Leitsatz (amtlich)
1. Ein wichtiger Grund für eine Abgabe des Verfahrens in Kindschaftssachen nach § 4 S. 1 FamFG liegt in der Regel dann vor, wenn das betroffene Kind seinen Aufenthalt im laufenden Verfahren dauerhaft in den Bezirk eines anderen Gerichts verlegt und der Aufenthaltswechsel mit besonderen Erschwernissen verbunden ist, die es aus Kindeswohlgesichtspunkten notwendig erscheinen lassen, dass das Verfahren am Gericht des neuen Aufenthaltsortes des Kindes weitergeführt wird (Fortführung der Rechtsprechung des OLG Hamm vom 14.9.2006, OLG Hamm v. 14.9.2006 - 2 Sdb 10/06, FamRZ 2007, 567 f.).
2. Bei der Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Abgabe einer Kindschaftssache an ein anderes Gericht nach § 4, S. 1 FamFG vorliegt, ist zu prüfen, ob das Beschleunigungsgebot einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit des mit der Sache befassten Gerichts entgegen steht.
Normenkette
FamFG § 4
Verfahrensgang
AG Münster (Aktenzeichen 56 F 40/10) |
Tenor
Örtlich zuständig ist das AG - Familiengericht - Amberg.
Gründe
I. Gegenstand des dem Zuständigkeitsstreit zugrunde liegenden Verfahrens ist ein Antrag des Kindesvaters (Antragstellers) auf Regelung der Umgangskontakte mit dem gemeinsamen nichtehelichen Kind M (geb. am 11.5.2006), welches nach der Trennung der am Verfahren beteiligten Eltern im Februar 2008 bei seiner allein sorgeberechtigten Mutter (der Antragsgegnerin) lebt. Der Antragsteller erstrebt die Ausweitung der Umgangsregelung aus einer Umgangsvereinbarung der Parteien vom 28.1.2009 im Verfahren vor dem AG - Familiengereicht - Münster (Az. 56 F 531/08).
Der an das AG - Familiengericht - Münster gerichtete Antrag des Kindesvaters ist am 16.2.2010 beim AG in Münster eingegangen. Spätestens am 25.3.2010 ist die Antragsgegnerin mit dem gemeinsamen Kind von N nach T in Süddeutschland verzogen. Dort hat sie zunächst eine Ferienwohnung bezogen, mit der Absicht, ihren festen Wohnsitz am Ort ihres Aufenthalts zu begründen. Am 27.5.2010 hat sie einen Mietvertrag für eine eigene Wohnung in T unterschrieben, welche sie im Juli 2010 mit dem gemeinsamen Kind beziehen wird.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Familiengericht Münster das Verfahren mit Verfügung vom 3.5.2010 auf Antrag der Antragsgegnerin formlos an das AG - Familiengericht - Amberg mit der Bitte um Übernahme abgegeben. Der Antragsgegner hat der Abgabe widersprochen. Das AG Amberg hat die Übernahme des Verfahrens mit Verfügung vom 17.5.2010 und - auf ein erneutes Gesuch des AG Münster vom 1.6.2010 - mit weiterer Verfügung vom 9.6.2010 abgelehnt.
Mit Verfügung vom 15.6.2010 hat das AG - Familiengericht - Münster die Sache dem Senat zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Die Bestimmung der Zuständigkeit richtet sich nach neuem - ab dem 1.9.2009 geltenden - Recht, da das Verfahren auf Regelung der Umgangskontakte durch die Antragsschrift vom 12.2.2010 am 16.2.2010 und damit nach dem 1.9.2009 eingeleitet worden ist (Art. 111 I 1 FGG-RG).
Die Voraussetzungen für die Zuständigkeitsbestimmung nach § 5 FamFG sind gegeben. Der Senat ist gem. § 5 I Nr. 5, II FamFG als übergeordnetes Gericht desjenigen Familiengerichts zur Entscheidung berufen, welches zuerst mit der Sache befasst worden ist, weil die Übernahme des Verfahrens aus wichtigem Grund nach § 4 FamFG noch nicht vollzogen ist und sich die beteiligten Gerichte nicht über die Übernahme durch das Familiengericht Amberg einigen können.
Die örtliche Zuständigkeit des AG - Familiengericht - Amberg folgt daraus, dass das betroffene Kind seinen Wohnsitz im Bezirk des AG Amberg hat und die Voraussetzungen für eine Übernahme des Verfahrens nach § 4 FamFG, mit Ausnahme der Bereiterklärung des übernehmenden Gerichts, vorliegen. Danach kann das ursprünglich örtlich zuständige Gericht die Sache aus wichtigem Grund an ein anderes Gericht abgeben, wenn es die Beteiligten vorher angehört hat.
Ursprünglich zuständig für das Verfahren war das AG - Familiengericht - Münster, denn in dem für die Bestimmung der Zuständigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der Anhängigkeit des Verfahrens hatte das betroffene Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Haushalt der Kindesmutter in N (§ 152 II FamFG).
Die Beteiligten sind gem. § 4, S. 2 FamFG vor der Abgabe zur Übernahme angehört worden.
Ein wichtiger Grund für die Abgabe des Verfahrens an das AG Amberg ist gegeben.
1) Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Kindeswohls zweckmäßig erscheint, dass nicht das örtlich zuständige, sondern das um Übernahme ersuchte Gericht mit der Sache befasst wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn das betroffene Kind seinen Aufenthalt dauerhaft in den Bezirk eines anderen Gerichts verlegt und der Aufenthaltswechsel mit Erschwernissen für das laufende Verfahren verbunden ist, die es notwendig erscheinen lassen, dass das Verfahren am Gericht des neuen Aufenthaltsortes des Kindes weitergeführt wird (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 176; OLG Hamm FamRZ 2007, 567 f.). Dabei ist in e...