Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksame Testamentserrichtung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Öffentliches Testament kann nach § 2232 BGB nur formwirksam errichtet werden, wenn der Erblasser sprechen oder schreiben kann. Die Fähigkeit, noch „Ja” oder „Nein” sagen zu können, wird als Mindesterfordernis einer mündlichen Erklärung angesehen.
2. Bloße Kopfbewegungen lassen den Willen den Erblassers nicht eindeutig erkennen.
Normenkette
BGB §§ 2232-2233
Tenor
Die weiteren Beschwerden werden als unbegründet zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben der Beteiligten zu 3) die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu ersetzen.
Der Wert wird auf 262.067,58 DM festgesetzt.
Gründe
Erblasserin ist die am 24. Juni 1992 in Dortmund verstorbene …, geboren am 02. August 1910 und zuletzt wohnhaft in Münster. Verheiratet war sie mit dem am 09. Januar 1908 geborenen und am 13. Februar 1992 verstorbenen … Kinder sind aus der Ehe nicht hervorgegangen.
Die Beteiligten zu 3), 6) und 7) sind die Nichten der Erblasserin (Töchter ihres verstorbenen Bruders …), die Beteiligten zu 4) und 5) ihre Neffen (Sohn ihrer verstorbenen Schwester … und Sohn ihrer verstorbenen Schwester …).
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind Neffen des Ehemanns der Erblasserin (Söhne seiner verstorbenen Schwester …).
Am 10. März 1992 hat der Notar … die folgende Urkunde errichtet.
„Vor dem unterzeichneten Notar … erschienen heute im …, in …, wohin ich mich auf Ersuchen begeben habe: … zuletzt wohnhaft gewesen in … zu meiner Gewißheit ausgewiesen durch Herrn …
… war bettlägerig und konnte infolge von Lähmungserscheinungen weder sprechen noch schreiben. Auf meine Fragen antwortete sie durch Kopfnicken oder Kopfschütteln. Aus der in dieser Form geführten Unterhaltung habe ich die Überzeugung gewonnen, daß Frau … voll geschäfts- und testierfähig ist. Dies wurde mir auf Befragen auch von dem…, der sich mir gegenüber auswies durch gültigen Personalausweis der Stadt Münster, bestätigt.
Da … ihren Namen nicht schreiben konnte, zog ich als Schreibzeugin …, zu meiner Gewißheit ausgewiesen durch den …, hinzu.
Auf Bitte von … beurkunde ich nach vorhergehender eingehender Befragung und Erläuterung des nachfolgenden Testamentes ihre mir gegenüber persönlich durch Kopfnicken abgegebenen Erklärungen wie folgt:
[I.]
II.
Ich setze hiermit zu meinen alleinigen Erben entsprechend dem auch von meinem verstorbenen Ehemann geäußerten Wunsch meine Neffen … und … zu gleichen Teilen ein.
Sollte einer meiner Erben nicht zur Erbfolge gelangen, so bestimme ich als Ersatzerben seine ehelichen Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.
Kommt auch hiernach niemand zur Erbfolge, so berufe ich zur Ersatzerbin die Ehefrau.
[III.]
Diese Urkunde wurde bei gleichzeitiger Anwesenheit von … und der Schreibzeugin vom Notar vorgelesen, von den Beteiligten genehmigt und von der Schreibzeugin wie folgt unterschrieben:
…
Am 29. Juli 1992 hat die Beteiligte zu 3) zur Niederschrift der Rechtspflegerin beim Amtsgericht Ratingen (…) beantragt, ihr einen gemeinschaftlichen Erbschein dahin zu erteilen, daß die Erblasserin von den Beteiligten zu 4) und 5) zu je ⅓-Anteil, von ihr und den Beteiligten zu 6) und 7) zu je 1/9 kraft Gesetzes beerbt worden sei.
Am 17. August 1992 hat – nach Abgabe der Sache – die Richterin am Amtsgericht Münster zu BI. 41 der Akten verfügt:
IV.
1. Das notarielle Testament vorn 10.03.1992 ist nicht gültig, weil die Erblasserin nach Bekundung des Notars weder mündliche Erklärungen abgeben, noch schreiben konnte.
2. Frau Rpfl. m.d.B. um weitere Veranlassung. Es liegt gesetzl. Erbfolge vor.
Die Rechtspflegerin beim Amtsgericht hat daraufhin am 18. August 1992 u.a. verfügt:
V.
3) Schreiben an
a) …
b) …
unter Beifügung einer einf. Abl. von S. 13-14 [Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3)] und einer begl. Abschrift von S. 41
In -pp- wird Ihnen eine Ablichtung des Erbscheinsantrages vom 29.07.1992 und eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung der Nachlaßrichterin vom 17.08.1992 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt.
Mit Schriftsatz vom 28. August 1992 haben die seinerzeitigen Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 1) beim Amtsgericht „gegen den Beschluß vom 17.08.1992 … Beschwerde” eingelegt mit dem Antrag, „in Abänderung des Beschlusses festzustellen, daß die Verstorbene aufgrund des notariellen Testamentes vom 10.03.1992 des Notars … beerbt wurde von den Neffen … und … zu gleichen Teilen”.
Die Amtsrichterin hat mit Verfügung vom 01. September 1992 die Sache zur Entscheidung über die Beschwerde, „der ich nicht abhelfe”, dem Landgericht Münster vorgelegt.
Der Notar hat sich mit Schriftsatz vom 15. September 1992 dem Landgericht gegenüber über die Umstände erklärt, unter denen er die Urkunde vom 10. März 1992 errichtet hat, und dazu eine Kopie des Aktenvermerks vorgelegt, den er unter dem Datum des 16. März 1992 angefertigt hatte.
Mit Beschluß vom 28. Januar 1993 hat das Landgericht, nachdem am 11. Dezember 1992 ein Anhörungstermin vor dem beauftragten Richter stattgef...