Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 2 O 98/21) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 18. März 2022 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Essen durch einstimmigen Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit, zu den nachfolgenden Ausführungen binnen 3 Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die tatbestandlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung sowie auf die Berufungsbegründung Bezug genommen. Im Übrigen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a ZPO von der Darstellung gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung ist nach übereinstimmender Überzeugung des Senats offensichtlich unbegründet. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung und bedarf zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keiner Entscheidung des Senats, so dass eine Zurückweisung der Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO gerechtfertigt ist. Auch der Grundsatz eines fairen Verfahrens gebietet keine erneute Verhandlung, da nicht ersichtlich ist, dass eine mündliche Verhandlung zu weiteren Erkenntnissen führt.
1) Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schadensersatz aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, §§ 823, 249 ff. BGB i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG verneint.
Der Kläger hat - worauf auch das Landgericht sein Urteil maßgeblich stützt - einen erstattungsfähigen Fahrzeugschaden nicht schlüssig dargelegt.
a) Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger, aufgrund seines unzureichenden Vortrags zum Vorschaden des Unfallfahrzeugs, keine ausreichenden tatsächlichen Grundlagen für den Wiederbeschaffungswert vorgetragen und unter Beweis gestellt hat. Angesichts dessen ist unklar, ob dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der fiktiven Reparaturkosten in der geltend gemachten Höhe überhaupt zusteht.
Nach § 249 S. 2 BGB kann der Geschädigte die Schadensbehebung selbst in die Hand nehmen und vom Schädiger statt der Wiederherstellung des früheren Zustandes den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Der "erforderliche" Geldbetrag bestimmt sich grundsätzlich nach der wirtschaftlich günstigeren Alternative der Naturalrestitution; es sind also Reparaturaufwand und Wiederbeschaffungsaufwand miteinander zu vergleichen. Der Wiederbeschaffungsaufwand bildet die Obergrenze, bis zu der eine Reparatur noch wirtschaftlich ist (Wirtschaftlichkeitsgrenze), und damit zugleich die Obergrenze, bis zu der der Geschädigte frei wählen kann zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung. Nur in diesem Fall, d.h. wenn die vom Schadensgutachter geschätzten Reparaturkosten plus der von ihm geschätzte Minderwert unterhalb dieser Wirtschaftlichkeitsgrenze bleiben, kann der Geschädigte nach seiner Wahl entweder auf der Basis der tatsächlich entstandenen Reparaturkosten oder fiktiv auf Gutachtenbasis abrechnen, und zwar ohne Rücksicht auf seine tatsächlichen Dispositionen hinsichtlich des Unfallfahrzeugs, also ohne Rücksicht darauf, ob und wie er es repariert hat und ob er es weiterbenutzen will oder nicht. Übersteigt dagegen der Reparaturaufwand den Wiederbeschaffungsaufwand, ist der Geschädigte in seinen Dispositionen nicht mehr völlig frei; eine Abrechnung auf der Basis der (geschätzten oder tatsächlich angefallenen) Reparaturkosten kommt dann nur noch in Betracht, wenn er das Unfallfahrzeug behält und die Reparatur ausführen lässt (OLG Hamm, Urteil vom 01.03.1999 - 6 U 117/98, NZV 1999, 297).
Zwar dürften hier - worauf auch der Kläger hinweist - insgesamt abgrenzbare Vorschäden vorliegen; der vom streitgegenständlichen Unfall betroffene Anstoßbereich liegt am Fahrzeugheck, der - nunmehr unstreitige - Vorschaden befindet sich hingegen an der Fahrzeugfront. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Darlegung des Wiederbeschaffungswertes aber auch bei abgrenzbaren Vorschäden und im Rahmen der Schadensschätzung gem. § 287 ZPO erforderlich (vgl. z.B. OLG Hamm, Beschluss vom 16.10.2019 - 31 U 115/19, juris Rn. 1; OLG Hamm, Beschluss vom 03.08.2018 - 9 U 111/18, juris Rn. 3; OLG Celle, Urteil vom 08.02.2017 - 14 U 119/16, juris Rn. 9; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.05.2015 - 1 U 116/14, juris Rn. 41). Der Wiederbeschaffungswert, also der Wert für den ein vergleichbares Fahrzeug ohne den streitgegenständlichen Unfallschaden zum damaligen Zeitpunkt auf dem Markt erworben werden konnte, kann nur ermittelt werden, wenn feststeht, in welchem konkreten Zustand sich das beschädigte Fahrzeug im Unfallzeitpunkt befand, insbesondere inwieweit der Wert durch Alt- und Vorschäden gemindert war. Seiner Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des Wiederbeschaffungswerts genügt der Geschädigte in einer solchen Konstellation allenfalls, wenn er einen durch Privatgutachten unterlegten Wert behauptet, die Vorschäden durch Schadensgutachten aktenkundig sind und der Geschädigte zudem unter Beweisantritt behauptet, dass dem Privatsachverständigen die Vorschäden bekannt waren (OLG Hamm, B...