Leitsatz (amtlich)
1. Weist das LG eine Klage auf Versicherungsleistungen wegen eines behaupteten Fahrzeugdiebstahls mit der Begründung ab, dass der Versicherungsnehmer über den Wert des Fahrzeugs arglistig getäuscht habe, so ist eine mündliche Verhandlung auch dann nicht geboten i.S.v. § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, wenn die Berufung schon deshalb unbegründet ist, weil das äußere Bild eines Diebstahls nicht bewiesen ist.
2. Die Begründung zur Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 17/6406), wonach eine Änderung der Urteilsbegründung stets eine mündliche Verhandlung in zweiter Instanz gebiete, ist für die Auslegung des § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO nicht bindend.
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 17.10.2011; Aktenzeichen 18 O 95/11) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 17.10.2011 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das angefochtene Urteil wird für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 13.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und es erfordert auch nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil.
II. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen nimmt der Senat auf das angefochtene Urteil des LG (Bl. 174 ff. d.A.) Bezug.
Wegen der Gründe für die Zurückweisung der Berufung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Hinweisbeschluss des Senates vom 1.2.2012 (Bl. 209 ff. d.A.) verwiesen. In Bezug auf die dazu abgegebene Stellungnahme des Klägers mit Schriftsatz vom 24.2.2012 (Bl. 217 ff.) weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:
Soweit der Kläger darauf hinweist, dass er nicht arglistig gehandelt habe, kann dies für die Entscheidung über die Berufung letztlich offen bleiben. Wie bereits in dem Hinweisbeschluss des Senates vom 1.2.2012 ausgeführt, kommt es im Ergebnis nämlich nicht darauf an, ob die Beklagte nach § 28 Abs. 2, Abs. 3 VVG i.V.m.E. 6 AKB 2009 wegen arglistig falscher Angaben des Klägers leistungsfrei ist. Seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des LG hat vielmehr schon deshalb keinen Erfolg, weil er den Nachweis für das äußere Bild einer Entwendung seines Fahrzeuges nicht geführt hat. Er kann nämlich den betreffenden Nachweis weder durch Zeugenaussagen noch durch seine eigenen Angaben erbringen, weil seine Glaubwürdigkeit bereits durch seine objektiv unzutreffenden Angaben bezüglich des Kaufpreises seines Fahrzeuges schwerwiegenden Zweifeln unterliegt.
Nach Überzeugung des Senates ist hier eine mündliche Verhandlung nicht geboten i.S.v. § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, auch wenn die Begründung des Senats für die Zurückweisung der Berufung mit der Argumentation des LG nicht übereinstimmt. Entgegen der Begründung in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 17/6406) erfordert ein Wechsel der Begründung nicht in jedem Fall eine mündliche Berufungsverhandlung. Nach der Funktion des Verfahrens nach § 522 Abs. 2 ZPO ist eine erneute mündliche Verhandlung vielmehr nur dann geboten, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts auf eine umfassend neue rechtliche Würdigung gestützt wird und diese mit den Parteivertretern im schriftlichen Verfahren nicht sachgerecht erörtert werden kann (vgl. Zöller - Heßler, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 522 Rz. 40). Das ist hier nicht der Fall.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung dieses Beschlusses ergibt sich ohne weiteren Ausspruch aus § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Im Übrigen fußt der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711, 713 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2994829 |
VersR 2013, 604 |