Entscheidungsstichwort (Thema)
Vaterschaftsanfechtung nach ghanaischem Recht
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 16.04.2008; Aktenzeichen 732 F 340/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG Hamburg-Wandsbek, Familiengericht, vom 16.4.2008 - Geschäftsnummer 732 F 340/07 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass der Beklagte nicht vom Kläger abstammt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
III. Der Streitwert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger und die Mutter des Beklagten - beide ghanaische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland - heirateten am 11.1.2000 in K./Ghana nach Gewohnheitsrecht.
Im Verlauf der Ehezeit, am 6.2.2002, wurde der Beklagte geboren. Der Kläger, der während der gesetzlichen Empfängniszeit keinen Geschlechtsverkehr mit der Mutter des Beklagten gehabt hatte und dem gem. wusste, dass er nicht als Vater des Beklagten in Betracht kam, ließ ausweislich des Auszuges aus dem Heiratsregister K. vom 3.6.2002 die Ehe mit der Mutter des Beklagten nach ghanaischem Gewohnheitsrecht am 12.4.2002 scheiden.
In der Geburtsurkunde des Beklagten wurde zunächst Herr D. als Vater des Beklagten eingetragen. Dieser Eintrag wurde auf Antrag der Mutter vom 11.7.2007 berichtigt, nachdem das zuständige Standesamt Hamburg-Wandsbek Kenntnis davon erhalten hatte, dass der Kläger im Zeitpunkt der Geburt des Beklagten mit dessen Mutter verheiratet gewesen war.
Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens begehrt der Kläger die Feststellung, dass er nicht der leibliche Vater des Beklagten sei.
Durch das angefochtene Urteil hat das Familiengericht die Klage wegen Versäumung der Anfechtungsfrist des § 1600b Abs. 1 S. 1 BGB abgewiesen. Auf das Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in erster Instanz einschließlich der gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung, die er form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat.
Er ist der Auffassung, dass er die Anfechtungsfrist nicht versäumt habe, da er keine Kenntnis von der Geburt des Beklagten und der Unrichtigkeit der Eintragung des Herrn D. als Vater gehabt habe.
Der Kläger beantragt, das Urteil des AG Hamburg-Wandsbek, Familiengericht, vom 16.04.2008 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger nicht der leibliche Vater des Beklagten ist.
Der Beklagte hat zunächst beantragt, die Berufung zurückzuweisen, ist aber der Klage nach Vorlage des Abstammungsgutachtens nicht mehr entgegen getreten.
Wegen des Weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat gem. Beweisbeschluss vom 8.12.2008 und Beschluss vom 6.1.2011 Beweis erhoben über die Anwendbarkeit und den Inhalt ghanaischen Rechts sowie über die Behauptung des Klägers, dass der Beklagte nicht von ihm abstamme durch Einholung von Sachverständigengutachten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten des Max-Planck-Instituts für Ausländisches und Internationales Privatrecht vom 25.8.2009 und 28.9.2010 sowie des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf vom 24.1.2011 verwiesen.
II. Gem. Art. 111 Abs. 1 FGG-RefG ist auf die vorliegende Berufung weiterhin das bis zum 31.8.2009 geltende Recht anzuwenden, weil das Verfahren vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist.
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt aus § 640a Abs. 2 ZPO a.F.. Danach sind die deutschen Gerichte für Kindschaftssachen, also auch für die hier vorliegende Vaterschaftsanfechtungsklage nach § 640 Abs. 2 Nr. 2 ZPO a.F., zuständig, wenn eine der Parteien Deutscher ist oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Parteien haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, zudem hat der Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit.
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbes. form- und fristgerecht eingelegt worden und hat auch in der Sache Erfolg.
Auf Antrag des Klägers ist festzustellen, dass der Beklagte nicht von ihm abstammt.
Die Anfechtungsbefugnis des Klägers ergibt sich aus den §§ 1600 Abs. 1 Nr. 1, 1592 Nr. 1 BGB. Danach ist der Mann, dessen Vaterschaft wegen der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt bestehenden Ehe vermutet wird, berechtigt, die Vaterschaft anzufechten.
Ob der Beklagte als eheliches Kind des Klägers gilt, richtet sich nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB. Gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Danach ist deutsches Recht anwendbar, weil der Beklagte in Deutschland lebt. Da die Mutter des Beklagten im Zeitpunkt seiner Geburt mit dem Kläger verheiratet war, gilt bei Anwendung deutschen Rechts die Vaterschaftsvermutung des § 1592 Nr. 1 BGB. Gemäß Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB kann die Abstammung eines Kindes im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des...