Leitsatz (amtlich)
Eine Verweisung durch ein nach gesetzlichen Vorschriften zuständiges Gericht an das Gericht einer Gerichtsstandvereinbarung ist rechtsfehlerhaft, wenn Gerichtsstandvereinbarung keinen ausschließlichen Gerichtsstand begründet. In diesem Fall ist der Verweisungsbeschluss nicht bindend, wenn nicht nachvollziehbar ist, ob das verweisende Gericht rechtsfehlerhaft eine ausschließliche Gerichtsstandvereinbarung oder - ebenfalls rechtsfehlerhaft - eine Verweisungsmöglichkeit trotz des bereits ausgeübten Wahlrechts angenommen hat.
Tenor
Zuständig ist das Landgericht F.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt den in C wohnhaften Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch. Sie hat dem Beklagten das Darlehen nach ihrem Vortrag zum Erwerb von Vermögensgegenständen gewährt, die dem Betrieb seines Unternehmens dienen sollten.
Die Klägerin hat den Anspruch zunächst im Mahnverfahren geltend gemacht und das Landgericht F als das Prozessgericht benannt, an das das Verfahren im Fall eines Widerspruchs abgegeben werden solle. Auf den Widerspruch der Beklagten hat das Mahngericht das Verfahren an das Landgericht F abgegeben.
Nach der Abgabe hat die Klägerin den Anspruch gegenüber dem Landgericht F begründet. Der Anspruchsbegründungsschrift beigefügt war eine Kopie der zwischen den Parteien am 17./29.10.2014 getroffenen Vereinbarung. Unter § 7 "Sonstige Vereinbarungen" heißt es in Abs. 3: "Erfüllungsort für alle Zahlungen ist der Sitz des Darlehensgebers. Gerichtsstand ist L (Gerichtsstands Vereinbarung gem. § 29 ZPO)." Ausführungen zur Zuständigkeit enthält die Klageschrift nicht.
Das Landgericht F hat mit Verfügung vom 16.01.2017 darauf hingewiesen, dass seine örtliche Zuständigkeit fraglich sei, da nach der wirksamen und auf die streitgegenständlichen Ansprüche anwendbaren Gerichtsstandsvereinbarung in § 7 des geschlossenen Vertrags das Landgericht L zuständig sein dürfe. Die Klägerin hat daraufhin die Verweisung an das Landgericht L beantragt. Der Beklagte hat nicht Stellung genommen.
Mit Beschluss vom 09.03.2017 hat das Landgericht F sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht L verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei örtlich unzuständig, da der zwischen den Parteien als Kaufleuten geschlossene Vertrag in § 7 eine wirksame, die streitgegenständlichen Ansprüche umfassende Gerichtsstandsvereinbarung enthalte.
Das Landgericht L hat sich nach Anhörung der Parteien, auf die diese keine Stellungnahme abgegeben haben, mit Beschluss vom 18.04.2017 ebenfalls für unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Hamm zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit vorgelegt. Aus § 7 der Vereinbarung zwischen den Parteien folge nur ein fakultativer Gerichtsstand in L. Es sei kein Umstand ersichtlich, der dafür spreche, dass die Parteien mit § 7 Abs. 3 einen ausschließlichen Gerichtsstand hätten vereinbaren wollen. Der Verweisungsbeschluss habe unter diesen Umständen keine Bindungswirkung.
Die Parteien sind im Verfahren über die Bestimmung des Gerichtsstands angehört worden. Die Klägerin hat nicht Stellung genommen. Der Beklagte spricht sich nunmehr gegen die Verlegung nach L aus.
II.
1.
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Verschiedene ordentliche Gerichte, die Landgerichte F und L, haben sich jeweils für unzuständig erklärt. Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung berufen, weil das für diese Landgerichte zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof wäre und das zunächst mit der Sache befasste Prozessgericht, das Landgericht F, im seinem Bezirk liegt.
2.
Zuständig ist das Landgericht F.
a)
Die Zuständigkeit des Landgerichts F folgt aus dem allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten gemäß §§ 12, 13 ZPO.
b)
Diese Zuständigkeit wird auch nicht durch die zwischen den Parteien wirksam vereinbarte Gerichtsstandsvereinbarung ausgeschlossen. Die Parteien haben L nicht als ausschließlichen Gerichtsstand vereinbart.
Der Wortlaut von § 7 der Vereinbarung lässt nicht sicher erkennen, ob der Gerichtsstand in L als zusätzlicher Gerichtsstand neben die gesetzlichen Gerichtsstände treten soll oder ob mit ihm alle anderen Gerichtsstände ausgeschlossen werden sollen. Mit § 21 ZPO nennt der Text eine Vorschrift, die keinen ausschließlichen Gerichtsstand regelt, ohne insoweit eine weitergehende Aussage zu treffen. Ist der Wortlaut einer Gerichtsstandsvereinbarung nicht eindeutig, muss ihr Inhalt nach den Umständen und der Interessenlage ausgelegt werden. Es spricht weder eine Vermutung für eine Ausschließlichkeit der Zuständigkeit eines prorogierten Gerichtes noch gegen sie (st. Rspr., z.B. BGH, Urt. v. 05.07.1972 - VIII ZR 118/71, BGHZ 59, 116ff., NJW 1972, 1671, 1672; BGH, Urt. v. 23.07.1998 - II ZR 286/97, NJW-RR 1999, 137, 138; Vollkommer in: Zöller, 31. Aufl. 2016, § 38 ZPO Rn. 14 m.w.N.).
Die Auslegung des von den Parteien geschlossenen Vertrags führt dazu, dass eine Rechtsverfolgung gegen den Beklagten ...