Verfahrensgang
AG Essen (Entscheidung vom 18.12.1989; Aktenzeichen 110 F 253/89) |
Tenor
In der Familiensache wird der Beschluß des Amtsgerichts Essen vom 18. Dezember 1989 auf die Beschwerde der Parteien abgeändert.
Der Antragstellerin wird im Rahmen der bewilligten Prozeßkostenhilfe Rechtsanwalt ... in ... beigeordnet.
Dem Antragsgegner wird Rechtsanwalt ... in ... beigeordnet.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Amtsgericht für das Verfahren auf Zuweisung der Ehewohnung im Wege der einstweiligen Anordnung den Parteien Prozeßkostenhilfe bewilligt, die Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Nach § 14 FGG, § 121 Abs. 2 ZPO ist in Verfahren, die nicht dem Anwaltszwang unterliegen, ein Rechtsanwalt nur dann beizuordnen, wenn die anwaltliche Vertretung erforderlich erscheint. Die Erforderlichkeit bestimmt sich nach Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache sowie der Fähigkeit des Hilfsbedürftigen, sich mündlich und schriftlich auszudrücken (Thomas/Putzo, ZPO, 14. Aufl., § 121 Anm. 3 a; Zöller/Schneider, ZPO, 15. Aufl., § 121 Rdnr. 9). In einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist bei der Beurteilung der Erforderlichkeit zu beachten, daß das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen aufklärt (§ 12 FGG). Dementsprechend lehnt der Senat insbesondere für Verfahren betreffend das Sorge- oder Umgangsrecht die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozeßkostenhilfe in der Regel ab, und zwar auch dann, wenn die Gegenseite bereits anwaltlich vertreten ist, ihrerseits jedoch ebenfalls die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe erfüllt.
Diese Grundsätze können nicht in jedem Fall auf ein Verfahren betr. die Zuweisung der Ehewohnung im Wege der einstweiligen Anordnung (§ 1361 b BGB in Verbindung mit § 18 a HausrVO) übertragen werden. Zwar handelt es sich auch hier um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 13 Abs. 1 HausrVO). Es bestehen jedoch insoweit trotz des Amtsaufklärungsgrundsatzes Besonderheiten, als Gegenstand des Verfahrens anders als im Sorge- bzw. Umgangsrechtsverfahren der Disposition der Beteiligten unterliegt. Vor allem fehlt es an der Beteiligung eines Dritten, der ähnlich wie das Jugendamt im Sorgerechtsverfahren die Interessen eines Beteiligten wahrnimmt, so daß das Verfahren insgesamt dem zivilprozessualen Streitverfahren angenähert ist. Aufgrund der Bedeutung und Auswirkungen für die Eheleute, insbesondere aber auch im Hinblick auf das im vorliegenden Fall dargelegte sofortige Handlungsbedürfnis im Rahmen eines auf vorläufigen Rechtschutz gerichteten Verfahrens ist die Rechts- und Sachlage hier nicht als einfach anzusehen. Aufgrund der genannten Besonderheiten kann die Beiordnung eines Rechtsanwalts auch nicht deswegen versagt werden, weil die Parteien nicht in besonderem Maße geschäftlich unerfahren sind.
Insgesamt führen diese Erwägungen vorliegend zur Bejahung der Erforderlichkeit einer anwaltlichen Vertretung der Parteien und somit zur entsprechenden Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Fundstellen
Haufe-Index 3030337 |
FamRZ 1990, 892 (Volltext mit red. LS) |