Leitsatz (amtlich)
Der Zugang einer Gegendarstellung beim Empfänger ist in der Regel nicht mehr "unverzüglich" i.S.v. § 11 Abs. 2 des Hamburgischen Pressegesetzes (HPG), wenn er mehr als zwei Wochen, nachdem der Betroffene von der Erstmitteilung Kenntnis erlangt hat, erfolgt.
Die Übermittlung einer Gegendarstellung per Telefax reicht nicht aus, um einen unverzüglichen Zugang i.S.v. § 11 Abs. 2 HPG zu bewirken, weil ein materiell-rechtlich wirksamer Zugang einer Erklärung nur dann gegeben ist, wenn die Erklärung dem Empfänger in ihrer gesetzlich vorgesehenen Form zugeht.
Ein Zuleitungsmangel, der darin besteht, dass dem Empfänger innerhalb der Unverzüglichkeitsfrist die Gegendarstellung entgegen § 11 Abs. 2 HPG nur per Telefax übermittelt wird, kann nicht dadurch geheilt werden, dass dem Empfänger nach Ablauf der Unverzüglichkeitsfrist das Original der Gegendarstellung zugesandt wird.
Das Verlangen des Abdrucks einer zunächst nicht zugeleiteten Fassung einer Gegendarstellung kann zwar unverzüglich i.S.v. § 11 Abs. 2 HPG sein, wenn der Empfänger oder das Gericht hinsichtlich einer zuvor zugeleiteten Fassung Bedenken geäußert haben und der Betroffene unverzüglich nach Kenntnis davon dem Empfänger eine revidierte Fassung der Gegendarstellung zugeleitet hat. Das setzt aber voraus, dass die zuerst geltend gemachte Gegendarstellung dem Empfänger unverzüglich zugegangen war.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 08.12.2009; Aktenzeichen 324 O 593/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des LG Hamburg vom 8.12.2009 - 324 O 593/09, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die einstweilige Verfügung vom 10.11.2009 wird aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird insgesamt abgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen ein Urteil des LG, mit dem eine einstweilige Verfügung bestätigt worden ist, durch die die Antragsgegnerin zum Abdruck folgender Gegendarstellung verpflichtet worden ist:
"Gegendarstellung
In 'X' Nr. 40 vom ... bezeichnen Sie in einem Artikel auf der S. 18 in der Überschrift Herrn C. als meinen 'Ex-Lover'. Hierzu stelle ich fest: C. war nie mein Liebhaber.
München, den 8.10.2009
S."
Die Antragstellerin ist u.a. Fernsehmoderatorin und Buchautorin. In dem in Hamburg ansässigen Verlag der Antragsgegnerin erscheint u.a. die Zeitschrift "X", in deren Ausgabe vom 24.9.2010 die aus der begehrten Gegendarstellung ersichtliche Äußerung enthalten war. Unter dem 25.9.2009 erteilte die im München ansässige Antragsgegnerin ihren in Berlin ansässigen Prozessbevollmächtigten eine Vollmacht, gegen die beanstandete Veröffentlichung vorzugehen. Diese machten daraufhin unter dem 28.9.2009 zunächst einen Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin geltend. Unter dem 8.10.2009 unterzeichnete die Antragstellerin zwei Gegendarstellungen, eine Erstfassung und die im Berufungsverfahren noch streitige Zweitfassung. Diese übermittelte sie per Telefax ihren Prozessbevollmächtigten; die Originale wurden durch Einwurf in einen Briefkasten in München am 8.10.2009 um 19:15 Uhr an die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin abgesandt. Am 8.10.2009 übermittelten die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin der Antragsgegnerin mittels Telefax die Erstfassung der Gegendarstellung und forderten sie auf, bis zum 9.10.2009 zu erklären, dass sie diese abdrucken werde. Unter dem 13.10.2009 lehnte die Antragsgegnerin den Abdruck ab. Am 15.10.2009 ließ die Antragstellerin der Antragsgegnerin anbieten, gegen Erstattung der durch die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs entstandenen Kosten von dem Gegendarstellungsverlangen Abstand zu nehmen. Dies lehnte die Antragsgegnerin ab. Das Original der Erstfassung der Gegendarstellung ging bei der Antragsgegnerin am 15.10.2009 ein. Am 21.10.2009 ließ die Antragstellerin bei dem LG eine einstweilige Verfügung auf Abdruck der Erstfassung beantragen. Am 28.10.2010 ordnete das LG, das inhaltliche Bedenken gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung hatte, an, dass die Antragsschrift der Antragsgegnerin und der Antragstellerin eine von der Antragsgegnerin eingereichte Schutzschrift zugänglich gemacht werde. Daraufhin leiteten die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 4.11.2009 per Telefax die Zweitfassung der Gegendarstellung zu, deren Original der Antragsgegnerin am 6.11.2009 zuging, und beantragten beim LG hilfsweise für den Fall, dass dieses weiterhin Bedenken gegen die Erstfassung haben sollte, den Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch die der Antragsgegnerin der Abdruck der Zweitfassung aufgegeben werde. Das LG hat mit Beschluss vom 10.11.2009 den auf die Erstfassung bezogenen Verfügungsantrag zurückgewiesen und die Antragsgegnerin zum Abdruck der Zweitfassung verpflichtet. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch hat das LG die einstweilige Verfügung bestätigt. Die Erstfassung der Gegendarstellung sei der Antragsgegnerin zwar nicht, wie von § 11 de...