Leitsatz (amtlich)
Wird mit dem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des befugt nicht erschienenen Betroffenen dadurch geltend gemacht, dass die Namen der zu vernehmenden und dann in der Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit vernommenen Zeugen in der Ladung nicht mitgeteilt worden sind, muss im Einzelnen konkret dargetan werden, dass der Betroffene - hätte er Kenntnis von der Ladung der Zeugen gehabt - trotz der erfolgten Entbindung zur Hauptverhandlung erschienen wäre und er die Zeugen befragt hätte.
Verfahrensgang
AG Hagen (Entscheidung vom 13.02.2004) |
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 75 EUR verurteilt. An der Hauptverhandlung haben weder der Betroffene noch sein ordnungsgemäß geladener Verteidiger teilgenommen. Der Betroffene war gemäß § 73 OWiG vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden. Das Amtsgericht hat in der Hauptverhandlung u.a. die Zeugen Neubauer und Winnerlich vernommen. Deren beabsichtigte Vernehmung war dem Betroffenen in der Ladung nicht mitgeteilt worden. In der Ladung des Verteidigers waren die Zeugen allerdings benannt.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde rügt der Betroffene in der Terminsladung als einen Verfahrensfehler. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Zulassungsantrag als unbegründet zu verwerfen.
II.
Da das Amtsgericht den Betroffenen zu einer Geldbuße von nicht mehr als 100,00 EURO verurteilt hat, ist die Rechtsbeschwerde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren nicht und wegen der Anwendung von materiellen Rechtsnormen nur zur Fortbildung des Rechts oder wegen der Versagung des rechtlichen Gehörs zuzulassen. Mit der Verfahrensrüge, das Gericht habe bzgl. der geladenen Zeugen gegen seine Mitteilungspflichten nach § 222 StPO i.V.m. § 46 OWiG verstoßen, kann der Betroffene daher nicht gehört werden.
Die vorgenannte Rüge begründet auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs, die gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führen würde. Nach allgemeiner Meinung kann in einem Verstoß des Gerichts gegen § 222 StPO im Falle einer "befugten" Abwesenheit des Angeklagten oder Betroffenen eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 12. September 1995 - 4 Ss OWi 600/95; Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflage, § 222 Rn. 10; OLG Koblenz VRS 46, 447). Dahinstehen kann, ob vorliegend diese Rüge nicht schon daran scheitern würde, dass die geladenen Zeugen zwar nicht dem Betroffenen, wohl aber seinem Verteidiger mitgeteilt worden sind. Denn dies ist, soweit der Verteidiger - wie vorliegend - zum Empfang von Mitteilungen an den Betroffenen bevollmächtigt ist, zulässig (Meyer-Goßner, a.a.O., § 222 Rn. 6 mit weiteren Nachweisen).
Die Frage kann jedoch dahinstehen. Denn wird die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG begehrt, gelten für den Rechtsbeschwerdevortrag, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hinweist, die gleichen Voraussetzungen wie für eine entsprechende Verfassungsbeschwerde. Der Betroffene muss also substantiiert darlegen, worin die Verletzung des rechtlichen Gehörs besteht und was er im Falle der ordnungsgemäßen Anhörung geltend gemacht hätte bzw., wie er seine Rechte wahrgenommen hätte. Nur wenn dieses Erfordernis erfüllt ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht prüfen und entscheiden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfassungsverstoß beruht (BVerfGE 28, 17 u.19 f.; Senatsbeschlüsse vom 26. Juli 2002 - 2 Ss OWi 581/02 - mit weiteren Nachweisen, vom 18. Dezember 2002 - 2 Ss OWi 1065/02 - und vom 15. April 2004 - 2 Ss OWi 215/04).
Nach diesen Grundsätzen muss, wenn mit Zulassungsantrag die Verletzung des rechtlichen Gehörs des befugt nicht erschienenen Betroffenen dadurch geltend gemacht wird, dass die Namen der zu vernehmenden und dann in der Hauptverhandlung in seiner Abwesenheit vernommenen Zeugen in der Ladung nicht mitgeteilt worden sind, im Einzelnen konkret dargetan werden, dass der Betroffene - hätte er Kenntnis von der Ladung der Zeugen gehabt - trotz der erfolgten Entbindung zur Hauptverhandlung erschienen wäre und er die Zeugen befragt hätte. Denn nur dann kann das Urteil überhaupt auf der Versagung des rechtlichen Gehörs durch die Nichtbenennung der Zeugen beruhen (vgl. OLG Koblenz, a.a.O.). Dass der Betroffene so verfahren wäre, hat er nicht dargetan. Er hat lediglich allgemein ausgeführt, er hätte im Falle einer ordnungsgemäßen Mitteilung Erkundigungen über die Position der Zeugen bei der Polizei eingeholt. Welches Ziel diese Erkundigungen haben sollten, insbesondere ob diese ggf. dazu geführt hätten, dass der Betroffene an der Hauptverhandlung teilgenommen hätte, um die Zeugen dann zu befragen, ist jedoch nicht dargelegt. Damit ist die Rü...