Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 14.10.1997; Aktenzeichen 312 0 243/97)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 21.07.2005; Aktenzeichen 1 BvR 217/99)

 

Tenor

Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 14. Oktober 1997 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 2/3 der Kläger und zu 1/3 die Beklagten wie Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer des Klägers beträgt 60.000 DM, die der Beklagten 30.000 DM.

und beschlossen:

Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 90.000 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beklagte zu 2) vertreibt die Zeitschrift „…”, deren redaktionelle Beiträge durch die Beklagte zu 1) erstellt werden. In der Ausgabe Nr. 51 vom 12. Dezember 1996 erschien unter der Rubrik „Politik & Wirtschaft” auf den Seiten 26 und 27 ein Artikel über die Firma … (nachfolgend: …) mit der Überschrift in großen Buchstaben und Fettdruck: „Diese Seite ist bares Geld wert” und „Antibaby-Pille zum halben Preis”. Die Firma … betreibt von London aus einen Arzneimittelversand. Der Artikel beschreibt, auf welche Weise Kunden von Deutschland aus Arzneimittel bei der Firma … bestellen können. Genannt werden eine Telefonnummer in Hamburg, unter der die Firma … zu erreichen ist, die entstehenden Telefongebühren, die Bürozeiten und der weitere Ablauf einer Bestellung mit Zahlungs- und Lieferbedingungen. Die Hälfte der Seite 26 und etwa 1/4 des gesamten Artikels machen eine Abbildung des lächelnden Geschäftsführers der … und eine Darstellung des Firmennamens „…s” in der Gestalt eines vergrößerten Expressversandaufklebers aus. Auf der Seite 27 befindet sich unter der Überschrift „Günstig-Angebote auf einen Blick” eine Gegenüberstellung der Preise der Firma … und der in Deutschland verlangten Preise für insgesamt 26 verschreibungspflichtige oder apothekenpflichtige Arzneimittel und frei verkäufliche Drogerieartikel.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, diese Art der Berichterstattung überschreite den Rahmen des zur sachlichen Information Erforderlichen und den Bereich zulässiger redaktioneller Berichterstattung und stelle eine redaktionell getarnte Werbung dar.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zur verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens DM 500.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre), letztere zu vollziehen an ihren gesetzlichen Vertretern, zu

unterlassen,

Presseartikel in der Zeitschrift „…” zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, in denen

  1. über den Versandhandel der Firma … (…) berichtet wird

    und/oder

  2. über den Bezug apothekenpflichtiger Arzneimittel im Wege des Versandhandels durch die Firma … (…) berichtet wird

    und/oder

  3. über den Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch die Firma … (…) berichtet wird,

wenn die Firma … namentlich bezeichnet wird, ihre Telefonnummer, die anfallenden Gesprächsgebühren, die Bürozeiten und die angebotenen Artikel unter vergleichender Gegenüberstellung der Preise in Deutschland und der Preise der Firma … genannt werden und der genaue Ablauf der Bestellung und die insoweit anfallenden Kosten beschrieben werden und die besonderen Preisvorteile des Arzneimittelbezuges durch die Firma … herausgestellt werden, insbesondere durch Aussagen wie „Diese Seite ist bares Geld wert”, „Antibabypille zum halben Preis” und/oder „Günstige Angebote auf einen Blick”.

Hilfsweise hat der Kläger das Verbot beantragt,

Presseartikel gemäß beigefügter Anlage I. (die den Artikels als ganzes wiedergab) in der Zeitschrift „…” zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen,

und erwidert, mit dem Artikel sei die Beklagte zu 1) als Presseorgan ihrer Verpflichtung nachgekommen, die Öffentlichkeit in einer Angelegenheit von überragendem öffentlichen Interesse zu unterrichten.

Das Landgericht hat die Beklagten nach dem Hilfsantrag verurteilt, weil der konkrete Beitrag als Schleichwerbung und Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz nicht mehr von den durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten publizistischen Aufgaben der Presse gedeckt und deshalb unzulässig sei (§§ 1 UWG, 8, 10 HWG), und die Klage im übrigen abgewiesen. Hiergegen wenden sich die Parteien mit ihren Berufungen, die sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet haben.

Der Kläger rügt, das Landgericht hätte bereits den Hauptanträgen stattgeben müssen, weil dort alle Merkmale erfaßt seien, die den „Jubelbericht” zu einer Werbung machten. Außerdem habe es sich nicht damit auseinandergesetzt, daß sich die Beklagten mit der Veröffentlichung in unlauterer Weise (§ 1 UWG) am Rechtsbruch der Firma … beteiligten, die unter Verstoß gegen das Verbringungsverbot des § 73 Abs. 1 AMG in Deutschland nicht nach § 21 AMG zugelassene Arzneimittel vertreibe, ohne sich auf die A...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge