Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 30.06.1988; Aktenzeichen 7 O 228/87) |
Tenor
I.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 7, vom 30. Juni 1988 abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger mit Wirkung ab 1. Oktober 1986 einen Jahresmietzins von 663,54 DM zu zahlen, fällig jeweils jährlich am 1. Oktober im voraus, rückständige Beträge sofort.
II.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Kläger je 5 %, die Beklagte 90 %. Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt die Beklagte.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Beklagte ist mit 6.794,25 DM beschwert.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Mieterhöhung aus einem langfristigen gewerblichen Nutzungsüberlassungsvertrag, der keine Erhöhungsklausel enthält.
Mit „Vertrag” vom 15. Oktober/3. November 1953 wurde der Beklagten, einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen, vom Rechtsvorgänger der Kläger auf dessen Hausgrundstück in Hamburg- … eine etwa 16 qm große Fläche für die Errichtung und den Betrieb einer Netzstation „vermietet” (Anl. K 1). Der „jährliche Mietzins” betrug 120,– DM, den die Beklagte ausweislich des „Vertrages” im voraus zahlte für 25 Jahre. Für diese Dauer wurde der „Vertrag” fest abgeschlossen bei einem Kündigungsrecht mit einjähriger Frist auf diesen Zeitpunkt. Wurde er nicht fristgemäß gekündigt, sollte er sich bei gleichbleibender Kündigungsfrist um jeweils fünf Jahre verlängern.
Ziffer III Abs. 2 des „Vertrages” lautet:
„Wird die Stromlieferung über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt, so verlängert sich der Vertrag entsprechend der Zeitdauer der Stromlieferung, sofern die Netzstation von den HEW weiter benötigt wird.”
Zugunsten der Beklagten wurde entsprechend der vertraglichen Regelung eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen.
Das Landgericht hat den Antrag auf Zahlung eines ab 1. Oktober 1986 auf 663,54 DM erhöhten Mietzinses mit der Begründung abgewiesen, daß dem Wegfall der Geschäftsgrundlage das von dem Vermieter übernommene Risiko des Preisverfalls entgegenstehe. Die Beklagte sei nämlich 1953 berechtigt gewesen – und dies entspreche auch heute noch der Rechtslage, von dem Grundstückseigentümer die unentgeltliche Überlassung des Nutzungsrechts zu dem angegebenen Zweck zu verlangen.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihren Antrag erster Instanz weiter. Nach ihrer Ansicht handelt es sich um einen Mietvertrag, auf den die allgemeinen Grundsätze anwendbar sind.
Die Kläger beantragen,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es handelt sich nach ihrem Vortrag bei der vertraglichen Gegenleistung für die Nutzung um eine Billigkeitsentschädigung, die heute in vergleichbaren Fällen sogar geringer ausfalle. Der Vertrag habe die fortsetzte Nutzung der Beklagten für den Fall sichern sollen, daß die gesetzlich normierte unentgeltliche Duldungspflicht fortfalle. Allenfalls werde die grundbuchliche Absicherung abgegolten. Die Kläger müßten im übrigen, wenn die Fortsetzung des Vertrages unzumutbar sei, von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch machen.
Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Anlagen, die Sitzungsniederschriften und das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Kläger ist gerechtfertigt. Die Beklagte kann sich nicht auf die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV) vom 21. Juni 1979 (BGBl. I S. 684) und die zur Zeit des Vertragsabschlusses 1953 geltenden Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit elektrischer Arbeit aus dem Niederspannungsnetz der Elektrizitätsversorgungsunternehmen vom 27. Januar 1942 (ABV in Anlage B 1) gegenüber dem Anspruch der Kläger berufen. Deswegen ist das Entgelt von jährlich 120,– DM aus dem „Vertrag” vom 15. Oktober/3. November 1953 (Anlage K 1) nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 242 BGB) anzupassen und entsprechend zu erhöhen.
1. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Nutzungsvertrag handelt es sich um ein Mietverhältnis (§§ 535 ff. BGB). Dafür spricht zunächst schon der Wortlaut, in dem sich Formulierungen wie „vermietet”, „Mietzins”, „Mietzinsforderung” und „Jahresmiete” finden. Das Entgelt von 120,– DM jährlich ist auch richtig als „Mietzins” bezeichnet, denn es fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, daß die Vertragsparteien sich darüber geeinigt hätten, diese Vergütung solle, wie die Beklagte vorträgt, nur eine Billigkeitsentschädigung für die grundbuchliche Absicherung der Nutzungsbefugnis sein, zumal die Nutzung selbst schon 1953 unentgeltlich nach IV Ziffer 6 AVB hätte durchgesetzt werden können. Diese Rechtslage ist zwar durch §§ 11, 8 AVBEltV vom 21. Juni 1979 aufrechterhalten worden, eine Bezugnahme hierauf ist aber aus dem „Vertrag” nicht ersichtlich. Zwar kann die Eintragung einer persönlichen Dienstbarkeit nur im Wege der … – ggf. durch Zubilligung eines Entgelts geförderten – Einigung mit dem Grundeigentümer erfolgen (vgl. Eiser, Ri...