Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 324 O 505/17) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 27.4.2018, Az. 324 O 505/17, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen.
III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten, der in einer Fernsehsendung (u.a.) die Publikation "die zwei" der Klägerin (u.a.) als "Lügenpresse" bezeichnet hat, auf Unterlassung in Anspruch.
Die Klägerin verlegt die Zeitschrift "die zwei". Der Beklagte ist ein bekannter Fernsehmoderator, der seit mehr als zehn Jahren die Sendung "Wer wird Millionär" moderiert. Der Beklagte nahm die Klägerin in der Vergangenheit mehrfach wegen verschiedener äußerungsrechtlicher Ansprüche, die ihn und/oder seine Familienangehörigen betrafen, erfolgreich in Anspruch.
Im Verlauf der Sendung "Wer wird Millionär" vom 6.3.2017 befand sich der Beklagte gegen 20:40 Uhr im Gespräch mit einer Kandidatin, das u.a. folgenden Inhalt hatte (Unterstreichung durch den Senat):
Beklagter:
"Wer spielt in der neuen Realverfilmung von "Die Schöne und das Biest" die Schöne:
Emma Watson
Miley Cyrus
Jennifer Lawrence
Anne Hathaway?"
Kandidatin:
"Bevor D kam, hätte ich felsenfest auf A gesetzt. Hach, ich hätte vorhin echt noch einmal in der "intouch" lesen sollen, aber Julia hatte die. Die weiß das bestimmt."
Beklagter:
"Was hätten Sie nochmal lesen sollen?"
Kandidatin:
"Ich hätte vorhin im Flugzeug die 'intouch' lesen sollen und nicht die Julia. Da stand das bestimmt drin. Wenn ich sie jetzt frage, wird sie bestimmt nicken und sagen ..."
Beklagter:
"Sie erklären hier öffentlich, dass mit Lesen der 'intouch' ..."
Kandidatin:
"Aber da stehen ja solche Sachen drinne" (...)
Beklagter:
"Ich habe noch nie einen Menschen getroffen, der durch die .intouch" ein My schlauer geworden wäre."
Kandidatin:
"Das habe ich auch nicht behauptet, nein. Aber da stehen halt solche Sachen für so ne Fragen drinne."
Beklagter:
"Ja"
Kandidatin:
"Und da ich das sonst nicht lese und dort auch nicht so bewandert bin ..."
Beklagter:
"Ja"
Kandidatin:
"... habe ich gedacht, ich kauf die noch und guck da rein. Ich habe es nicht getan."
Beklagter:
"Sie haben sie wenigstens aber auch nicht gekauft?"
Kandidatin:
"Doch, wir haben sie gekauft."
Beklagter:
"Dann ist es dem Verlag wurscht, ob Sie es auch lesen."
Kandidatin:
"Das hatte ich ja vor, aber ..."
Beklagter:
"Ich rate auch von der 'Joy' ab. Ich rate auch von 'Closer' ab."
Kandidatin:
"Kenne ich alle gar nicht."
Beklagter:
"Closer? Closer ist super. 'die zwei' auch. Früher nannte man so was Gossenblatt. Heute kann man, ohne rot zu werden. Lügenpresse dazu sagen. Versammelte Lügenpresse."
Hierbei hielt der Beklagte, nachdem er die Worte "Closer? Closer ist super" gesagt hatte, einen Moment inne und fügte laut und deutlich und nach erkennbarem Nachdenken hinzu, "'die zwei' auch". Sodann hielt er einen weiteren Moment inne und sprach den nachfolgenden Satz "Früher nannte man so was Gossenblatt" besonders langsam. Bei dem Satz "Heute kann man, ohne rot zu werden, Lügenpresse dazu sagen" sprach der Beklagte wiederum sehr langsam und auf jedes einzelne Wort bedacht, drehte sich von der Kandidatin weg und blickte direkt in die Kamera in Richtung des Fernsehpublikums.
Die Klägerin erwirkte in dem Verfahren 324 O 110/17 am 27.3.2017 eine einstweilige Verfügung, mit der dem Beklagten die streitgegenständliche Äußerung untersagt wurde. Diese einstweilige Verfügung wurde nach einem Widerspruch des Beklagten mit Urteil vom 23.10.2017 aufgehoben, da sie nicht innerhalb der Vollziehungsfrist des § 929 II ZPO wirksam an den Beklagten zugestellt worden war.
Eine zwischenzeitliche Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung war erfolglos, so dass die Klägerin den Unterlassungsanspruch nunmehr in der Hauptsache weiter verfolgt.
Die Klägerin hat schon erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass die Bezeichnung als "Lügenpresse" durch den Beklagten sie in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletze, weil ihr mit dieser Bezeichnung unterstellt werde, "unter politischem, ideologischem oder wirtschaftlichem Einfluss zu stehen, Informationen zu verschweigen oder zu verfälschen und so die öffentliche Meinung zu manipulieren". Das sei eine pauschale Diffamierung von Medien. Es handele sich auch um eine Tatsachenbehauptung, die dem Beweis zugänglich sei. Es sei beweisbar, ob eine Zeitschrift unter politischem, ideologischem oder wirtschaftlichem Einfluss stehe, ob sie Informationen verschweige oder verfälsche oder die öffentliche Meinung manipuliere. Selbst wenn man von einer Meinungsäußerung ausgehe, liege ein Fall der Schmähkritik vor. Es werde behauptet, dass sie - die Beklagte - nicht unabhängig sei und ihren Aufgaben als Presseorgan nicht nachkomme. Es werde auch behauptet, dass sie käuflich sei. Damit würden ihre Unabhängigkeit und ihr Wert als Informationsquelle nachhaltig in Zweifel gezogen, was dazu führen könne, dass sich je...