Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 416 HKO 106/19)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.07.2023; Aktenzeichen I ZR 17/22)

BGH (Urteil vom 23.03.2023; Aktenzeichen I ZR 17/22)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26.03.2021, Az.: 416 HKO 106/19, wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das angegriffene Urteil und das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers aus Ziff. I.1. des angegriffenen Urteils (Unterlassung) gegen Sicherheitsleistung von EUR 10.000,00 und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus den Urteilen jeweils insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung aus Ziff. I.1. des angegriffenen Urteils Sicherheit in gleicher Höhe und im Übrigen in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger, der wie der Beklagte Nahrungsergänzungsmittel vertreibt, nimmt den Beklagten wegen der Bewerbung von Aminosäureprodukten in Kapselform auf Unterlassung in Anspruch, wenn dabei in unmittelbarer Nähe vom Gesamtpreis nicht auch der Grundpreis angegeben wird, wie dies aus einem Internetangebot gemäß der Anlage K 2 ersichtlich ist. Daneben begehrt der Kläger die Erstattung vorgerichtlich entstandener Kosten einer Abmahnung und eines sogenannten Abschlussschreibens.

Dem vorliegenden Hauptsachverfahren ist ein Eilverfahren vorausgegangen, in welchem das Landgericht Köln dem Beklagten auf Antrag des Klägers die auch im hiesigen Hauptsacheverfahren streitgegenständliche Werbung durch den aus der Anklage K 3 ersichtlichen Beschluss vom 25.03.2019, zugestellt an den Beklagten am 03.04.2019, verboten hat. Eine vorherige Abmahnung des Beklagten durch Schreiben Klägers vom 05.02.2019 (Anlage K 6) war ebenso erfolglos geblieben wie das Abschlussschreiben des Klägers vom 18.04.2019 (Anlage K 17).

Der Kläger ist der Ansicht, die angegriffene Werbung verstoße gegen §§ 3, 3a UWG i.V. mit § 2 Abs. 1 Satz 2 PAngV, weil der Beklagte nach der genannten Vorschrift der Preisangabenverordnung neben dem Gesamtpreis auch den sogenannten Grundpreis, nämlich den Preis pro Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile, angeben müsse, was nicht geschehen sei. Der von dem Beklagten erhobene Rechtsmissbrauchsvorwurf sei unbegründet.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Werbung verstoße nicht gegen die Preisangabenverordnung, denn die Grundpreisangabe sei, weil die Aminosäureprodukte in Kapselform angeboten und beworben würden, nicht erforderlich. Im Übrigen handele der Kläger rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 8 Abs. 4 UWG. Er habe eine Vielzahl von gleichartigen Abmahnungen ausgesprochen, die in keinem Verhältnis zum Umfang seiner geschäftlichen Tätigkeit stehe. Schon in der Vergangenheit habe es wegen Mehrfachabmahnungen, die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers im Namen einer anderen Mandantin ausgesprochen worden seien, ein vom OLG Hamburg als rechtmissbräuchlich eingestuftes Verhalten gegeben.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in erster Instanz und der dortigen Anträge wird auf das angegriffene Urteil verwiesen, durch das das Landgericht den Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung sowie zur Zahlung der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten verurteilt hat.

Mit seiner hiergegen gerichteten sowie form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt der Beklagte die Abänderung des landgerichtlichen Urteils und die Abweisung der Klage. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und verweist auf die Rechtsprechung des OLG Köln und des OLG Celle, wonach Aminosäuren, die in Kapselform vertrieben und angeboten würden, aus der Verkehrssicht nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht würden, weshalb die Ausnahmevorschrift des Art. 23 Abs. 3 LMIV i.V.m. deren Anhang IX Nr. 1c greife, wonach die Angabe der Nettofüllmenge nicht verpflichtend sei bei Lebensmitteln, die normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht werden, sofern die Stückzahl von außen leicht zu sehen und einfach zu zählen oder anderenfalls in der Kennzeichnung angegeben ist. Soweit der erkennende Senat in anderer Sache, die das Landgericht im angegriffenen Urteil zitiert hat, eine andere Auffassung vertreten habe, sei diese unzutreffend. Aminosäureprodukte seien untereinander nicht vergleichbar. Deshalb sei eine Grundpreisangabe sogar irreführend. Die dem entgegenstehenden Ausführungen des Senats in der vom Landgericht zitierten Beschlussverfügung seien nicht überzeugend. Der vorliegende Sachverhalt sei mit dem Sachverhalt aus der vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sache "Kaffeekapseln" (GRUR 2019, 641) nicht vergleichbar. Es bestehe auch kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien, denn der Kläger habe sich auf die Versorgung von Bodyb...

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