Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhung des Selbstbehalts
Leitsatz (amtlich)
Der Selbstbehalt ggü. dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nach § 1581 BGB ist mit einem Betrag zu bemessen, der nicht unter dem notwendigen aber auch nicht über dem angemessenen Selbstbehalt liegt.
Erhöhung des Selbstbehalts ggü. dem Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auf 1.000 EUR.
Normenkette
BGB § 1581
Verfahrensgang
AG Coesfeld (Beschluss vom 05.04.2006; Aktenzeichen 5 F 44/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - FamG - Coesfeldvom 5.4.2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
Zu Recht hat das AG dem Beklagten die nachgesuchte Prozesskostenhilfe mit der Begründung verweigert, seine beabsichtigte Abänderungsklage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 114 ZPO.
1. Der Senat schließt sich den Ausführungen des AG zu einer Reduzierung bzw. einem Unterhaltsausschluss nach § 1579 Ziff. 2 und 7 BGB an. Eine Reduzierung des Unterhaltsanspruchs kommt angesichts der Kindesbetreuung nicht in Betracht, solange der Unterhaltsanspruch unterhalb des sog. Mindestbedarfes liegt. Richtig ist zwar, dass der BGH einen Mindestbedarf beim Ehegattenunterhalt nicht anerkennt, sondern der Bedarf jeweils nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessen ist und somit auch unter dem sog. Mindestbedarf nach den Hammer Leitlinien liegen kann. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob ein bereits unter dem Mindestbedarf liegender Unterhaltsanspruch weiter nach § 1579 BGB wegen Verfehlungen des unterhaltsberechtigten Ehegatten zu kürzen ist. Dabei liegt es auf der Hand, dass ein Ehegatte, dessen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen bereits unter dem sog. Existenzminimum liegt, bei weiterer Kürzung desselben spätestens gezwungen wäre, eine halbschichtige oder vollschichtige Erwerbstätigkeit aufzunehmen, um die Bedarfslücke auszufüllen, wobei allerdings die Antragsgegnerin auch von dem titulierten Unterhalt nicht leben kann. Die Erwerbstätigkeit wird aber notwendigerweise zu Lasten der Betreuung der beiden 9 - und 6jährigen Kinder gehen. Zumindest derzeit kommt deshalb eine Reduzierung des Unterhaltsanspruchs nicht in Betracht.
2. Demgegenüber teilt der Senat nicht die Auffassung des AG, die Abänderungsklage sei unschlüssig, weil die Voraussetzungen des § 323 ZPO nicht dargetan seien. Denn in dem abzuändernden Vergleich ist ausdrücklich festgehalten, dass er keinerlei Bindungswirkungen für ein evtl. Abänderungsverfahren entfaltet, dass vielmehr in einem solchen Falle der Unterhalt wie in einem Erstverfahren neu zu berechnen ist. Dies hat der Antragsteller mit der Beschwerdeschrift getan. Gleichwohl rechtfertigt auch dies keine Abänderung des titulierten Unterhaltsanspruchs zu seinen Gunsten, da er eine Mangelberechnung nicht vorgenommen hat. Ausgehend von dem zutreffend ermittelten Nettoeinkommen i.H.v. monatlich 2.021,44 EUR ergibt sich folgende Berechnung:
2.021,44 EUR
Arbeitskleidung -6,50 EUR
Arbeitgeberanteil an vermögenswirksamen Leistungen netto: 25,52 EUR
Gewerkschaftsbeitrag -21,70 EUR
Fahrtkosten -246,40 EUR
1.721,32 EUR
Hierzu ist anzumerken, dass der Antragsteller versehentlich den Bruttoanteil des Arbeitgebers an den vermögenswirksamen Leistungen in Abzug gebracht hat, was nicht zutreffend ist.
Nach Abzug des Tabellenunterhaltes für beide Kinder i.H.v. je 299 EUR verbleiben 1.123,32 EUR. Ein eigenes Einkommen der Antragsgegnerin ist nicht anzusetzen, da sie derzeit ein solches nicht bezieht und auch nicht beziehen muss. Nach der Differenzmethode würde sich nunmehr ein Unterhaltsanspruch i.H.v. 481,42 EUR ergeben, den der Antragsteller jedoch nicht unter Wahrung seines Selbstbehaltes zahlen könnte. Angesichts des Nettoeinkommens i.H.v. 1.721,32 EUR und eines Selbstbehaltes ggü. den Kindern i.H.v. 890 EUR verbleibt ein verteilungsfähiges Einkommen i.H.v. 831,32 EUR.
Es ergibt sich sodann folgende Mangelverteilung:
Bedarf der Klägerin: 770 EUR
Bedarf der Kinder: je 334 EUR
Gesamtbedarf somit: 1.438 EUR
770 EUR: 1.438 EUR × 831,32 EUR = 445,14 EUR
334 EUR: 1.438 EUR × 831,32 EUR = 193,08 EUR
334 EUR: 1.438 EUR × 831,32 EUR = 193,08 EUR
831,30 EUR
Zutreffend weist die Beschwerde darauf hin, dass nach der neuen Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2006, 683 ff.) die bisherige Praxis vieler OLG, so auch des erkennenden Senates, dem Ehegatten, der minderjährige Kinder betreut, denselben Selbstbehalt zuzubilligen, der ggü. den minderjährigen Kindern besteht, aufzugeben ist. Der BGH hat in dieser Entscheidung ausgeführt, dass die in dieser Praxis zum Ausdruck kommende Gleichbehandlung des Unterhaltsanspruchs von Ehegatten mit demjenigen minderjähriger Kinder, wie sie für das Rangverhältnis in § 1609 Abs. 2 S. 1 BGB (noch) angeordnet ist, die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB außer Betracht lasse. Der Regelungshintergrund dieser Vorschrift sei darin zu sehen, dass minderjährigen Kindern wegen ihres Alters von vornherein die Möglichkeit verschlossen sei, durch eigene Anstrengung ...