Leitsatz (amtlich)

Für einen als Gehilfen einer unerlaubten Handlung in Anspruch genommenen Beklagten bestimmt sich der Gerichtsstand nach dem Erfolgsort der deliktischen Tat. Auch im Rahmen des § 32 ZPO muss sich ein Gehilfe die von einem anderen Tatbeteiligten erbrachten Tatbeiträge zurechnen lassen. Eine Verweisung eines Rechtsstreits mit mehreren Beklagten ist grob fehlerhaft und nicht bindend, wenn sie an ein Gericht erfolgt, dass aus Sicht des verweisenden Gerichts für einen der Beklagten nicht zuständig ist. In diesem Fall hätte das mit dem Rechtsstreit befasste Gericht eine Vorlage an das Oberlandesgericht gem. § 36 I Nr. 3 ZPO oder eine Prozesstrennung zu erwägen.

 

Tenor

Zuständig ist das Landgericht F.

 

Gründe

I.

Die in H wohnhafte Klägerin macht mit ihrer beim Landgericht F erhobenen Klage Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend, deren allgemeine Gerichtsstände sich im Zeitpunkt der Klagezustellung im Bezirk der Landgerichte T (Beklagter zu 1) und G (Beklagter zu 2) befanden. Zur Begründung trägt sie unter anderem Folgendes vor:

Sie habe in einem in ihrer Wohnung erfolgten Beratungsgespräch vom Geschäftsmodell der E AG erfahren, das ihr als vermeintlich sicher und gewinnbringend zugesagt worden sei. Deshalb habe sie im Juni 2010 einen ihr vorgelegten vorformulierten Kauf- und Abtretungsvertrag unterzeichnet und so ein Angebot zum Verkauf und zur Abtretung sämtlicher Rechte an einer Lebensversicherung abgegeben.

Der Beklagte zu 1 sei als Treuhänder in das Vertriebssystem eingebunden gewesen. Auch im Fall der Klägerin habe der Beklagte zu 1 im Auftrag der E AG die erforderlichen Erklärungen (Kündigung) gegenüber der Lebensversicherung abgegeben. Sobald die Werte beim Beklagten zu 1 eingegangen seien, habe dieser sie an die E AG weitergeleitet, die im Anschluss mit Schreiben vom 01.10.2010 die Zeichnung des Kaufvertrags mitgeteilt habe. Zeitgleich habe die E AG erklärt, der Beklagte zu 1 habe eine Zahlung von 8.694,75 EUR an sie weitergeleitet, der zugesicherte Kaufpreis von 17.389,50 EUR werde am 01.10.2018 geleistet. Im August 2012 sei der E AG der weitere Vertrieb ihrer Produkte wegen Verstoßes gegen das Schweizerische Bankengesetz untersagt worden; im März 2013 sei der Konkurs über das Vermögen der E AG eröffnet worden.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass beide Beklagten (zumindest auch) deliktisch haften wegen des Betreibens eines erlaubnispflichtigen und mangels Vorliegens einer Erlaubnis damit verbotenen Bankgeschäfts, indem private Lebensversicherungen unter Vereinbarung einer Stundung des Kaufpreises angekauft worden seien. Vor diesem Hintergrund ergebe sich die Zuständigkeit des Landgerichts F gem. § 32 ZPO, da die verbotene Finanzdienstleistung durch die Vertragsanbahnung in ihrer Wohnung stattgefunden habe. Zur deliktischen Haftung des Beklagten zu 1 führt sie unter anderem aus, dieser habe selbst durch die treuhänderische Entgegennahme der Gelder ein unerlaubtes Bankgeschäft getätigt. Zudem habe er schon durch die Erklärung, die Vertragsabwicklung vorzunehmen, zur Haupttat Hilfe geleistet. Er habe das Geschäftsmodell umgesetzt, wobei er aufgrund vorangegangener Gespräche über die Hintergründe des Geschäftsmodells umfassend informiert gewesen sei; insbesondere habe er gewusst, dass die E AG nicht über eine Bankerlaubnis verfügt habe. Der Beklagte zu 2 sei während der gesamten Zeit des Bestehens der E AG Mitglied der Geschäftsleitung und Direktor der E AG gewesen.

Der Beklagte zu 1 hat in der Klageerwiderung die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts F gerügt, da keiner der Beklagten seinen Wohnsitz im dortigen Bezirk habe. Zu einem Gerichtsstand nach § 32 ZPO fehle Vortrag zu einem Verhältnis der Beklagten zu 1 und 2, das eine Anwendung von § 830 BGB rechtfertigen könne. Eine Bestimmung des Landgerichts T als zuständiges Gericht würde den maßgeblichen Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit und Prozesswirtschaftlichkeit entsprechen. Der Beklagte zu 2 hat sich der Rüge der örtlichen Unzuständigkeit angeschlossen und angekündigt, sich auf die Zuständigkeit des Landgerichts T einzulassen, sollte das Gericht eine entsprechende Verweisung in Erwägung ziehen. Die Klägerin hat mehrfach hilfsweise die Bestimmung des zuständigen Gerichts oder die Vorlage des Rechtsstreits an das OLG Hamm zur Entscheidung über die Gerichtszuständigkeit, später dann hilfsweise die Verweisung an das Landgericht T beantragt.

Mit Beschluss vom 28.02.2017 hat sich das Landgericht F für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht T verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass seine Zuständigkeit gem. § 32 ZPO nicht erkennbar sei, soweit sich die Klage gegen den Beklagten zu 1 richte. Die schlichte Behauptung der Klägerin, dieser habe Beihilfe geleistet, sei nicht schlüssig. Für sie sei im Zeitpunkt der Vertragsanbahnung nicht absehbar gewesen, in wieweit der Beklagte zu 1 später involviert sein werde. Das Landgericht T sei sicher örtlich zuständig, da der Beklagte zu 1 dort seinen allgem...

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