Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob ein im europäischen Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug nach deutschem Recht bemängelt werden darf oder darin ggf. ein Verstoß gegen die Warenverkaufsfreiheit in Europa vorliegt.

 

Normenkette

FZV § 20 Abs. 1, 3; OWiG § 80 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3; StPO § 344 Abs. 2; StVZO §§ 23, 31d, 31e

 

Verfahrensgang

AG Lüdenscheid (Entscheidung vom 24.11.2008; Aktenzeichen 82 OWi 457/08)

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Lüdenscheid hat gegen den Betroffenen durch Urteil vom 24. November 2008 wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeuges, dessen Verkehrssicherheit durch abgedunkelte Scheiben wesentlich beeinträchtigt war (§§ 23 Abs. 1, 49 StVO, 24 StVG, 17 OWiG), eine Geldbuße in Höhe von 70,00 € verhängt.

Zum Sachverhalt hat das Amtsgericht folgendes festgestellt:

"Am 26.02.2008 gegen 12:00 Uhr führte der Betroffene in M, unter anderem in der K, einen LKW des Fabrikats Volvo mit dem Kennzeichen ######. Die Verkehrssicherheit dieses LKW war dadurch wesentlich beeinträchtigt, dass die vorderen Seitenscheiben links und rechts, die ohnehin bereits werksseitig eine dunklere Färbung hatten, durch das Aufkleben von Polyesterfolie - getönt mit der Tönungsvariante CH-22 h.c. - unzulässigerweise verdunkelt waren. (...) Der Betroffene hätte dies erkennen können."

Das Amtsgericht hat weiter ausgeführt, soweit der Betroffene meine, wegen der in Finnland aufgebrachten und dort nicht beanstandeten Folie an dem in Finnland zugelassenen Fahrzeug habe er glauben dürfen, die Folie sei auch in Deutschland erlaubt, liege ein vermeidbarer Verbotsirrtum vor.

Gegen das seinem Verteidiger am 15. Dezember 2008 zugestellte Urteil hat der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 28. November 2008, eingegangen bei dem Amtsgericht Lüdenscheid am selben Tage, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde gestellt. Mit Telefaxschreiben seiner Verteidiger vom 13. Januar 2009 hat er diesen Antrag näher begründet und die Verletzung materiellen und formellen Rechts gerügt. Im Wesentlichen hat er ausgeführt, die Zulassung der Rechtsbeschwerde habe zur Fortbildung des Rechts zu erfolgen, da nicht hinreichend geklärt sei, ob ein nach § 20 Abs. 1 Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) in einem anderen Land der Europäischen Union beziehungsweise des europäischen Wirtschaftsraumes zugelassen und dort als verkehrs- und betriebssicher eingestuft worden sei, im Rahmen des § 20 Abs. 3 FZV wegen einer allgemeinen Bauartgenehmigung des Kraftfahrtbundesamtes in Deutschland nicht verkehrssicher sei und deshalb nicht am inländischen Verkehr teilnehmen dürfe. Ferner gehe es um die Frage, ob ein ordnungsgemäß im europäischen Ausland zugelassenes Kraftfahrzeug nach deutschem Recht bemängelt werden dürfe oder ob insofern ein Verstoß gegen die Warenverkaufsfreiheit in Europa vorliege.

Darüber hinaus sei das Amtsgericht einem Beweisantrag, der durch den Verteidiger mittels Telefaxschreibens vom 18. November 2008 übermittelt worden sei, "nicht nachgegangen" und habe sich "hiermit auch nicht in dem Urteil auseinandergesetzt". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Begründungsschrift vom 13. Januar 2009 Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zwar rechtzeitig gestellt und form- und fristgerecht begründet worden. In der Sache ist ihm aber der Erfolg zu versagen.

1)

Da das Amtsgericht gegen den Betroffenen eine Geldbuße in Höhe von nicht mehr als 100,00 € verhängt hat, ist die Rechtsbeschwerde wegen der Anwendung von Rechtsnormen über das Verfahren grundsätzlich nicht zuzulassen (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 OWiG). Eine Ausnahme besteht dann, wenn in dem mit der Verfahrensrüge geltend gemachten Umstand eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gesehen werden könnte (§ 80 Abs. 1. Nr. 2 OWiG). Denn nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen der Versagung des rechtlichen Gehörs, welches ein Prozessgrundrecht nach Artikel 103 Abs. 1 GG darstellt, gerade geboten. Dies soll sicherstellen, dass die erlassene Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. Zwar geht Artikel 103 Abs. 1 GG davon aus, dass die Ausgestaltung des rechtlichen Gehörs jeweils den einzelnen Verfahrensordnungen überlassen bleiben muss und gewährt daher grundsätzlich keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus formellen oder materiellen Gründen ganz oder teilweise unberücksichtigt lassen. Allerdings ist aber das Willkürverbot, das dem allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) entspringt, verletzt, wenn ein Beweisantrag ohne nachvollziehbare, auf das Gesetz zurückführbare Begründung abgelehnt worden ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. Februar 1992 - 2 BvR 700/91 -, zitiert nach juris Rn. 14 mit weiteren Nachweisen).

Soweit der Betroffene rügt, dass das Amtsgericht seinem Beweisantrag ...

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