Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellung eines ausländischen Urteils im Parteibetrieb
Leitsatz (amtlich)
Ein deutscher Gerichtsvollzieher ist nicht verpflichtet, ein Versäumnisurteil eines dänischen Gerichts im Parteibetrieb zuzustellen.
Normenkette
HZÜ Art. 10; HZÜ-AusfG § 6 S. 2
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert wird auf bis zu 600 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte zu 1) hat gegen eine in Deutschland wohnhafte Schuldnerin ein Versäumnisurteil des AG Thisted/Dänemark erwirkt. Nach ihrem Vorbringen werden derartige Urteile nach dänischem Recht nicht von Amts wegen zugestellt, so dass eine Zustellung im Wege internationaler Rechtshilfe nicht in Betracht komme. Sie hat über ihre deutschen Verfahrensbevollmächtigten bei dem Beteiligten zu 2) die Zustellung des Titels an die Schuldnerin beantragt. Der Beteiligte zu 2) hat dies – auf Weisung des Präsidenten des AG Dortmund – durch Schreiben vom 25.11.2002 abgelehnt. Hiergegen hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 4.12.2002 – bei Gericht eingegangen am 6.12.2002 – Antrag auf gerichtliche Entscheidung stellen lassen. Mit diesem beantragt sie, den Beteiligten zu 2) zu verpflichten, den Zustellungsauftrag auszuführen. Sie vertritt die Ansicht, dass eine Auslandszustellung i.S.d. Haager Übereinkommens nicht vorliege, da es an einem grenzüberschreitenden Zustellungsvorgang fehle. Das dänische Recht gebe der Beteiligten zu 1) keine Möglichkeit, den Rechtshilfeweg zu beschreiten, so dass die Zustellung nur im Parteibetrieb und damit im Inland durchgeführt werden könne.
II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, Die Monatsfrist des § 26 EGGVG ist gewahrt, da der Bescheid des Beteiligten zu 2) vom 25.11.2002 datiert und der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits am 6.12.2002 eingegangen ist.
Lehnt der Gerichtsvollzieher eine ihm angetragene Zustellung ab, so trifft er als Justizbehörde eine Maßnahme zur Regelung einer einzelnen Angelegenheit auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts, gegen die der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 23 EGGVG statthaft ist. Da die Zustellung nach § 750 ZPO zwar Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist, jedoch noch nicht zum Zwangsvollstreckungsverfahren selbst gehört, ist der speziellere Rechtsbehelf des § 766 ZPO nicht einschlägig. Wird der Gerichtsvollzieher außerhalb der Zwangsvollstreckung tätig, so handelt er auch als funktionelle Justizbehörde i.S.d. § 23 EGGVG (vgl. OLG Köln v. 30.12.1999 – 7 VA 2/99, OLGReport Köln 2000, 340).
Der Durchführung eines Beschwerdeverfahrens (§ 24 Abs. 2 EGGVG) bedarf es nicht, weil die Ablehnung eines Zustellungsauftrages nicht der Beschwerde oder einem anderen förmlichen Rechtsbehelf im Verwaltungsverfahren unterliegt. Da die Beteiligte zu 1) geltend macht, durch die Verweigerung der Zustellung in ihren Rechten verletzt zu sein, ist der Antrag auch sonst zulässig (§ 24 Abs. 1 EGGVG).
Der Antrag ist jedoch in der Sache nicht begründet, weil die Verweigerung der Zustellung nicht rechtswidrig und die Beteiligte zu 1) dadurch in ihren Rechten nicht verletzt ist (§ 28 Abs. 2 S. 1 EGGVG).
Nach § 154 GVG i.V.m. § 4 Abs. 2 GVO (Bundesfassung) ist der Gerichtsvollzieher verpflichtet, diejenigen Aufträge auszuführen, deren Übernahme ihm durch Gesetz oder Verwaltungsanordnung der obersten Landesjustizbehörde vorgeschrieben ist. Eine solche rechtliche Grundlage für die hier begehrte Zustellungstätigkeit des Gerichtsvollziehers fehlt.
Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1) fällt die Zustellung eines dänischen Urteils in der Bundesrepublik Deutschland in den Regelungsbereich des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15.11.1965 (HZÜ). Das HZÜ ist zwischen dem Königreich Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland, die zu den Vertragsstaaten gehören, nach wie vor geltendes Recht, da im Verhältnis zu Dänemark aus den Gründen des 18. Erwägungsgrundes der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29.5.2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen (EG-ZustellungsVO) dieselbe keine Geltung hat.
Nach Art. 1 HZÜ findet das Übereinkommen u.a. Anwendung, wenn ein gerichtliches Schriftstück in das Ausland zu übermitteln ist. Das Übereinkommen verwendet dabei naturgemäß einen relativen Begriff des Auslands, der sich aus dem Verhältnis des u.a. in Art. 3 des Übereinkommens verwendeten Begriffs des „Ursprungsstaates” und des in Art. 10 verwendeten Begriffs des „Bestimmungsstaates” ergibt. Ursprungsstaat ist derjenige Staat, aus dessen Hoheitsbereich das zuzustellende Schriftstück stammt, Bestimmungsstaat derjenige, auf dessen Hoheitsgebiet die Zustellung erfolgen soll.
Die Auffassung der Beteiligten zu 1), es liege hier das Ersuchen um eine Inlandszustellung vor, weil die Zustellung nicht von einem Gericht oder einer Behörde Dänemarks ausgehe und angesichts der dänischen Gesetzeslage a...