Normenkette
IfSG §§ 6-7, 31; VVG
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 18.12.2020; Aktenzeichen 306 O 256/20) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18.12.2020, Az. 306 O 256/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.280.345,70 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, die einen Hotel- und Gastronomiebetrieb unterhält, begehrt Leistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Betriebsschließungsversicherung im Zusammenhang mit dem Erlass von Allgemeinverfügungen und Verordnungen in der Freien und Hansestadt Hamburg aus Anlass der COVID-19-Pandemie.
Dem Vertrag mit Versicherungsbeginn zum 01.01.2016 zur Versicherungsscheinnummer ..., der Leistungen bei Eintritt des Versicherungsfalles unter anderem in Form einer Tagesentschädigung nach dem Nachtrag vom 04.05.2017 in Höhe von 36.830 EUR bis zur Dauer von 30 Schließungstagen vorsieht, liegen die einbezogenen "Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung von Betrieben gegen Schäden infolge von Infektionsgefahr (Betriebsschließung)" (im Folgenden: AVB) und die "Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für Versicherungen von Betrieben gegen Schäden infolge Infektionsgefahr (Betriebsschließung)" (im Folgenden: BBR) jeweils in der Textfassung vom 01.01.2015 zugrunde.
§ 1 Nummer 1 AVB lautet betreffend den Versicherungsumfang auszugsweise wie folgt:
"Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz - IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger (siehe Nr. 2)
a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; [...]"
§ 1 Nummer 2 AVB "Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger" hat den folgenden Wortlaut:
"Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden, im Infektionsgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: [...]"
Das Wort "folgenden" ist durch Fettdruck hervorgehoben. Es schließt sich eine Auflistung von 18 einzelnen Krankheiten (Buchstabe a) und von 49 einzelnen Krankheitserregern (Buchstabe b) an. Die Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) und das Coronavirus (SARS-CoV-2) werden nicht aufgeführt. Sie werden auch nicht in Nummer 2 BBR erwähnt, der eine Erweiterung des Versicherungsschutzes um sieben zusätzliche Krankheiten vorsieht. Im Einzelnen wird auf die zur Akte gereichten Vertragsunterlagen (Anlage K1) Bezug genommen und verwiesen.
Nach dem Nachtrag zum Versicherungsschein vom 04.05.2017 ist versichert der Betrieb des Versicherungsnehmers gegen Schließungsschäden infolge Infektionsgefahr auf der Grundlage des Antrages. Im Einzelnen ergibt sich der Versicherungsumfang aus diesem Versicherungsschein und den hierfür genannten Anlagen. Dort wird unter der Überschrift "Hotel mit Restaurant" die jeweilige Entschädigungssumme für die Tagesentschädigung und den Warenschaden genannt. Unter der Überschrift "Vertragsbestimmungen" wird unter anderem auch auf das "Produktinformationsblatt Betriebsschließungsversicherung - Stand 01.01.2015" hingewiesen. In diesem heißt es unter "2. Umfang der Versicherung" wie folgt: "Die Betriebsschließungsversicherung wegen Infektionsgefahr sichert den Inhaber eines Betriebes vor den wirtschaftlichen Folgen einer im Betrieb auftretenden Infektion ab." Es folgt sodann eine kurze Zusammenfassung der in § 1 Nr. 1 unter a) bis e) AVB enthaltenen Regelungen.
Nach Darstellung der Klägerin, die sich die Beklagte hilfsweise zu eigen gemacht hat, gehen ca. 50 % der Buchungen im Hotel auf die Beherbergung zu touristischen Zwecken und rund 50 % auf Buchungen von Geschäftsreisenden zurück. Rund 28 % betreffen größere Gruppen, die im Hotel Tagungen buchen oder zu Großveranstaltungen wie Messen in Hamburg anreisen.
Die Klägerin stellte nach ihrem Vortrag den Betrieb des von ihr betriebenen Restaurants "..." zwischen dem 17.03.2020 und dem 14.05.2020 und den des Hotels "..." im Zeitraum zwischen dem 20.03. bis einschließlich zum 17.05.2020 ein.
Mit E-Mail vom 16.03.2020 fragte der Versicherungsmakler der Klägerin, allerdings nicht zu einer die Klägerin, sondern zu einer ein anderes Unternehmen, an dem die Klägerin beteiligt ist, betreffenden Versicherungspolice bei der Beklagten sinngemäß an, ob ein Anspruch auf Leis...