Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 05.02.2003; Aktenzeichen 417 O 168/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 17 für Handelssachen, vom 5.2.2003 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Werbegemeinschaft in einem Einkaufszentrum, verlangt von der Beklagten, dass diese den Beitritt zu ihr erklärt, und begehrt die Zahlung von pauschalen Werbegemeinschaftsbeiträgen für den Zeitraum ab Gründung der Klägerin im November 2001 bis zum 31.12.2002. Sie stützt sich dabei auf § 19 Nr. 1 des zwischen der Beklagten und der Vermieterin geschlossenen Mietvertrags vom 8.12.1990, der folgenden Wortlaut hat:
Der Mieter verpflichtet sich, auf Verlangen des Vermieters einer Werbegemeinschaft beizutreten. Details werden vom Vermieter festgelegt. Die Kosten werden gem. den Flächen lt. § 8 des Mietvertrages abgerechnet. Der Vermieter ist berechtigt, aus berechtigtem Anlass einen anderen Schlüssel zu bestimmen.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Gegen das ihr am 11.2.2003 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28.2.2003 Berufung eingelegt und diese am 29.4.2003 nach entspr. Fristverlängerung begründet.
Die Beklagte vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Hamburg vom 5.1.2003 die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.
1. Die in § 19 Nr. 1 S. 1 des Mietvertrags (Anl. K 1) formularmäßig vorgesehene Beitrittspflicht zu einer Werbegemeinschaft ist unwirksam. Zwar ist diese Vertragsklausel nicht schon nach §§ 3 AGBG, 305c Abs. 1 BGB unwirksam. Gemeinsame Werbung gehört bei Einkaufszentren zum üblichen Vermarktungskonzept (Lindner/Figura, NZM 1999, 738; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rz. 714). In gewerblichen Mietverträgen über Mietobjekte in Einkaufszentren sind Abreden über die gemeinsame Werbung deshalb jedenfalls derzeit nicht ungewöhnlich (so schon OLG Hamm v. 6.10.1992, GE 1999, 314; ebenso LG Berlin NZM 2001, 338; Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., II, Rz. 501a; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 6. Aufl., Rz. 5412; a.A. noch OLG Düsseldorf v. 24.6.1993 – 10 U 233/92, MDR 1993, 1078 = ZMR 1993, 469; LG Erfurt NZM 1999, 763). Dies entspricht der Kenntnis des Senats von einschlägigen Mietverträgen. Auch die konkrete Bestimmung über die gemeinsame Werbung in § 19 des vorliegenden Mietvertrags ist nicht überraschend. Ihr ist ein eigener Paragraph mit unterstrichener Überschrift gewidmet, der im Wesentlichen ohne weiteres zu verstehen ist. Dessen Kenntnisnahme ist deshalb insb. auch vom durchschnittlichen Interessenten an einschlägigen Mietobjekten zu erwarten, ein der Klausel innewohnender Überrumpelungseffekt ist nicht erkennbar.
Die Regelung dort gemeinsamen Werbung in § 19 Nr. 1 des Mietvertrags enthält aber eine den Geboten von Treu und Glauben zuwiderlaufende unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners (§§ 9 Abs. 1 AGBG, 307 Abs. 1 S. 1 BGB), die in der Beitrittspflicht zu einer Werbegemeinschaft auf Verlangen des Vermieters liegt. Zur Durchführung und Finanzierung der für den Betrieb eines Einkaufszentrums im Interesse von allen Beteiligten angemessenen Werbung bedarf es einer solchen Beitrittspflicht nicht. Zwar mag die Gründung einer Werbegemeinschaft der Mieter eine zweckmäßige Organisationsform für die gemeinsame Werbung sein, will der Vermieter diese nicht in eigener Regie durchführen. Auch mag die Beitrittsmöglichkeit zu einer Werbegemeinschaft wegen der damit verbundenen Mitbestimmungsrechte dem Interesse der Mieter i.d.R. eher entsprechen als eine bloße Umlage der Kosten der vom Vermieter durchgeführten Werbemaßnahmen. Eine auf freiwilliger Grundlage gebotene Werbegemeinschaft kann ihren Zweck jedoch auch ohne den Beitritt aller Mieter erfüllen, wenn nur die Umlage der zweckentsprechenden Kosten auf alle Mieter durch vertragliche Regelungen sichergestellt ist.
Die über eine derartige angemessene Regelung erheblich hinausgehende Zwangsmitgliedschaft ist bedenklich (so auch Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rz. 714; a.A. Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., II, Rz. 501a; Fritz, Gewerberaummietrecht, 2. Aufl., Rz. 127a; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 6. Aufl., Rz. 5413; LG Berlin N...