Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 04.02.2005; Aktenzeichen 412 O 137/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 12 für Handelssachen, vom 4.2.2005 (412 O 137/04) abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Bautischlerei, war bei der Beklagten gegen Forderungsausfall aufgrund einer seit dem 1.3.2000 bestehenden Warenkreditversicherung (Anl K 1) versichert, der die AVB für die Warenkreditversicherung 1999 (Anl. K 2) sowie "sonstige Vereinbarungen" gem. Bl. 1-9 zum Versicherungsschein zugrunde lagen. In letzteren wird der Versicherungsschutz um den sog. "Nichtzahlungstatbestand" (protracted default) erweitert. In dieser Bestimmung heißt es:
"1. In Erweiterung des § 12 AVB tritt der Versicherungsfall auch ein, wenn die versicherte Forderung innerhalb des nachfolgend definierten Zeitraumes nicht oder nicht vollständig bezahlt worden ist (Nichtzahlungstatbestand) und das nachfolgend ebenfalls geregelte Inkassoverfahren durchgeführt wurde.
Nach den vertraglichen Bestimmungen hatte der Versicherungsnehmer zunächst die Überfälligkeitsmeldung gem. § 7 Abs. 1 AVB und spätestens am 30. Kalendertag nach Abgabe der Überfälligkeitsmeldung einen Inkassoauftrag an das mit der Beklagten verbundene Inkassounternehmen H. zu erteilen, sofern die Forderung weiterhin nicht bezahlt war. In den Bestimmungen heißt es weiter:
"2. Erteilt der Versicherungsnehmer den Inkassoauftrag nicht oder nicht fristgerecht, besteht ein Entschädigungsanspruch nach Maßgabe des Versicherungsvertrages nur bei Eintritt des Versicherungsfalles gem. § 12 Nr. 1a) bis e) AVB."
Die Parteien streiten darüber, ob hinsichtlich zweier Rechnungen vom 20.8.2001 (Anl. K 5) der Versicherungsfall eingetreten ist.
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird im Übrigen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.).
Das LG hat die Beklagte zur Zahlung der Versicherungsleistung i.H.v. 8.547,98 EUR nebst Zinsen aufgrund Vorliegens der Voraussetzungen des "Nichtzahlungstatbestandes" verurteilt. Es sei zwar von der Klägerin die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Durchführung des dort vorgegebenen Inkassoverfahrens verletzt worden. Bei den in der Klausel genannten Verpflichtungen auf Abgabe einer Überfälligkeitsmeldung sowie zur fristgerechten Beauftragung des Inkassounternehmens handele es sich jedoch um verhüllte Obliegenheiten. Da die Klägerin den Kausalitätsgegenbeweis habe führen können, weil die Forderung auch bei rechtzeitiger Beauftragung des Inkassounternehmens nicht hätte durchgesetzt werden können, seien diese Obliegenheiten folgenlos i.S.v. § 18 Nr. 2 AVB verletzt worden.
Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die Auffassung des LG und meint, es fehle schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen für den Eintritt des Versicherungsfalles nach dem "Nichtzahlungstatbestand". Im Übrigen wiederholt sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt, das Urteil des LG Hamburg vom 4.2.2005 - Az. 412 O 137/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend zum Parteivorbringen wird auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist abzuweisen.
Der Versicherungsfall ist nicht eingetreten, weil die Klägerin das im vereinbarten "Nichtzahlungstatbestand" vorgegebene Inkassoverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt, insb. nicht fristgemäß das bezeichnete Inkassounternehmen H. beauftragt hat. Der Inkassoauftrag hätte spätestens am 25.10.2001 - 30 Tage nach der grundsätzlich bis zum 25.9.2001 abzugebenden Überfälligkeitsmeldung - erteilt werden müssen. Tatsächlich ist er aber erst unter dem 27.11.2001 (Anl. K 6) gestellt worden.
Der Senat sieht die Verpflichtung zur fristgerechten Beauftragung des angegebenen Inkassounternehmens im "Nichtzahlungstatbestand" entgegen der Auffassung des LG nicht als verhüllte Obliegenheit an, sondern versteht die Klausel als Risikoausschluss. Wegen des Nichteinhaltens der Frist hat daher der Versicherungsfall nicht eintreten können.
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es auf den materiellen Gehalt einer Klausel, nicht auf ihren Wortlaut oder ihre Stellung im Bedingungswerk an. Es kommt darauf an, ob die Klausel die individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer keinen Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ob er ihn verliert. Wird von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt, handelt es sich um eine Risikobeschränkung. Wird hingegen ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers entzogen, liegt eine Obliegenheit vor (vgl....