Leitsatz (amtlich)
Die Unwirksamkeit einer maschinenschriftlich verfügten Enterbung führt nach § 2085 BGB nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Testaments, wenn der Erblasser die Enterbung durch eine zusätzliche, eigenhändig verfasste Verfügung bekräftigt hat.
Die ausdrückliche Enterbung eines Abkömmlings erstreckt sich, wenn kein anderer Wille des Erblassers festgestellt werden kann, im Zweifel nicht auch auf die Abkömmlinge des Enterbten. Ein abweichender Wille des Erblassers muss in der letztwilligen Verfügung angedeutet sein. Dafür reicht die ausdrückliche Enterbung des Abkömmlings nicht.
Normenkette
BGB §§ 1938, 2085
Verfahrensgang
AG Gütersloh (Aktenzeichen 17 VI 502/19) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 2) und 3).
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zu gelassen.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 275.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind die Töchter des Erblassers. Der Beteiligte zu 3) ist der Sohn der Beteiligten zu 2). Der Beteiligte zu 4) ist ein Sohn des Erblassers, der ebenso wie die Beteiligten zu 1) und 2) aus der geschiedenen Ehe des Erblassers mit Frau E. C., geb. F, stammt.
Der Erblasser errichtete am 03.11.2014 ein notarielles Testament, in dem er die Beteiligten zu 1) und 2) zu seinen Erbinnen zu je 1/2 einsetzte. Ersatzerben sollten bei Wegfall einer Tochter deren Abkömmlinge zu unter sich gleichen Teilen sein. Sollte einer der Töchter ohne Vorhandensein von Abkömmlingen wegfallen, so sollte ihr Erbteil der Schwester anwachsen.
Am 28.08.2018 übersandte der Erblasser an das Testamentsregister beim Amtsgericht Husum ein maschinenschriftlich verfasstes und mit "Testamentsänderung" überschriebenes Schriftstück, in dem er unter Darlegung näherer Gründe erklärte, die Beteiligte zu 2) zu enterben. Weiter heißt es in dem Schreiben: "Somit werde ich jetzt mein Urenkelkind G. H. und meine Enkelin/Patenkind I. J. für den Erbteil von K. H. einsetzen". Das Schriftstück enthält einen als "handschriftliche Schreibprobe" bezeichneten, von Hand geschriebenen Zusatz mit dem Wortlaut "ich enterbe meine Tochter K. H., B. C.". Ein weiteres maschinenschriftliches Schreiben des Erblassers an das Testamentsregister beim Amtsgericht Husum datiert vom 17.09.2018. Darin wiederholt der Erblasser den Inhalt des Schreibens vom 28.08.2018. Auch dieses Schreiben enthält den per Hand geschriebenen Satz "ich enterbe meine Tochter K. H.".
Mit Schriftsatz vom 09.06.2019 erklärte die Beteiligte zu 2) gegenüber dem Amtsgericht Gütersloh die Anfechtung der Verfügungen des Erblassers vom 28.08.2018 und 17.09.2018 mit der Begründung, der Erblasser habe nicht ihren ganzen Stamm enterben wollen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte 17 VI 502/19 AG Gütersloh verwiesen.
Die Beteiligten zu 1) und 2) reichten am 08.06.2022 beim Amtsgericht Gütersloh einen Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins ein. Dazu trugen sie vor, sie seien aufgrund des notariellen Testaments vom 03.11.2014 Erbinnen zu gleichen Teilen. Die Testamentsänderungen des Erblassers seien formunwirksam. Nachdem das Amtsgericht darauf hingewiesen hatte, dass die handschriftlichen Zusätze in den "Testamentsänderungen vom 28.08." und 17.09.2018 wirksam seien, hat die Beteiligte zu 1) den vormaligen Antrag als Hilfsantrag gestellt, und hauptsächlich beantragt, ihr einen Erbschein als Alleinerbin zu erteilen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, es sei offensichtlich der Wille des Erblassers gewesen, dass an die Stelle der Tochter K. H. nicht deren Sohn, der Beteiligte zu 3), treten solle, sondern die Enkelin I. J. und die Urenkelin G. H.. Daher seien die Verfügungen dahin auszulegen, dass der Erblasser die Enterbung des gesamten Stammes der Beteiligten zu 2) gewollt habe. Dies werde durch die Enterbung der Beteiligten zu 2) angedeutet.
Dem ist die Beteiligte zu 2) entgegen getreten und hat hilfsweise beantragt, einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligte zu 1) und den Beteiligten zu 3) als Miterben zu gleichen Teilen ausweist. Dazu hat sie vorgetragen, der Erblasser habe nicht den ganzen Stamm seiner Tochter K. H. enterben wollen. Hätte er den ganzen Stamm enterben wollen, hätte er dies in der letztwilligen Verfügung zum Ausdruck gebracht.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht, die Tatsachen die zur Begründung des Antrages auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins an die Beteiligten zu 1) und 3) erforderlich sind, für festgestellt erachtet (Hilfsantrag der Beteiligen zu 2)) und die übrigen Anträge zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Beschwerdeführerin und der Beteiligte zu 3) seien Miterben des Erblassers. Die Beteiligte zu 2) sei wirksam enterbt worden. Der handschriftliche Zusatz auf den im Übrigen maschinenschriftlich verfassten Testamenten vom 28.08.2018 und 17.09.2018 sei wirksam. Wie sich aus dem Inhalt...