Leitsatz (amtlich)

1. Da eine Unterwerfungserklärung mit einem unzureichenden Strafversprechen regelmäßig das konkludente Angebot zu einem gleichzeitigen Erlassvertrag beinhaltet, kann der Gläubiger nicht zugleich auf seinem (weitergehenden) gesetzlichen Unterlassungsanspruch beharren und die Unterwerfungserklärung dennoch annehmen (Anschluss an: OLG Frankfurt, GRUR-RR 2003, 198, 200).

2. Erklärt der Gläubiger im Zusammenhang mit der Annahme einer Unterlassungserklärung, dass er gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen werde, soweit die Erklärung hinter der geforderten Unterlassungserklärung nach Umfang und auch zeitlicher Reichweite zurückbleibe, ist die Unterlassungserklärung tatsächlich nicht angenommen (Anschluss an: OLG Frankfurt, GRUR-RR 2003, 198, 200).

3. Mahnt der Gläubiger den Schuldner wegen mehrerer Rechtsverletzungen ab, die verschiedene Streitgegenstände betreffen, und gibt der Schuldner nicht wegen aller Beanstandungen eine Unterlassungserklärung ab, dann kann die im Zusammenhang mit der Annahme der beschränkten Unterlassungserklärung abgegebene Erklärung des Gläubigers, dass er gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen werde, soweit die Erklärung hinter der geforderten Unterlassungserklärung zurückbleibe, aus der maßgeblichen Sicht des Schuldners dahin verstanden werden, dass der Gläubiger den Fortbestand des gesetzlichen Unterlassungsanspruches allein bezogen auf diejenigen Streitgegenstände behauptet, zu denen der Schuldner jegliche Unterwerfung abgelehnt hat.

4. Wird eine Werbung unter einem erst in dringlichkeitsschädlicher Zeit geltend gemachten Irreführungsaspekt angegriffen, fehlt es insoweit an einem Verfügungsgrund.

5. Greift der Anspruchsteller eine Werbeangabe deshalb als irreführend an, weil sie im Hinblick auf in der Werbung mitgeteilte Analysedaten zum beworbenen Arzneimittel fälschlich wissenschaftliche Validität suggeriere, dann erfasst der auf ein Verbot der Angabe gerichtete Antrag die konkrete Verletzungshandlung unzutreffend, wenn der Sachvortrag des Antragstellers dahin geht, dass der Anspruchsgegner die der Werbeangabe zugrundeliegende Analyse selbst durchgeführt habe, obwohl sie - auch nach dem Inhalt der Werbung - tatsächlich von dritter Seite erstellt worden ist.

 

Normenkette

HWG § 3 S. 2 Nr. 1; UWG § 3 Abs. 1, §§ 3a, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 05.04.2016; Aktenzeichen 312 O 541/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, ZK 12, vom 5. April 2016, Az. 312 O 541/15, abgeändert:

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 11. November 2015,

Az.. 312 O 541/15, wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Antragstellerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin aus Heilmittelwerbe- und Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch.

Die Parteien sind unmittelbare Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs verschreibungspflichtiger Arzneimittel mit dem Wirkstoff Alpha-1-Proteinase-Inhibitor zur Anwendung beim Menschen zur Erhaltungstherapie bzw. Dauersubstitutionstherapie bei Erwachsenen mit nachgewiesenem Alpha -1-Proteinase-Inhibitormangel. Die Antragstellerin vertreibt das Arzneimittel R.*, das den Wirkstoff Alpha-1-Proteinase-Inhibitor enthält (Anlage ASt 1). Die Antragsgegnerin vertreibt das Arzneimittel P.* mit dem Wirkstoff Alpha-1-Proteinase-Inhibitor (Anlage ASt 2). Die Präparate beider Parteien enthalten humane Alpha-1-Proteinase-Inhibitoren ("AAT"). Es handelt sich um biologische Arzneimittel, die unterschiedlich hergestellt werden.

Im Oktober 2015 hat die Antragsgegnerin das Präparat P.* mit der "Produktmonographie P.*" beworben. Dort heißt es auf Seite 8 in der rechten Spalte: "Diese Produktmonographie fasst aktuelle Ergebnisse zur Substitutionstherapie mit P.* zusammen". Auf Seite 36 der Unterlage werden unter der Überschrift "ERGEBNISSE ZUR CT-DENSIOMETRIE UNTER SUBSTITUTIONSTHERAPIE MIT P.*" zwei Studien vorgestellt, nämlich zum einen eine dänisch-niederländische Studie, zum anderen die sog. EXACTLE-Studie (Anlage ASt 3 = Anlage A). Bei der dort angesprochenen dänisch-niederländischen Studie handelt es sich um die Veröffentlichung von Dirksen et al., A randomized clinical trial of alpha(1)-antitrypsin augmentation therapy, Am J Respir Crit Care Med 1999 Nov;160(5Pt 1):1468-72 (Anlage ASt 4), bei der dort genannten EXACTLE-Studie um die Veröffentlichung von Dirksen et al., Exploring the role of CT densitometry: a randomised study of augmentation therapy in alpha-1 antitrypsin deficiency, Eur Respir J 2009; 33: 1345-1353 (vgl. Anlage B = Anlage ASt 6, Fn. 1).

Die dänisch-niederländische Studie von Dirksen et al. ist - unstreitig - nicht mit dem Präparat P.*, sondern mit dem Arzneimittel A.* durchgeführt worden. Die EXACTLE-Studie ist mit P.* durchgeführt worden.

Die Antragstellerin ließ die Antragsgegnerin hinsichtlich der "Produktmonographie P....

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