Leitsatz (amtlich)
Zur Frage wann der Betreuer aus dem ihm ggf. zustehenden allgemeinen Vertretungsrecht berechtigt ist, ggf. für den Betreuten, der die bedingte Entlassung ablehnt, für diesen die Einwilligung zu erklären.
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet kostenpflichtig verworfen.
Gründe
Der Verurteilte verbüßt aus dem Urteil des Amtsgerichts Wuppertal vom 24. Februar 2000 wegen Diebstahls in neun Fällen eine Freiheitsstrafe von 11 Monaten. 2/3 der Strafe waren am 23. 09. 2000 verbüßt, Strafende ist auf den 13. 01. 2001 notiert.
Der Verurteilte leidet an einer paranoiden Schizophrenie mit zunehmendem Residuum. Zudem ist er in erheblichem Umfange drogenabhängig. Zu Beginn der Vollstreckung der Freiheitsstrafe fiel er durch Wahnvorstellungen und Erregungszustände mit der Gefahr zu Kurzschlusshandlungen auf. Er wurde daher in der Zeit vom 21. 03. 2000 bis zum 05. 05. 2000 gemäß § 65 S. 2 StVollzG zur stationären Behandlung in das WLK Eickelborn verlegt. Nach Abschluss dieser Behandlung gelangte er wieder in den Strafvollzug in der JVA Werl. Unter dem 18. August 2000 wurde die für den Betroffenen bereits eingerichtete Betreuung verlängert und als Betreuerin die Beschwerdeführerin bestellt. Ihr Aufgabenkreis umfasst:
- die Vermögenssorge einschließlich möglicher Renten- und Sozialhilfeangelegenheiten,
- die Vertretung im Rechtsverkehr sowie gegenüber Ämtern und Behörden,
- die Wohnungsangelegenheiten,
- die Aufenthaltsbestimmung und
- die Gesundheitsfürsorge.
Ferner wurde angeordnet, dass der Betroffene zu Willenserklärungen, die die Aufgabenkreise der Betreuerin betreffen, deren Einwilligung bedarf.
Auf Antrag der Betreuerin genehmigte das Vormundschaftsgericht unter dem 22. August 2000 die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Abteilung der Stiftung Tannenhof-Remscheid längstens bis zum 31. 12. 2000.
Zur Vorbereitung der Entscheidung gemäß § 57 Abs. 1 StGB sprach sich die JVA Werl für eine Entlassung zum 2/3-Termin aus, sofern ein nahtloser Übergang in die geschlossene Abteilung der Stiftung Tannenhof-Remscheid sichergestellt sei. Die Staatsanwaltschaft widersprach einer Strafaussetzung, da es aufgrund der erheblichen Vorstrafen wegen des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht gewagt werden könne, den Gefangenen zu entlassen. Eine Unterbringung sei erst zum Strafende sinnvoll.
Bei der Anhörung durch die Strafvollstreckungskammer erklärte der Gefangene, der zuvor schriftlich sein Einverständnis mit einer eventuell bedingten Entlassung gemäß § 57 StGB erklärt hatte, er sei nun nicht mehr einverstanden, da er nicht im Tannenhof wohnen wolle. Gestützt auf § 57 Abs. 1 Ziffer 3 StGB lehnte daraufhin die Strafvollstreckungskammer die Aussetzung zur Bewährung ab, da die zwingend erforderliche Einwilligung des Verurteilten nicht vorläge.
Hiergegen wendet sich die Betreuerin mit ihrer rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass die Erklärung des Gefangenen im Anhörungstermin keine rechtliche Bedeutung habe. Aufgrund der Betreuerbestellung könne der von ihr Betreute im Rahmen ihres Aufgabenkreises keine Erklärungen ohne ihre Zustimmung abgeben. Die Frage der bedingten Entlassung betreffe u. a. die Gesundheitsfürsorge, da es letztlich um die Verlegung in die Stiftung Tannenhof gehe. Auch wenn im Schriftsatz nicht ausdrücklich die Zustimmung zur bedingten Entlassung erklärt wurde, lässt sich seinem Inhalt - entgegen der Ansicht der Generalstaatsanwaltschaft - doch entnehmen, dass diese - konkludent - erklärt werden soll. Anderenfalls ergäbe die sofortige Beschwerde keinen Sinn.
Das gemäß §§ 454 Abs. 3, 298 Abs. 1 StPO statthafte und rechtzeitig eingelegte Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Der Senat geht davon aus, dass die Betreuerbestellung - die die Vertretung im Rechtsverkehr sowie gegenüber Ämtern und Behörden beinhaltet - die Betreuerin berechtigt und verpflichtet, den Betreuten auch im Strafverfahren zu vertreten.
Dieses Vertretungsrecht führt jedoch nicht dazu, dass die Betreuerin im vorliegenden Fall anstelle des Betroffenen die Einwilligung i. S. d. § 57 Abs. 1 StGB erklären kann. Entgegen ihrer Ansicht ergibt sich ihr Vertretungsrecht nicht aus dem Aufgabenbereich "Gesundheitsfürsorge" bzw. "Aufenthaltsbestimmung", denn es geht nicht um eine "Verlegung" in den Tannenhof. Eine solche Entscheidung kann vielmehr erst dann getroffen werden, wenn der Betroffene tatsächlich aus der Justizvollzugsanstalt entlassen werden soll.
Aus dem allgemeinen (möglicherweise umfassenden) Vertretungsrecht der Betreuerin lässt sich gleichfalls ihre Befugnis, statt des Verurteilten die Einwilligung zu erteilen, nicht herleiten. Denn bei der Einwilligung handelt es sich um eine höchstpersönliche Entscheidung des jeweiligen Gefangenen, für die - zumindest im Regelfall - eine Vertretung nicht in Betracht kommt. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, dass es grundsätzlich dem Verurteilten überlassen bleiben soll, ob er seine Strafe voll verbüßen oder...