Leitsatz (amtlich)
Zum Anwendungsbereich des § 6 Abs. 4 EichO und zur Frage, ob ein entgegen § 6 Abs. 4 EichO erzieltes Messergebnis einem Beweisverwertungsverbot unterliegt
Verfahrensgang
AG Meschede (Entscheidung vom 17.11.2003) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Das Urteil des Amtsgerichts Meschede wird mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Meschede zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der Landrat des Hochsauerlandkreises Arnsberg hat mit Bußgeldbescheid vom 14.Oktober 2002 gegen den Betroffenen wegen Überschreitung des zulässigen Gesamtgewichts um 20,5 % (= 8.213 kg) gem. §§ 24 Abs.2 StVG, 34 Abs.3, 69a StVZO eine Geldbuße in Höhe von 250,- EUR festgesetzt. Das Amtsgericht Meschede hat den Betroffenen mit Urteil vom 17.November 2003 von diesem Vorwurf aus Rechtsgründen freigesprochen.
Das Amtsgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
Der Betroffene transportierte am 19. August 2002 Fichten-Langholz mit dem LKW Marke Scania, amtliches Kennzeichen der Zugmaschine XXXXXXXX, amtliches Kennzeichen des Anhängers XXXXXXXXX. Auf der B 55 in Höhe des Ortsausganges Eslohe wurde der Betroffene von Polizeibeamten des Verkehrsdienstes angehalten und mit seinem Fahrzeug zur Firma Raiffeisen Eslohe-Bremke geleitet, wo sich eine bis 2005 geeichte Straßenfahrzeugwaage befindet. Da das Fahrzeug nicht in voller Länge auf die Waage gefahren werden konnte, musste achsweise gewogen werden. Dabei wurde eine Vierfachwägung vorgenommen. Von dem Ergebnis der Wägung wurde noch eine Toleranz in Höhe von 2,48% abgezogen. Daraus ergab sich ein Gesamtgewicht in Höhe von 48.213 kg anstatt des zulässigen Gewichts in Höhe von 40.000 kg und damit eine Überladung in Höhe von 20,5%.
Dieses Ergebnis konnte nach den Feststellungen des Amtsgerichts jedoch nicht Grundlage einer Verurteilung sein, da die zur Ermittlung der Überschreitung des Gesamtgewichts benutzte Waage nach den Ausführungen des in der Hauptverhandlung vernommenen Sachverständigen nicht den Anforderungen des § 6 Abs.4 EichO entspreche. Nach dem Wortlaut dieser Norm darf derjenige, der eine Straßenfahrzeugwaage im geschäftlichen oder amtlichen Verkehr verwendet, das Gesamtgewicht des Fahrzeugs nicht durch achsweises Wägen ermitteln, wenn die Beruhigungsstrecken vor oder hinter der Wagenbrücke nicht mit dieser auf gleicher Höhe liegen und nicht gerade oder waagerecht ausgeführt sind. Diese Voraussetzungen erfülle die Waage in Eslohe-Bremke nicht. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hat der Sachverständige weiter ausgeführt, dass die Waage aber grundsätzlich innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen messtechnisch richtig anzeige. Dies habe eine Vergleichswägung auf einer Waage, welche Zugmaschine und Anhänger im Ganzen erfasse, bei der Firma P. ergeben. Die maximale Abweichung zu einer Wägung auf der hier betroffenen Waage betrage -0,33%.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen aus Rechtsgründen freigesprochen. Es hielt § 6 Abs.4 EichO für anwendbar, denn auch die Straßenverkehrsüberwachung durch die Polizei falle unter "amtlicher Verkehr". Da aber die Waage mit den Beruhigungsstrecken in Eslohe-Bremke die Voraussetzungen der vorgenannten Norm nicht erfülle, unterliege das mittels dieser Waage festgestellte Gesamtgewicht einem Beweisverwertungsverbot.
Gegen dieses der Staatsanwaltschaft Arnsberg am 02. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat die Staatsanwaltschaft, welche in der Hauptverhandlung nicht anwesend war, am 08. Dezember 2003 Rechtsmittel eingelegt und dieses mit am 30. Dezember 2003 beim Amtsgericht Meschede eingegangen Schreiben als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde und Rechtsbeschwerde bezeichnet und begründet. Die Staatsanwaltschaft hat die Verletzung materiellen Rechts gerügt, da es die Rechtsauffassung des Amtsgerichts nicht teilt.
In seiner Gegenerklärung hat der Betroffene über seinen Verteidiger ebenfalls zu der Rechtsfrage vortragen lassen. Zudem hat er hilfsweise für den Fall, dass die Rechtsbeschwerde nicht zurückgewiesen werde, eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof gem. Artikel 234 EG-Vertrag beantragt. Zur Begründung trägt er vor, dass sich die Waage in Eslohe-Bremke bei einem achsweisen Wiegen nicht innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen halte. Diese Verkehrsfehlergrenzen seien in der Richtlinie des Europäischen Rates vom 20.06.1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über nichtselbsttätige Waagen (90/384/EWG) festgehalten. Nur wenn das zu wiegende Fahrzeug auf einmal auf die Waagenbrücke passe, würden die Verkehrsfehlergrenzen eingehalten. Nur für diese Art von Wägung sei die Waage auch geeicht. Für ein achsweises Wägen hingegen sei die Waage nicht zugelassen und auch nicht zulassungsfähig, so dass auch keine Eichung vorliege. Da die Voraussetzungen der Europäischen Richtlinie 90/384/EWG und des § 715 Abs.2 Nr.2 Eich0 für die Verwendung einer nichtselbsttätigen Waage nicht vorlägen, se...