Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 12.04.1989; Aktenzeichen 7 O 212/87)

 

Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 7, vom 12. April 1989 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreit trägt der Kläger.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Der Kläger ist mit 5.180,96 DM beschwert.

 

Tatbestand

Das Landgericht hat die Beklagte als Vermieterin verurteilt, an den Kläger, der in den gemieteten Räumen eine Arztpraxis betreibt, 5.180,96 DM nebst Zinsen zu zahlen, weil dem Kläger ein Schaden in dieser Höhe durch einen Wassereinbruch entstanden sei, der auf dem Zustand eines Wassereinlaufes auf dem Flachdach beruhe. Die Beklagte habe sich in der Beweisaufnahme wegen ihrer Haftung nicht entlasten können. Die Klausel in § 8 Ziffer 3 Abs. 2 des Mietvertrages,

„Der Vermieter haftet nicht für die durch Wasser, Feuchtigkeit, Schwamm sowie durch Feuer, Rauch und Sott entstandenen Schäden, es sei denn, daß die Schäden durch grobe Vernachlässigung der Instandhaltungspflicht entstanden sind und der Vermieter es trotz Aufforderung des Mieters unterlassen hat, innerhalb angemessener Frist die Mängel zu beseitigen”,

ändere an der entsprechend § 282 BGB vorzunehmenden Beweislastverteilung nichts, denn das Dach des Mietobjektes bzw. dessen Instandhaltung und Wartung seien dem Einfluß- und Verantwortungsbereich des Vermieters zuzuordnen und dem Einblick des Mieters entzogen.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, daß bei anfänglichen Mängeln die Beweislast beim Mieter liege und im übrigen der Entlastungsbeweis durch die Aussagen der Zeugen W. und B. geführt sei.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist gerechtfertigt, denn der Kläger hat weder den Nachweis erbracht, daß das Dach infolge eines anfänglichen Mangels undicht geworden ist noch, daß der Mangel auf einer Vernachlässigung der Instandhaltungspflicht beruht.

1) Der Kläger hat nicht bewiesen, daß es sich um einen Schaden infolge eines anfänglichen Mangels der Mietsache gehandelt hat (§ 538 Abs. 1 BGB). Insoweit könnte die Beklagte sich allerdings nicht auf § 8 Ziffer 3 Abs. 2 des Mietvertrages berufen, denn nach dem für die Auslegung maßgebenden objektiven Inhalt und typischen Sinn der Klausel, ausgehend von der Verständnismöglichkeit eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden, unter Abwägung der Interessen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (Palandt-Heinrichs, BGB, 48. Aufl., zu § 5 AGBG, Anm. 3), ergibt sich vorliegend, daß anfängliche Mängel von der vertraglichen Regelung nicht erfaßt werden. In Übereinstimmung mit seinem Urteil in Sachen 4 U 75 und 120/84, zitiert bei Sternel, Mietrecht, 3, Aufl. II 697 Fußnote 34, ist dazu folgendes auszuführen:

Die Auslegung von § 8 Ziff. 3 des Mietvertrages ergibt, daß von dieser Regelung ursprüngliche Mängel nicht erfaßt sein sollen. Dabei handelt es sich nicht um die Frage, ob ein derartiger Ausschluß in AGB zulässig ist (BayOblG 17. Dez. 1984, 40 in RE Miet; OLG Stuttgart 11. April 1984, 9 in RE Miet; Wolf/Horn/Lindacher AGBG § 9 M 34).

Nach ihrem Wortlaut, der im unmittelbaren Zusammenhang mit der in Abs. 1 statuierten Pflicht des Vermieters zur konstruktiven Instandhaltung und Instandsetzung der Mieträume zu lesen ist, soll letztere nicht zu seiner Haftung bei Wasserschäden führen, es sei denn, ihm sei eine grobe Vernachlässigung der Instandhaltungspflicht vorzuwerfen. Es handelt sich demnach um den Bereich der Vermieterhaftung, der Verschulden erfordert und in dem es zu einer Pflichtverletzung kommen kann. Die Garantiehaftung für bei Überlassung der Mietsache vorhandene Mängel, die ihr ggf. schon bei Abschluß des Vertrages anhafteten (§§ 537 Abs. 1, 538 Abs. 1 BGB), stellt nur auf den objektiven Zustand zu bestimmten Zeitpunkten ab, sie tritt ohne Rücksicht auf die nach Vertragsabschluß beginnenden Vermieterpflichten ein. Aus der Sicht des Mieters soll die Garantiehaftung deswegen nicht ausgeschlossen sein. Dabei ist es unerheblich, ob der Verwender seine Haftung bei grober „Vernachlässigung der Instandhaltungspflicht” möglicherweise nur mit Rücksicht auf § 11 Nr. 7 ABGB bestehen gelassen hat. Das wird nicht mit der Folge offenbar, daß die Haftung ausgeschlossen sein soll, soweit dies in AGB gesetzlich zulässig ist.

Der Senat hatte schon in seinem Urteil vom 13. Juli 1978 (4 U 53/78 – ebenfalls zitiert bei Sternel, a.a.O.) entschieden, daß die Klausel nicht für ursprüngliche, schon bei Vertragsschluß vorhanden gewesene Mängel gilt. Er hat dabei auch auf die systematische Einordnung der Klausel – hier unter der Überschrift des § 8 „Ausbau, Instandhaltung und Nutzung der Mietfläche” – abgestellt, die auf einen Regelungsgehalt hindeutet, der die...

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