Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenlose Abgabe eines Fertigarzneimittels an Apotheker "zu Demonstrationszwecken"

 

Leitsatz (amtlich)

Die kostenlose Abgabe eines Fertigarzneimittels mit einem Verkaufspreis von 9,97 EUR an Apotheker "zu Demonstrationszwecken" verstößt sowohl gegen § 47 Abs. 3 AMG (Verbot der Abgabe von Arzneimittelmustern an andere als die in dieser Vorschrift genannten Personenkreise, zu denen Apotheker nicht gehören) als auch gegen § 7 HWG (Verbot nicht geringwertiger Zuwendungen und Werbegaben).

 

Normenkette

HeilMWerbG § 7; UWG §§ 3, 4 Nrn. 8, 11; AMG § 47 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 06.11.2013; Aktenzeichen 315 O 268/13)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 6.11.2013, Geschäfts-Nr. 315 O 268/13, wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, die u.a. das verschreibungsfreie, aber apothekenpflichtige Produkt "V. Schmerzgel" (Wirkstoff: Diclofenac) herstellt und vertreibt, verfolgt gegenüber der Antragsgegnerin, die u.a. das ebenfalls apothekenpflichtige Produkt "Diclo-r. Schmerzgel" (Wirkstoff: Diclofenac-Natrium) herstellt und vertreibt, im Eilverfahren einen wettbewerblichen Unterlassungsanspruch.

Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin unter dem 6.8.2013 abgemahnt und ihren Standpunkt nachfolgend nochmals schriftlich erläutert. Die Antragsgegnerin hat die Abmahnung zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat geltend gemacht: Ende Juli bzw. Anfang August 2013 habe die Antragstellerin festgestellt, dass die Antragsgegnerin das Produkt "Diclo-r. Schmerzgel" in Verkaufspackungen der Größe N 2 (100g), die die Aufschrift "zu Demonstrationszwecken" trügen, kostenlos an Apotheker abgebe und die Packung bei den Apothekern belasse. Die Antragsgegnerin wolle offenbar durch Verschenken dieses Präparats eine bevorzugte Behandlung durch die Apotheker erreichen. Dieses Vorgehen sei gem. § 47 AMG und § 7 HWG unzulässig, wie bereits das LG Hamburg in einem gegen die hiesige Antragstellerin geführten Verfahren entschieden habe. Zwar halte die Antragstellerin dieses Urteil für übermäßig streng, sehe sich jedoch veranlasst, zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen gegen entsprechende Angebote von Wettbewerbern vorzugehen. Der Verkaufswert einer Tube belaufe sich laut Lauer-Taxe auf EUR 9,97.

Auf den Antrag der Antragstellerin hat das LG Hamburg, Zivilkammer 15, mit Beschluss vom 26.8.2013 antragsgemäß im Wege der einstweiligen Verfügung verboten, bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs das Arzneimittel "Diclo-r. Schmerzgel" in der Packungsgröße N 2 mit der Aufschrift "zu Demonstrationszwecken" kostenlos an Apotheker abzugeben und/oder abgeben zu lassen.

Im Widerspruchsverfahren hat die Antragsgegnerin vorgetragen: Ein Verstoß gegen § 47 AMG bzw. § 7 HWG liege nicht vor. Die Antragsgegnerin habe kein Fertigarzneimittel als unverkäufliches Muster zur Weitergabe und Erprobung an Apotheker abgegeben. Es handele sich vielmehr um eine Probieraktion, die notwendig geworden sei, weil Geruch und Verteilbarkeit des Vorgängerprodukts von Apothekern bemängelt worden seien. Im Sommer 2013 habe die Antragsgegnerin daher das neue Produkt "Diclo-r. Schmerzgel" eingeführt, das sich vom Vorgängerprodukt erheblich unterscheide. Die Vorzüge dieses Produkts hätten den Apothekern mithilfe der "zu Demonstrationszwecken" an die Außendienstmitarbeiter ausgehändigten Tuben vorgestellt werden sollen. Vorliegend sei eine Weitergabe der angebrochenen Packung Schmerzgel an Verbraucher nicht zu befürchten. Von einer systematischen Verteilungsaktion könne aufgrund der geringen Stückzahlen auch nicht die Rede sein. Angebrochene Packungen hätten keinen Wert; sie seien auch nicht verkehrsfähig.

Die Antragsgegnerin hat beantragt, die einstweilige Verfügung vom 26.8.2013 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin hat beantragt, die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Das LG Hamburg hat mit Urteil vom 6.11.2013 die einstweilige Verfügung bestätigt. Hinsichtlich der Begründung wird auf das Urteil des LG verwiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie noch vor: Zweck der Aktion sei es gewesen, dem Apothekenpersonal Informationen für die Kunden zu vermitteln; die Abgabe "Zu Demonstrationszwecken" habe also in der Bereitstellung von Informationen für die eigene berufliche Verwendung - nicht aber zur Patientenerprobung - bestanden. Der Außendienst habe die Tuben öffnen und dem Apothekenteam die Gelegenheit zu...

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