Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen der Amtsaufklärung der Testierfähigkeit der zur Zeit der Errichtung des Testaments unter Betreuung stehenden Erblasserin

 

Leitsatz (amtlich)

Ein gemeinschaftliches Testament kann durch Ehegatten nicht nur in einer einzelnen, sondern auch in zwei getrennten Urkunden errichtet werden. Für die Annahme einer gemeinschaftlichen Erklärung ist es nicht ausreichend, dass die beiden Einzelurkunden am gleichen Tag und Ort und mit im Wesentlichen gleichem Inhalt errichtet worden sind, wenn sie darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür enthalten, dass die Eheleute als gemeinschaftlich erklärend aufgetreten sind.

 

Normenkette

BGB § 2229 Abs. 4, § 2265

 

Verfahrensgang

AG Bad Oeynhausen (Aktenzeichen 15 VI 574/20)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 22.12.2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Bad Oeynhausen vom 18.11.2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Beteiligten zu 2) und 3) werden dem Beteiligten zu 1) auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 155.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind die einzigen Abkömmlinge der am 00.00.1933 geborenen Erblasserin B A und ihres am 00.00.2018 vorverstorbenen Ehemannes C A.

Am 26.06.2014 errichtete die Erblasserin unter der Überschrift "Mein Testament" ein handschriftliches Testament mit im Wesentlichen folgendem Inhalt:

"1.) Ich, B A, geb. am 00.00.1933, ..., erkläre folgendes: Ich bin mit C A verheiratet. Aus unserer Ehe sind 3 Kinder hervorgegangen: ...

a) Ich bin zur Hälfte Eigentümer des oben genannten bebauten Grundstücks einschließlich Inventar. Die andere Hälfte gehört meinem Mann.

b) Ich bin ferner alleinige Eigentümerin von Geldeinlagen bei der Ebank D.

2.) Für den Erbfall auf Grund meines Todes vor meinem Mann setze ich meinen Mann als Vorerben ein und unseren Sohn F als Nacherben.

a) ...

b) Als Vorerbe meines Teileigentums am Hausgrundstück einschließlich Inventar ist mein Mann zu seiner alleinigen Nutzung berechtigt. ...

3.) Für den Erbfall auf Grund meines Todes nach meinem Mann verfüge ich folgendes:

Meinen Sohn F setze ich als Erben ein. Seine Geschwister G und H sind Pflichtteilsberechtigte. ..."

Am gleichen Tag errichtete der Ehemann der Erblasserin ebenfalls ein handschriftliches Testament mit gleichem Aufbau und im Wesentlichen gleichen Inhalt und Wortlaut. Am 22.04.2018 verfügte der Ehemann der Erblasserin auf seinem Testament handschriftlich ergänzend, dass bei einem Vorversterben der Beteiligten zu 2) und 3) deren Erben pflichtteilsberechtigt seien.

Wegen des weiteren Inhalts und des genauen Wortlauts wird auf das Original des Testaments der Erblasserin (Bl. 9 f. der Beiakte 15 IV 412/20) und die Ablichtung des Testaments ihres Ehemannes (Bl. 7 f.) Bezug genommen.

Auf Anregung des Beteiligten zu 1) und nach Anhörung der Erblasserin bestellte das Amtsgericht - Betreuungsgericht - Bad Oeynhausen mit Beschluss vom 26.07.2019 den Beteiligten zu 1) zum Betreuer der Erblasserin, da diese aufgrund einer manisch-depressiven Erkrankung und eines Zustands nach Hirninfarkt und Operation eines gutartigen Hirntumors daran gehindert sei, ihre eigenen Angelegenheiten interessengerecht zu regeln.

Etwa zur gleichen Zeit zog die Erblasserin aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen aus der bis zu dem Tod des Ehemannes mit diesem gemeinsam und danach allein bewohnten Immobilie in ein Pflegeheim.

Nach dem Inhalt eines anlässlich der Verpflichtung des Beteiligten zu 1) als Betreuer der Erblasserin gefertigten Aktenvermerks vom 27.08.2019 erklärte der Beteiligte zu 1) gegenüber der Rechtspflegerin des Betreuungsgerichts u. a., die Erblasserin sei mittlerweile nicht mehr testierfähig und er wolle das leerstehende Haus der Erblasserin übernehmen, da er es nach dem Testament der Erblasserin später erhalten solle.

Dies nahm die Rechtspflegerin zum Anlass, die Bestellung eines berufsmäßigen Ergänzungsbetreuers gegenüber dem Betreuungsrichter anzuregen.

Wegen des genauen Inhalts des Aktenvermerks wird auf Bl. 53 der beigezogenen Betreuungsakte (17 XVII 329/19 - Sch) Bezug genommen.

In einer daraufhin eingeholten Stellungnahme der Betreuungsstelle des Kreises D vom 13.09.2019 ist als Zusammenfassung aufgeführt:

"Offenbar hat ein Notar die Betroffene für nicht mehr testierfähig erachtet (s. dortige Verfügung vom 27.08.19), sodass die Betreuung wohl weitergeführt werden muss.

Für den Aufgabenkreis Grundstücks- und Immobilienangelegenheiten wird ein Berufsbetreuer vorgeschlagen."

Die Erblasserin unterzeichnete am 05.10.2019 eine maschinenschriftliche Erklärung, wonach ihr Ehemann am 26.06.2014 mit dem von ihm gefertigten Testament zu ihr gekommen sei und sie aufgefordert habe, ein gleiches Testament unter ihrem Namen zu verfassen. Sie habe ihm wie auch sonst in finanziellen Angelegenheiten blind vertraut und sein Testament abgeschrieben.

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die Er...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge