Leitsatz (amtlich)
Zum Anwendungsbereich des § 6 Abs. 4 EichO und zur Frage, ob ein entgegen § 6 Abs. 4 EichO erzieltes Messergebnis einem Beweisverwertungsverbot unterliegt.
Verfahrensgang
AG Meschede (Entscheidung vom 17.11.2003) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Das Urteil des Amtsgerichts Meschede wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Meschede zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Landrat des Hochsauerlandkreises Arnsberg hat mit Bußgeldbescheid vom 19. August 2003 gegen den Betroffenen wegen Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts um 16,3 % (6537 kg) gem. § 24 Abs. 2 StVG, § 34 Abs. 3, § 69 a StVZO eine Geldbuße in Höhe von 75,00 EUR festgesetzt. Mit Urteil vom 17. November 2003 hat das Amtsgericht Meschede den Betroffenen von diesem Vorwurf aus Rechtsgründen freigesprochen und im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
"Am 09.07.2003 um 15.30 Uhr transportierte der Betroffene mit dem Lkw Marke MAN mit Anhänger, amtliches Kennzeichen der Zugmaschine XXX, amtliches Kennzeichen des Anhängers SO - TE 745, Fichten-Langholz. In Bestwig-Velmede wurde der Betroffene von den Polizeibeamten des Verkehrsdienstes R. und S. angehalten. Er wurde mit seinem Fahrzeug zur Firma H. in Meschede geleitet. Dort wurde das Fahrzeug mittels einer Vierfachwägung gewogen. Die Waage in H. ist geeicht bis 2005. Vom Ergebnis der Wägung wurde noch ein Toleranzabschlag von 2,7 % genommen. Es wurde ein Gewicht von 46537 kg anstatt der erlaubten 40000 kg festgestellt, somit eine Überladung von 16,3 % oder 6537 kg."
Nach Auffassung des Amtsgerichts konnte dieses Ergebnis jedoch nicht Grundlage einer Verurteilung sein, da die zur Ermittlung der Überschreitung des Gesamtgewichts benutzte Waage nach den Ausführungen des in der Hauptverhandlung vernommenen Sachverständigen nicht den Anforderungen des § 6 Abs. 4 EichO entspreche. Danach darf derjenige, der eine Straßenfahrzeugwaage im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr verwendet, das Gesamtgewicht des Fahrzeugs nicht durch achsweises Wägen ermitteln, wenn die Beruhigungsstrecke vor oder hinter der Waagenbrücke nicht mit dieser auf gleicher Höhe liegen und nicht gerade oder waagerecht ausgeführt sind. Die Waage H. in Meschede erfülle diese Voraussetzungen nicht. Der Sachverständige habe festgestellt, dass die Waage jedoch grundsätzlich innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen messtechnisch richtig anzeige. Eine Vergleichswägung habe ergeben, dass die maximale Abwägung zu einer Wägung bei H. minus 0,53 % betrage.
Das Amtsgericht hielt § 6 Abs. 4 EichO für anwendbar, weil auch die Straßenverkehrsüberwachung durch die Polizei unter dem Begriff "amtlicher Verkehr" falle und hat den Betroffenen aus Rechtsgründen freigesprochen. Denn die Waage mit den Beruhigungsstrecken erfülle nicht die Voraussetzung der vorgenannten Norm und deshalb unterliege das mittels dieser Waage festgestellte Gesamtgewicht einem Beweisverwertungsverbot.
Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft Arnsberg form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen und auf die Rechtsbeschwerde das Urteil des Amtsgerichts Meschede aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Der Betroffene hat in seiner Gegenerklärung durch seinen Verteidiger ebenfalls zu der Rechtsfrage vortragen lassen. Zudem hat er hilfsweise für den Fall, dass die Rechtsbeschwerde nicht zurückgewiesen werde, eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gem. Art. 234 EG-Vertrag beantragt.
II.
Die Rechtsbeschwerde war gem. § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des Rechts zuzulassen. Eine Rechtsbeschwerde ist zur Fortbildung des Rechts u.a. dann zuzulassen, wenn eine Rechtsfrage zu klären ist oder die Festigung einer bereits geklärten Rechtsfrage von Nöten ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Entscheidungserheblich ist hier zum einen der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 4 EichO und zum anderen die Rechtsfrage, ob das entgegen § 6 Abs. 4 EichO erzielte Messergebnis einem Beweisverwertungsverbot unterliegt. Der Senat hat zwar in dem Parallel-Verfahren 4 Ss OWi 165/04 und 225/04 zu den angesprochenen Rechtsfragen Stellung genommen, doch ist eine Festigung dieser Rechtsprechung erforderlich, da Anwendungsbereich und Auslegung der geforderten Norm bei verschiedenen Amtsgerichten uneinheitlich gehandhabt worden ist und bei dem Amtsgericht Meschede auch in anderen gleich gelagerten Fällen zu Freisprüchen geführt hat.
Bei der Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde handelt es sich um eine Entscheidung des Einzelrichters des Senats (§ 80 a Abs. 2 Nr. 2 OWiG), welcher die Zulassung der Sache gem. § 80 a Abs. 2 OWiG auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen hat.
III.
Die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg, der die Generalstaatsanwaltschaft Hamm beigetreten ist, ist...