Sachverhalt daraufhin überprüfen, ob er geeignet ist, den von dem Auftraggeber erstrebten Erfolg zu begründen. Auf mögliche Bedenken gegen die Erfolgsaussichten einer Klage muss er den Auftraggeber hinweisen. Wenn die Prüfung ergibt, dass die beabsichtigte Klage nahezu sicher oder jedenfalls mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aussichtslos ist, darf der Rechtsanwalt dies nicht verschweigen; er muss vielmehr von sich aus hinreichend deutlich zu dem Grad des Risikos und der Wahrscheinlichkeit des Prozessverlustes Stellung nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 10.03.1988 - IX ZR 194/87, juris Rn. 13). Erscheint nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine beabsichtigte Klage nahezu sicher oder jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit als aussichtslos, so muss der Anwalt auf den damit verbundenen Grad der Gefahr eines Prozessverlustes hinweisen (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.1997 - IX ZR 81/96, juris Rn. 11). Bei Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung ist diese klar herauszustellen; von einer völlig aussichtslosen Rechtsverfolgung ist abzuraten (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 23.08.2019 - 7 U 99/18, zitiert nach der unbezeichneten Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.08.2019).
Die Beklagten haben das Risiko, im Berufungsverfahren zu unterliegen, zu Unrecht nur als "erheblich" bezeichnet. Diese Einschätzung wird dem Grad der Gefahr eines Verlustes des Berufungsverfahrens nicht gerecht. Vielmehr hätten die Beklagten die Mandanten mit der gebotenen Deutlichkeit darauf hinweisen müssen, dass das Berufungsverfahren keine Aussicht auf Erfolg hat.
aa) Gegenstand des Vorprozesses war ein Schadensersatzanspruch der Mandanten als Versicherungsnehmer gegen das Versicherungsmaklerunternehmen, deren Rechtsvorgängerin der T. & P. GmbH eine die Mandanten begünstigende Reisegepäckversicherung (Versicherungsschein vom 17.02.1994, Anlagenkonvolut K19 im Vorprozess) und dem Versicherungsnehmer U. T. eine Familien-Vielschutzversicherung mit einer ihn und die mit ihm in einer häuslichen Gemeinschaft lebenden Personen begünstigende Hausratversicherung (Versicherungsschein vom 10.05.1996, Anlagenkonvolut K19 im Vorprozess) bei der ...... Allgemeine Versicherungs-AG verschafft hatte. Das Versicherungsmaklerunternehmen sollte dafür haftbar gemacht werden, dass die Rechtsnachfolgerin der .... Allgemeine Versicherungs-AG für einen Schaden aufgrund eines Raubüberfalls auf die Mandanten in einem Ferienhaus in Südfrankreich, den sie zuletzt mit 98.383,19 EUR beziffert hatten, nur 18.602,10 EUR aus der Reisegepäckversicherung und 9.681,00 EUR aus der Hausratversicherung zahlte, so dass eine ungedeckte Differenz von 70.100,09 EUR ver...