Entscheidungsstichwort (Thema)
Informationspflichten bei Versandhandelswerbung
Leitsatz (amtlich)
Fernseh-, Radio- oder Anzeigenwerbung eines Versandhandelsunternehmens, in der zur Bestellung der Produkte eine Telefonnummer oder Internetadresse angegeben ist, muss nicht bereits über die Einzelheiten des Fernabsatzvertrages gem. § 312c Abs. 1 S. 1. Art. 240 EGBGB, § 1 Abs. 1 BGB-InfoV informieren.
Im Fernabsatzhandel ist über den Wortlaut des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV in der seit dem 8.7.2004 geltenden Fassung hinaus nicht nur beim Anbieten (1. Fall des § 1 Abs. 1 Nr. 1 PAngV) sondern auch beim Werben mit Preisen (2. Fall des § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV) anzugeben, dass die Preise die Mehrwertsteuer enthalten.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 19.12.2003; Aktenzeichen 416 O 222/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer für Handelssachen 16, v. 19.12.2003 (Az.: 416 O 222/03) abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens Euro 250.000, Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre, letztere zu vollziehen an ihren Geschäftsführern) verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken
1. ggü. Verbrauchern für Produkte, die im Wege des Fernabsatzes abgesetzt werden, in Printmedien mit Ausnahme von Katalogen, im Fernsehen oder im Radio unter Angabe einer Telefonnummer oder Internetadresse - insb. wie in den Anlagen K1, K2 oder K3 - zu werben oder diese anzubieten, ohne bei jedem angegebenen Preis in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem darauf hinzuweisen, dass es sich um den Preis inkl. Mehrwertsteuer handelt,
2. bei im Wege des Fernabsatzes abgesetzter Ware den Verbraucher nicht spätestens bei Lieferung der Ware in Textform über die Gewährleistungsregelungen zu informieren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 9/10, die Beklagte zu 1/10 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 12.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber. Sie vertreiben im Wege des Fernabsatzhandels Mode und Accessoires.
Im Mai 2003 bewarb die Beklagte in diversen Hamburger Medien ein spezielles Angebot für einen Damen-Kaschmir-Pullover und eine Damen-Quarz-Armbanduhr.
So erschien in dem Hamburger Kulturmagazin "Kulturnews", Ausgabe Mai 2003, eine Print-Anzeige (Anlage K1). Diese enthält eine Abbildung von Pullover und Armbanduhr. Daneben findet sich jeweils eine kurze Beschreibung des Produkts sowie der jeweilige Verkaufspreis ohne Hinweis darauf, dass dieser Preis die Mehrwertsteuer enthält. Hinter den Preisangaben wird durch hochgestelltes Sternchen auf eine Fußzeile Bezug genommen, in der auf anfallende Versandspesen von 5 Euro je Lieferung hingewiesen wird. Hervorgehoben heißt es: "gleich bestellen unter www.madeleine.de oder anrufen unter Tel. 0180/5 300 800.
Im Lokalsender "Radio Hamburg" lief am 12.5.2003 ein Werbespot für die gleichen Produkte (Anlage K2). Sie werden darin als: "Pullover aus 100 % Kaschmir mit V-Ausschnitt in acht Trendfarben" sowie als "elegante Damen-Quarz-Armbanduhr im topaktuellen Chromdesign" beschrieben. Es werden die Verkaufspreise genannt und es wird einmalig auf die anfallenden Versandspesen hingewiesen. Zur Bestellung werden eine Telefonnummer sowie die Website der Beklagten angegeben.
Ferner warb die Beklagte für diese Produkte in entsprechender Weise in einem Fernseh-Spot, der bei dem lokalen Fernsehkanal "Hamburg 1" ausgestrahlt wurde (Anlage K3).
Die Klägerin hält diese Werbung für wettbewerbswidrig und nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Sie beanstandet, dass es die Beklagte unterlässt, in obigen Werbeformen den Verbraucher gem. §§ 312b, 312c Abs. 1 BGB, § 1 BGB-InfoV umfassend zu informieren. Dies gelte jedenfalls, soweit der Verbraucher die ihm eingeräumte Möglichkeit einer telefonischen Bestellung wahrnehme. Im Rahmen des Bestelltelefonats nämlich könnten diese Informationen nicht mehr rechtzeitig i.S.d. § 312c Abs. 1 BGB erteilt werden. Auch verstoße die Beklagte im Hinblick auf die Preisangaben gegen § 1 Abs. 2, 6 PAngV (Preisangabenverordnung) und werde wegen der in der Armbanduhr enthaltenen Batterie der Hinweispflicht aus § 12 BattV (Batterieverordnung) nicht ger...