Leitsatz (amtlich)
Der Ort, an dem der Schaden aus einem unmittelbar gegen das Vermögen als Ganzes gerichteten deliktischen Eingriff eingetreten ist, liegt regelmäßig am Wohnsitz bzw. Sitz des Geschädigten.
Um einen solchen Eingriff in das Vermögen als Ganzes handelt es sich, wenn der Schaden bereits in der Eingehung einer ungewollten Verpflichtung liegt.
Liegt der Vermögensschaden bereits im Vertragsabschluss, kommt es für die Bestimmung des Schadensorts nicht darauf an, wo und wie das nach dem Vertrag geschuldete Entgelt im Einzelfall geleistet worden ist.
Normenkette
ZPO §§ 32, 36 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 3 O 656/19) |
Tenor
Das Landgericht Dortmund wird für örtlich zuständig erklärt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz wegen des Kaufs eines nach seinem Vortrag von dem sog. "Abgasskandal" betroffenen Dieselfahrzeuges in Anspruch.
1. Der in W wohnende Kläger verlangt mit der bei dem Landgericht Dortmund eingereichten Klage von dem Beklagten zu 1), einer in Dortmund ansässigen Z-Vertragshändlerin, die Rückabwicklung eines in Dortmund geschlossenen Kaufvertrages über ein Dieselfahrzeug der Marke Z Y 3,0 l Diesel. Von der Beklagten zu 2), der in X ansässigen Z AG, verlangt der Kläger als Herstellerin des Fahrzeuges die Feststellung der Einstandspflicht für aus der Beschaffenheit der Abgasreinigungseinrichtungen des Fahrzeuges resultierenden Schäden.
Der Kläger erwarb nach seinem Vortrag am 16.06.2014 bei der Beklagten zu 1) ein von der Beklagten zu 2) hergestelltes Fahrzeug der Marke Z Y 3,0 l Diesel zu einem Kaufpreis in Höhe von 76.150,44 EUR.
Der Kläger meint, das streitgegenständliche Fahrzeug sei von dem sog. "Abgasskandal" betroffen, weil es bereits bei der Übergabe mit einer Software ausgestattet gewesen sei, die die Emissionskontrollsysteme manipuliert habe. Hierbei handele es sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung.
Der Kläger macht geltend, er habe das als der Schadstoffklasse EURO 6 zugehörig ausgewiesene Fahrzeug aufgrund von Angaben der Beklagten zu Schadstoffausstoß und Kraftstoffverbrauch erworben. Die Beklagte zu 2) habe ihre Kunden und Behörden getäuscht.
2. Das Landgericht Dortmund hat den Kläger mit Verfügung vom 20.01.2020 darauf hingewiesen, es dürfe nach der zitierten Rechtsprechung des Senats (u. a. Beschlüsse vom 26.10.2018 zu den Aktenzeichen 32 SA 30/18, 32 SA 32/18 und 32 SA 46/18) für die Frage der örtlichen Zuständigkeit nach § 32 ZPO maßgeblich darauf ankommen, wo die Erfüllungshandlung i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB erfolgt sei. Erforderlich zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit sei ein Vortrag dazu, wann und wie konkret der Kaufpreis für das streitgegenständliche Fahrzeug gezahlt worden sei. Anhaltspunkte für eine örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund für die gegen die in X ansässige Beklagte zu 2) bestünden nicht.
Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 26.02.2020 die Ansicht vertreten, das Landgericht Dortmund sei hinsichtlich der Klage gegen die Beklagte zu 1) gem. § 17 ZPO zuständig. Es sei zweckmäßig, die Klage gegen die Beklagte zu 2) mit zu verhandeln, weil die Parteien Streitgenossen seien. Hilfsweise hat der Kläger beantragt, eine Gerichtsstandbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vorzunehmen und die Sache dem Oberlandesgericht Hamm vorzulegen.
Der Kläger hat nach weiterem Hinweis des Landgerichts, sein Vortrag zu der Überweisung des Kaufpreises müsse konkretisiert werden, mit Schriftsatz vom 10.09.2020 mitgeteilt, er habe den Kaufpreis per Online-Banking von seinem Wohnort aus überwiesen.
Das Landgericht Dortmund hat das Verfahren mit Beschluss vom 23.12.2020 dem Oberlandesgericht Hamm gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit vorgelegt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagten hätten unterschiedliche allgemeine Gerichtsstände gem. §§ 12, 17 ZPO. Die Beklagte zu 1) habe ihren Gerichtsstand im Bezirk des Landgerichts Dortmund, die Beklagte zu 2) im Bezirk des Landgerichts Stuttgart. Ein gemeinsamer Gerichtsstand der Beklagten lasse sich nicht feststellen. Es bestehe kein besonderer Gerichtsstand, der entweder für eine der Beklagten am allgemeinen Gerichtsstand der jeweils anderen Beklagten begründet sei. Noch bestehe ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand für beide Beklagte. Insbesondere ergebe sich kein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand aus § 32 ZPO bei dem Landgericht Dortmund. Der Kläger behaupte keinen Eingehungsbetrug, der einen Gerichtsstand gem. § 32 ZPO am Ort des Kaufvertragsschlusses begründen könne. Soweit es auf die Erfüllungshandlung ankomme, sei diese durch Online-Überweisung am Wohnort des Klägers in W erfolgt. Dies führe zu einer Zuständigkeit des Landgerichts Paderborn.
Der Senat hat den Parteien mit Verfügung vom 19.01.2021 Gelegenheit zur Stellungnahme zur Zuständigkeitsbestimmung eingeräumt. Stellungnahmen der Parteien sind nicht eingegangen. Der Kläger hat jedoch mit Schriftsatz vom 16.04.2021 die Klage gegen die Beklagte zu 1) zurückge...