Leitsatz (amtlich)
Ist die Frist zur Anfechtung der Vaterschaft nach dem gemäß Art. 20 Satz 1, 19 Abs. 1 EGBGB durch den gewöhnlichen Aufenthalt berufenen deutschen Recht abgelaufen, kann der rechtliche Vater die Vaterschaft alternativ nach seinem Heimatrecht anfechten.
Das Recht der Republik Ghana kennt ein spezielles, auf die Anfechtung der Vaterschaft gerichtetes Verfahren, für das der Kreis der Anfechtungsberechtigten begrenzt oder eine besondere Frist geregelt ist und dessen Entscheidung Wirkung inter omnes entfaltet, nicht.
Die Möglichkeit, die Vaterschaft nach einer ausländischen Rechtsordnung unbefristet anfechten zu können, verstößt nicht gegen den nationalen ordre public und steht nicht in Widerspruch zum abstammungsrechtlichen Statusprinzip.
Verfahrensgang
AG Hannover (Aktenzeichen 608 F 527/18) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hannover vom 6. Juni 2018 geändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 2 nicht der Vater des Beteiligten zu 1 ist.
II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Die Beteiligten tragen die ihnen im Beschwerdeverfahren sowie im Verfahren erster Instanz entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um die Abstammung des Beteiligten zu 1 von dem Beteiligten zu 2.
Der Beteiligte zu 2, der die ghanaische Staatsangehörigkeit besitzt und sich aufgrund einer Niederlassungserlaubnis i.S.v. § 9 AufenthG in Deutschland aufhält, hat die Kindesmutter, die Beteiligte zu 3, die die ivorische Staatsangehörigkeit hat und der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilt wurde, im Frühsommer 2014 kennengelernt, wobei der genaue Zeitpunkt und Ort streitig sind. Zwischen den Beteiligten zu 2 und 3 bestand unstreitig eine intime Beziehung.
Die Beteiligte zu 3 reiste Ende Dezember 2014, als sie bereits hochschwanger war, nach Deutschland ein. Am .... Januar 2015 wurde der Beteiligte zu 1 geboren, für den der Beteiligte zu 2 mit Urkunde des Standesamts Hannover vom 16. Januar 2015 (Urk.-Reg.-Nr. 57/15) die Vaterschaft mit der zugleich von der Kindesmutter erklärten Zustimmung anerkannte. Sorgerechtserklärungen der Beteiligten zu 2 und 3 wurden nicht abgegeben.
Der Beteiligte zu 2 hat mit Schriftsatz vom 23. Januar 2018 das Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft zu dem Kind mit der Begründung eingeleitet, dass er seit Spätsommer 2016 aufgrund der Angaben der Beteiligten zu 3 Kenntnis davon habe, dass nicht er, sondern ein anderer Mann Vater des Kindes sei. Mit Beschluss vom 6. März 2018 hat das Amtsgericht für das betroffene Kind eine Ergänzungspflegschaft angeordnet und das Jugendamt der Stadt Hannover zum Ergänzungspfleger bestellt.
In der Anhörung durch das Amtsgericht am 5. Juni 2018 erklärte der Beteiligte zu 3, dass er die Kindesmutter im Frühsommer 2014 im Bahnhof von Hannover kennengelernt und sich sodann eine intime Beziehung entwickelt habe. Beide hätten sich hin und wieder getroffen, jedoch nicht als Paar zusammengelebt. Als er die Kindesmutter nach einiger Zeit wieder getroffen habe, sei sie schwanger gewesen und habe ihm erklärt, dass er der Vater des Kindes sei. Den Angaben der Kindesmutter habe er vertraut und habe noch vor der Geburt mit ihr gemeinsam die Vaterschaft zu dem Kind anerkannt. Bei der Anerkennung der Vaterschaft sei für die Kindesmutter als Dolmetscherin die Zeugin A. anwesend gewesen. Zweifel an der Vaterschaft habe er erst nach einem Schreiben des Jugendamts vom November 2016 bekommen, in dem er zur Zahlung von Kindesunterhalt aufgefordert worden sei. In einem Streit mit der Kindesmutter habe diese dann erklärt, dass er nicht der Vater von Ch. A. sei.
Demgegenüber hat die Beteiligte zu 3 in der Anhörung erklärt, dass sie den Beteiligten zu 2 Ende 2013 in Italien in P. auf einem Markt kennengelernt habe. Sie hätten sich dann getroffen und auch miteinander geschlafen. Der Beteiligte zu 2 sei dann häufiger nach Italien gekommen. Nach ihrer Einreise nach Deutschland im Dezember 2014 habe der Beteiligten zu 2 ihr gesagt, dass er ihr Kind adoptieren würde, zumal er allein sei und ein Kind und eine Frau brauche. Sie hätte dem Beteiligten zu 2 bereits bei dessen Besuch in Italien im Juni oder Juli 2014 erklärt, dass er nicht der Vater sei.
Das Amtsgericht hat im Anhörungstermin die Zeugin A. zu der Behauptung der Kindesmutter vernommen, der Antragsteller habe bei dem Beurkundungstermin gesagt, dass er nicht der leibliche Vater sei. Hierzu hat die Zeugin erklärt, dass ihr die Kindesmutter gesagt habe, dass der Beteiligte zu 2 nicht der Vater ihres Sohnes sei, woraufhin sie sich anschließend mit diesem in einer Pause der Beurkundung auf Englisch unterhalten habe. Dabei habe dieser ihr seine Situation geschildert und auch gesagt, dass er nicht der Vater des Kindes sei.
Im angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht d...