Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzen der Schreibhilfe eines Dritten bei der Errichtung eines privatschriftlichen Testaments
Leitsatz (amtlich)
Ein Testament ist nur dann als eigenhändig geschriebenes Testament formgültig, wenn es auf einer unbeeinflussten Schreibleistung des Erblassers beruht.
Normenkette
BGB § 2247 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Unna (Aktenzeichen 6 VI 231/12) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 3) werden den Beteiligten zu 1) und 2) auferlegt.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 450.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das AG ist zu Recht davon ausgegangen, dass sich die Formgültigkeit (§ 2247 BGB) des handschriftlichen Testaments vom 30.10.2011 nicht feststellen lässt und dies zu Lasten der Beteiligten zu 1) und 2) geht, die sich zur Begründung ihres Erbscheinsantrages auf dieses Testament stützen. Auch der Senat ist nach teilweiser Wiederholung der Beweisaufnahme nicht mit der notwendigen Sicherheit davon überzeugt, dass der Erblasser die Testamentsurkunde tatsächlich eigenhändig geschrieben hat.
Hinsichtlich der Anforderungen, die sich aus § 2247 BGB für die eigenhändige Fertigung des Testaments und damit zugleich als Grenze für die Zulässigkeit einer Schreibhilfe ergeben, hat der Senat in seinem, im vorliegenden Verfahren bereits angesprochenen Beschluss vom 11.9.2009 (15 W 224/01, NJW-RR 2002, 222) Folgendes ausgeführt:
"Eigenhändigkeit setzt zwingend voraus, dass der Erblasser die Niederschrift selbst angefertigt hat. Durch Dritte hergestellte Niederschriften sind immer unwirksam, selbst wenn sie in Anwesenheit des Erblassers nach dessen Willen und Weisungen angefertigt und vom Erblasser eigenhändig unterschrieben worden sind. Die zwingende Eigenhändigkeit kann nicht dadurch ersetzt werden, dass der Erblasser sich eines Dritten als Werkzeug bedient oder diesen ermächtigt, die letztwillige Verfügung niederzuschreiben (vgl. BayObLG FamRZ 1990, 441, 442; Staudinger-Winkler, BGB, 13. Aufl., § 2247 Rz. 35). Eigenhändigkeit ist nicht gegeben, wenn dem Erblasser die Hand geführt wird und dadurch die Schriftzüge von einem Dritten geformt werden (BGHZ 47, 68, 70). Daher gilt nicht als vom Erblasser "eigenhändig" geschrieben, was er unter der Herrschaft und Leitung eines anderen abgefasst hat; folgt er lediglich einem fremden Willen, so liegt Eigenhändigkeit nicht vor (BGH NJW 1981, 1900, 1901). Er muss die Gestaltung der Schriftzüge selbst bestimmen (BGH NJW 1981, a.a.O.). Zulässig ist dagegen eine unterstützende Schreibhilfe (Abstützen des Armes, Halten der zitternden oder geschwächten Hand), solange der Erblasser die Formung der Schriftzeichen vom eigenen Willen getragen selbst bestimmt (vgl. BayObLG FamRZ 1985, 1286). Die Niederschrift und die Unterschrift müssen vom Willen des Erblassers abhängen; sie dürfen nicht von einem anderen durch Führen der Hand des Testierenden ohne dessen Willen hergestellt werden (BayObLG Rpfleger 1985, 493). Wenn es sich um eine zulässige Unterstützung handelt, bleibt es ohne Bedeutung, ob der Erblasser seine gewöhnlichen Schriftzüge zustande bringt oder seine Unterschrift lesbar ist (vgl. BayObLG Rpfleger 1985, a.a.O.). Kann der Erblasser bei der Abfassung des Testamentes überhaupt nicht mehr aktiv mitwirken, ist er nicht mehr schreibfähig. Von einer Eigenhändigkeit kann in diesem Fall nicht mehr die Rede sein (vgl. BGH NJW 1981, 1900, 1901)."
Diese Ausführungen entsprechen nach wie vor dem Stand der Rechtsprechung und der Auffassung des Senats. Klarstellend ist dabei nochmals darauf hinzuweisen, dass es rechtlich nicht darauf ankommt, ob sich in der Urkunde das dem Erblasser eigene Schriftbild wiederfindet. Dieser Gesichtspunkt kann nur für die tatsächliche Würdigung Bedeutung haben, ob es sich um die eigene Schriftleistung des Erblassers handelt. Andererseits kann es angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 2247 Abs. 1 BGB nicht ausreichend sein, dass die Urkunde inhaltlich dem Willen des Erblassers entspricht. Da das eigenhändige Testament hinsichtlich des Gesetzeszwecks, nämlich der Sicherung des Erblasserwillens, schon die mindere Form gegenüber dem öffentlichen Testament ist, kann es nicht angehen, eine über bloße Stützungshandlungen hinausgehende Einflussnahme anderer Personen auf die Schreibleistungen des Erblassers dann für unerheblich zu halten, wenn sich feststellen ließe, dass das Ergebnis letztlich dem Erblasserwillen entspricht. Hierdurch würde eine Grauzone von Sachverhalten eröffnet, in der die Sicherung des Erblasserwillens nicht mehr in dem Maße gesichert ist, wie der Gesetzgeber dies voraussetzt.
Legt man diese Grundsätze zugrunde, so ist der Senat aufgrund des Beweisergebnisses nicht in der Lage, sich eine praktischen Bedürfnissen entsprechende Überzeugung zu verschaffen, dass das Testament vom 30.10.2011 auf einer im oben beschriebenen Sinne unbeeinflussten Schreibleistung des Erblassers beruht.
Die Aussage ...