Leitsatz (amtlich)
1. Im Anwendungsbereich von § 5 UWG n.F. setzt der Vorwurf wettbewerbswidrigen Verhaltens auf Grund des gewandelten Schutzzweckverständnisses dieser Norm nicht (mehr) voraus, dass der Verletzer auch subjektive Kenntnis von den tatsächlichen Umständen besessen hat, die den Vorwurf der Irreführung begründenden. Die unlautere Zuwiderhandlung ist insoweit bereits durch ein objektiv rechtswidriges Verhalten erfüllt.
2. Für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsantrag kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Abmahnung des Verletzten auch für vergangenes Verhalten zu Recht erfolgt ist. Selbst wenn durch vorangegangenes wettbewerbswidriges Verhalten keine Wiederholungsgefahr begründet gewesen sein sollte, weil dem Verletzer die hierfür erforderliche subjektive Kenntnis fehlte, setzt der Verletzer zumindest Erstbegehungsgefahr, wenn er sein früheres Verhalten vorbehaltlos als rechtmäßig verteidigt, ohne zumutbare Erkenntnismöglichkeiten auszuschöpfen, denen nachzugehen auf Grund der Abmahnung Veranlassung hat.
Normenkette
UWG §§ 1, 3, 5, 12 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 12.08.2005; Aktenzeichen 315 O 119/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 12.8.2005 abgeändert.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie seit dem 22.11.2004 Wettbewerbshandlungen gem. Ziff. I des landgerichtlichen Urteils begangen hat, wobei die Werbung nach Werbeträgern, Auflagen der Werbeträger und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln ist.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 22.11.2004 durch die unter Ziff. I. des landgerichtlichen Urteils geschilderte Wettbewerbshandlung entstanden ist oder noch entsteht;
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 12.8.2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 215.000 EUR abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber u.a. bei dem Vertrieb von Elektrogroßgeräten.
Die Beklagte bewarb im November 2004 im Rahmen ihres "Technik-Weihnachtskataloges" u.a. einen Siemensgeschirrspüler SF 23 A 900 EU. Dabei stellte sie ihrem eigenen Preis von 369 EUR einen höheren "UVP" von "399 EUR" gegenüber, den sie als "unverb. Preisempf. d. Herstellers" erläuterte.
Dieses Verhalten beanstandet die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung als wettbewerbswidrig. Sie behauptet, der Hersteller Siemens habe für diese Geräte eine Preisempfehlung nicht ausgesprochen. Dies sei der Beklagten auch bekannt gewesen bzw. zumindest in Folge von Fahrlässigkeit unbekannt geblieben.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken elektrische Haushaltsgeräte unter Angabe einer UVP zu bewerben, wenn diese bei Erscheinen der Werbung nicht oder nicht mehr in der angegebenen Höhe besteht;
2.a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziff. I. geschilderte Wettbewerbshandlung entstanden ist oder noch entsteht;
b) die Beklagte zu verurteilen, auf die seitens der Klägerin verauslagten Gerichtskosten Zinsen gem. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit dem Zeitpunkt ihrer Einzahlung bis zur Beantragung der Kostenfestsetzung nach Maßgabe der auszuurteilenden Kostenquote zu zahlen;
c) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.200,40 EUR nebst Zinsen gem. § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Wettbewerbshandlungen gem. Ziff. 1 begangen hat, wobei die Werbung nach Werbeträgern, Auflagen der Werbeträger und Kalendervierteljahren aufzuschlüsseln ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Firma Siemens, der Hersteller und Lieferant der Geräte, habe die von der Klägerin beanstandete unverbindliche Preisempfehlung in rechtswirksamer Weise abgegeben. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, fehle es ihr an der für einen Wettbewerbsverstoß erforderlichen subjektiven Kenntnis der die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung begründenden Umstände. Denn die Firma Siemens habe sich ihr gegenüber durch Mitarbeiter ausdrücklich dazu erklärt, dass eine derartige Preisempfehlung bestehe. Demgemäß falle ihr auch kein Verschulden zur Last.
Das LG hat Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung v...