Leitsatz (amtlich)

Ein Hammer (300 Gramm, DIN 1041) ist regelmäßig nicht i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 2 HWG dazu bestimmt, bei der ärztlichen Behandlung von Patienten eingesetzt zu werden.

Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 2 HWG setzt Art. 94 der Richtlinie 2001/83/EG (Gemeinschaftskodex für Humanmedizin) um. Der Wortlaut der englischen Fassung der Richtlinie ("... relevant to the practice of medicine and pharmacy") zeigt, dass eine Werbegabe für Ärzte nur dann i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 2 HWG zur Verwendung in der ärztlichen Praxis "bestimmt" ist, wenn sie im Sinne eines funktionalen Bezugs zur Berufsausübung geeignet ist, im Rahmen der ärztlichen Behandlungstätigkeit Verwendung zu finden. Ein bloß lokaler Bezug zur Berufsausübung, wie etwa eine mögliche Verwendung des Hammers für kleinere Reparaturarbeiten in den Praxisräumen, reicht nicht.

 

Normenkette

EGRL 2001/83 Art. 94; HWG § 7

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 11.04.2013; Aktenzeichen 327 O 63/13)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, ZK 27, vom 11.4.2013 - 327 O 63/13, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in dem Unterlassungstenor zu I. b) der Beschlussverfügung vom 11.2.2013 die Angabe "Werkzeugs/" gestrichen wird.

Die Kosten der Berufung fallen der Antragsgegnerin zur Last.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin aus Heilmittelwerbe- und Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch. Gegenstand des Rechtsstreits ist eine von der Antragstellerin als unlauter erachtete Werbemaßnahme der Antragsgegnerin gegenüber Ärzten (Anlage A 7).

Die Parteien sind Mitbewerber auf dem Markt der Blutzuckermesssysteme, die von Diabetikern zur Blutzuckermessung genutzt werden. Die Antragstellerin vertreibt u.a. die Blutzuckermesssysteme CONTOUR® NEXT USB und CONTOUR® XT mit den entsprechenden Teststreifen, den sog. Sensoren (Anlage AG 3). Die Antragsgegnerin vertreibt ihre Blutzuckermesssysteme unter der Marke ACCU-CHEK®. Die entsprechenden Teststreifen bietet sie unter der Bezeichnung ACCU-CHEK® Aviva an (Anlage AG 2). Bei den Produkten der Parteien handelt es sich um Medizinprodukte.

Nach Preissenkungen der Antragstellerin für deren Blutzuckersensor CONTOUR® NEXT zum 1.10.2012 (Anlagen A 2 und A 3) und nachfolgend der Antragsgegnerin für deren Blutzuckerteststreifen ACCU-CHEK® Aviva (Anlage A 4) sind die Produkte der Parteien im Rahmen der Arzneimittellieferverträge zwischen dem Deutschen Apothekerverband einerseits und dem Verband der Ersatzkassen (VDEK) bzw. der Barmer GEK andererseits jeweils in dieselbe Preiskategorie, nämlich von der höherpreisigen Kategorie A bzw. 1 in die niedrigpreisigere Kategorie B bzw. 2 eingeordnet worden. Der Betrag, welcher dem Apotheker bei Abgabe von Teststreifen der Preisgruppe A bzw. 1 erstattet wird, ist damit höher als der Erstattungsbetrag, der bei Abgabe von Teststreifen der Preisgruppe B bzw. 2 gezahlt wird.

Neben den vorgenannten Arzneimittellieferverträgen zwischen dem Deutschen Apothekerverband einerseits und dem VDEK bzw. der Barmer GEK, den sog. Ersatzkassen, andererseits verhandeln auch verschiedene regionale Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK), die sog. Primärkassen, Arzneimittellieferverträge mit Apothekerverbänden. Zwei dieser AOK differenzieren - wie die Ersatzkassen - bei der Erstattung zwischen zwei Erstattungspreisgruppen, wobei die Produkte der hiesigen Parteien jeweils der höheren Preisklasse zugeordnet sind. Die übrigen AOK kennen jeweils nur einen einheitlichen Erstattungspreis (Anlage A 6).

Im Januar 2013 verschickte die Antragsgegnerin Werbemitteilungen in Form eines Geschenkkartons an Ärzte, mit welchen für die Verordnung der Teststreifen des Blutzuckermesssystems ACCU-CHEK® geworben wurde. Die Box zeigte auf dem Deckel den Aufdruck "Mit freundlichen Grüßen Accu-Chek®". Ihr Inhalt bestand aus einer Werbekarte der im Unterlassungsantrag zu 1. a) eingeblendeten Art. Dort hieß es in Form einer Überschrift "Hammerpreise schonen Ihr Budget!". Weiter hieß es dort "Qualität zum Hammerpreis". In dem Geschenkkarton befand sich ein handelsüblicher Hammer (300 Gramm/DIN 1041) der im Unterlassungsantrag zu 1. b) eingeblendeten Art. Hinsichtlich der näheren Gestaltung des Geschenkkartons und seines Inhalts wird auf die Anlage A 7 verwiesen.

Am 28.1.2013 erhielt die Rechtsabteilung der Antragstellerin Kenntnis von dieser Werbemaßnahme der Antragsgegnerin.

Unter dem 29.1.2013 ließ die Antragstellerin die Antragsgegnerin im Hinblick auf diese Werbemaßnahme unter Fristsetzung zum 31.1.2013 abmahnen. Dazu wurde ausgeführt, dass die Antragsgegnerin mit den Aussagen "Hammerpreise schonen Ihr Budget!" sowie "Qualität zum Hammerpreis" den Eindruck erwecke, durch eine Verordnung der Teststreifen ACCU-CHEK® Aviva schone der angesprochene Arzt grundsätzlich und für jeden Fall sein Arzneimittelbudget. Dies sei jedenfalls im Hinblick auf Patienten, die bei einer Primärkasse versichert seien, unzutreffend. Darüber hinaus stelle der beiliegende Hammer, welcher in Baumärkten zu einem Preis von EUR 5 bis...

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