Leitsatz (amtlich)
1. Ist der Wirkungskreis eines Ergänzungspflegers auf die Regelung der Erbauseinandersetzung des minderjährigen Kindes mit der ansonsten allein sorgeberechtigten Kindesmutter beschränkt, gehört die Aufnahme eines Darlehens im Namen des Kindes zur Finanzierung der Erbschaftssteuer und zur Finanzierung der Erbauseinandersetzung zum Wirkungskreis des Ergänzungspflegers.
2. Der Abschluss eines Darlehensvertrages durch eine BGB-Gesellschaft, an der das minderjährige Kind beteiligt ist, zur Finanzierung der Erbauseinandersetzung mit der Kindesmutter bedarf der familiengerichtlichen Genehmigung.
3. Das Familiengericht darf sich dabei nicht auf die Genehmigung der Erklärungen des Ergänzungspflegers im Zusammenhang mit den gefassten Gesellschafterbeschlüssen beschränken. Es hat vielmehr die Genehmigungsfähigkeit der von der BGB-Gesellschaft geschlossenen Darlehensverträge zu prüfen.
4. Die Beschwerde der BGB-Gesellschaft als Darlehensnehmer gegen die Versagung der familiengerichtlichen Genehmigung ist unzulässig. Für den oder die Vertragspartner des zu genehmigenden Rechtsgeschäfts ergibt sich aus der Versagung oder Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung grundsätzlich keine Rechtsbeeinträchtigung.
Normenkette
FamFG § 59; BGB § 1643 Abs. 1 S. 1, § 1822 Nrn. 3, 8
Verfahrensgang
AG Gladbeck (Beschluss vom 17.08.2015; Aktenzeichen 20 F 298/14) |
Tenor
1. Auf die Anschlussbeschwerde des Ergänzungspflegers vom 05.02.2016 werden der am 10.07.2015 und der am 17.08.2015 erlassene Beschluss des AG - Familiengericht - Gladbeck abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Gesellschafterbeschlüsse der Neue Grundstücks-GbR T aus der Gesellschafterversammlung vom 29.06.2015 werden, soweit das Kind von dem Ergänzungspfleger und/oder der Kindesmutter in der genannten Gesellschafterversammlung vertreten worden ist, für das minderjährige Kind O T, geboren am 18.03.2010, das an der Neue Grundstücks-GbR T als Mitgesellschafterin beteiligt ist, familiengerichtlich genehmigt.
Der von der Neue Grundstücks-GbR T als Darlehensnehmerin abgeschlossene Darlehensvertrag vom 12.06.2015 mit Frau T2 als Darlehensgeberin wird für das minderjährige Kind O T, geboren am 18.03.2010, das an der Neue Grundstücks-GbR T als Mitgesellschafterin beteiligt ist, familiengerichtlich genehmigt.
Der von der Neue Grundstücks-GbR T als Darlehensnehmerin abgeschlossene Darlehensvertrag vom 15.06.2015 mit der X GmbH & Co. KG als Darlehensgeberin wird für das minderjährige Kind O T, geboren am 18.03.2010, das an der Neue Grundstücks-GbR T als Mitgesellschafterin beteiligt ist, familiengerichtlich genehmigt.
2. Die sofortige Beschwerde der Neue Grundstücks-GbR T vom 07.09.2015 wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen den am 10.07.2015 erlassenen Beschluss des AG - Familiengericht - Gladbeck richtet.
3. Die sofortige Beschwerde der Neue Grundstücks-GbR T vom 07.09.2015 wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den am 17.08.2015 erlassenen Beschluss des AG - Familiengericht - Gladbeck richtet.
4. Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
5. Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das minderjährige Kind O T (im Folgenden: das Kind) ist aus der Ehe ihrer Mutter (im Folgenden: die Kindesmutter) mit Herrn T hervorgegangen (im Folgenden: der Erblasser). Der Erblasser verstarb am 22.11.2013. Erben des Erblassers sind das Kind und die Kindesmutter zu je ½. Auf den von dem AG Gladbeck erteilten Erbschein vom 03.12.2013 wird Bezug genommen (AZ: AG Gladbeck, 2 VI 522/13).
Wesentlicher Vermögensgegenstand des Erblassers ist eine von dem Erblasser in Höhe von ca. 32 % gehaltene Beteiligung an der Neue Grundstücks-GbR T, der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren, gewesen. An dieser waren neben dem Vater des Erblassers mit einer geringfügigen Beteiligung von rund 4 %, der Erblasser selbst und dessen zwei Schwestern Frau U, geborene T, die jetzige Geschäftsführerin der Antragstellerin und Frau H, geborene T, mit jeweils gleichen Anteilen beteiligt. Gegenstand der Gesellschaft war und ist das Halten und Verwalten des Immobilienvermögens der Familie T. Das Kind ist aufgrund einer qualifizierten Nachfolgeklausel alleiniger Rechtsnachfolger des Erblassers hinsichtlich des Anteils des Erblassers an der Antragstellerin geworden. Durch den Erbfall sind das Kind und die Kindesmutter außerdem zu je ½ Rechtsnachfolger des Erblassers in dessen Kommanditbeteiligung an der X GmbH & Co. KG (im Folgenden: die KG). Auch diese verfügt, wenn auch in geringerem Umfang, über Immobilienvermögen. Ihr wesentlicher Zweck ist jedoch die Verwaltung des Immobilienvermögens der Antragstellerin. Anlässlich der erforderlichen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft des Kindes mit der Kindesmutter kommt aufgrund der hälftigen Erbfolge einerseits und der einseitigen Rechtsnachfolge des Kindes in die Beteiligung an der Antragstellerin andererseits ein erheblicher Abfindungsanspruch der Kindes...