Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung des Sachverständigen …
Verfahrensgang
LG Paderborn (Beschluss vom 15.12.1987; Aktenzeichen 3 O 289/87) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.
Das gegen den Sachverständigen … gerichtete Ablehnungsgesuch der Beklagten wird für begründet erklärt.
Gründe
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, mit der sie einen Architekter und Ingenieurvertrag über die Planung und Bauleitung des zweiten Bauabschnitts des Verkehrsbauwerkes in der Innenstadt von … geschlossen hat, Schadensersatz wegen angeblich mangelhafter Planung und Bauleitung. In dem vorgeschalteten Beweissicherungsverfahren 2 H 13/85 AG Paderborn hat der von der Klägerin im Beweissicherungsverfahren benannte Sachverständige … die an verschiedenen Stellen des Verkehrsbauwerks vorhandenen Undichtigkeiten im wesentlichen auf Planungsfehler der Beklagten zurückgeführt. In diesem Beweissicherungsverfahren hat die Beklagte den Sachverständigen seinerzeit nicht abgelehnt.
Auf Antrag der Klägerin wurde der Sachverständige … später auch in den Beweissicherungsverfahren 2 H 24/87, 2 H 25/87 und 2 H 26/87 AG Paderborn tätig, wobei sich die zwei erstgenannten Verfahren u.a. auch gegen die Beklagte richteten. In allen drei Verfahren ist das Ablehnungsgesuch der Antragsgegner gegen den Sachverständigen … mit der Begründung zurückgewiesen worden, daß die Ablehnung eines Sachverständigen im Beweissicherungsverfahren nicht statthaft sei. Diese Auffassung hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn in den Beschwerdeentscheidungen 5 T 431/87, 5 T 435/87 und 5 T 436/87 gebilligt.
Im vorliegenden Hauptverfahren hat die Beklagte den Sachverständigen … wegen Befangenheit abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, daß der Sachverständige für die Klägerin bereits als Privatgutachter tätig geworden sei und im Auftrag der Klägerin die Ausschreibungsunterlagen für den zweiten Bauabschnitt gutachtlich überprüft habe.
Der Sachverständige sei nicht mehr unbefangen, wenn er als gerichtlich bestellter Gutachter seine eigenen Ratschläge zur Ausschreibung beurteilen müsse.
Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn hat mit Beschluß vom 15. Dezember 1987 das Ablehnungsgesuch der Beklagten als unzulässig zurückgewiesen. Nach Auffassung der Kammer hätte die Beklagte das Ablehnungsgesuch gemäß § 406 Abs. 2 ZPO bereits vor Einreichung des schriftlichen Gutachtens im Beweissicherungsverfahren anbringen müssen, da ihr bereits vor Beauftragung des Sachverständigen aus einem Schreiben der Klägerin vom 25.06.1980 bekannt war, daß der Sachverständige für die Klägerin beratend tätig gewesen sei.
Die hiergegen rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten vom 29. Dezember 1987 ist gemäß den §§ 406 Abs. 5, 577 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (zuletzt noch im Beschluß vom 07.03.1986 – 1 W 111/85 –) ist die Ablehnung eines im Beweissicherungsverfahren tätig gewordenen Sachverständigen nicht in diesem Verfahren, sondern lediglich im anschließenden Verfahren zur Hauptsache zulässig. An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch in Kenntnis der insbesondere in neuerer Zeit veröffentlichten Gegenmeinung (vgl. u.a. OLG Düsseldorf in JMBl. NW 1985 S. 223 m.w.N., OLG München in BauR 1985 S. 241 und NJW 1984 S. 1048, Schulze in NJW 1984 S. 1019) auch für den Fall fest, daß der ablehnenden Partei die Ablehnungsgründe bereits vor Einreichung des Beweissicherungsgutachtens bekannt waren.
Soweit es die Einleitung des Beweissicherungsverfahrens betrifft, hat der Gesetzgeber dieses bewußt einseitig ausgestaltet. Das Gericht muß den vom Antragsteller benannten Sachverständigen auch dann beauftragen, wenn es diesen für fachlich ungeeignet oder etwa für parteilich hält. Der Anordnungsbeschluß ist gemäß § 490 Abs. 2 ZPO nicht anfechtbar. Hiernach wird deutlich, daß der Gesetzgeber dem Interesse des Antragstellers an einer beschleunigten Beweisaufnahme unbedingt den Vorrang einräumt und – auch auf die Gefahr hin, daß das Gutachten des einseitig vom Antragsteller benannten Sachverständigen im späteren Hauptprozeß unverwertbar ist – sowohl eine Einflußnahme des Gerichts wie auch des Antragsgegners auf die Auswahl des Sachverständigen ausschließen will. Mit diesem Zweck ist die Möglichkeit der Ablehnung eines im Beweissicherungsverfahren benannten Sachverständigen nicht vereinbar und in den Vorschriften über das Beweissicherungsverfahren auch nicht vorgesehen. Nach § 492 Abs. 1 ZPO erfolgt zwar die Beweisaufnahme selbst nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften; dies betrifft jedoch nicht die in der Beweisanordnung getroffene Bestimmung des Sachverständigen und seine Ablehnung.
Soweit die Gegenmeinung darauf hinweist, daß der Zweck des Beweissicherungsverfahrens, eine beschleunigte Erhebung der Beweise zu ermöglichen, durch eine erfolgreiche Ablehnung im nachfolgenden Hauptprozeß zunichte gemacht werde, ist zu entgegnen, daß das Risiko, daß das Beweissich...