Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bestellung eines Betreuers nach deutschem Recht neben einer bereits nach US-amerikanischem Recht bestehenden Vormundschaft für eine dort befindliche deutsche Staatsangehörige (Ermessensentscheidung nach § 47 FGG bleibt offen).
2. Die Auswahl der Person eines nach deutschem Recht zu bestellenden Betreuers ist nicht gebunden an die Vorstellungen eines US-amerikanischen Gerichts über eine solche Auswahlentscheidung, von der dieses eine, Rückführung der deutschen Staatsangehörigen nach Deutschland abhängig macht.
Normenkette
FGG § 47; BGB § 1897
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Aktenzeichen 23 T 137/02,) |
AG Bad Oeynhausen (Aktenzeichen 17 XVII F 226) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Auf die erste Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des AG Bad Oeynhausen vom 18.3.2002 wie folgt abgeändert:
Die Bestellung der Beteiligten zu 3) als weitere Betreuerin neben der Beteiligten zu 2) mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge entfällt.
Für den Aufgabenkreis Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen ggü. Herrn L. wird die Beteiligte zu 2) zur Betreuerin der Betroffenen bestellt.
Gründe
I. Die Betroffene besuchte ab dem Jahre 1994 als Austauschschülerin eine High School in den USA. Dort verliebte sie sich in, einen damaligen Mitschüler, Herrn L. Nach dem Schulbesuch nahm die Betroffene ein Studium an der Universität in M. auf.
Die Betroffene wurde am 30.9.1996 Opfer eines Verkehrsunfalls, bei dem sie schwerste Verletzungen, insb. eine schwere Hirnverletzung, erlitt. Nach der Krankenhausbehandlung wurde sie in die oben genannte Rehabilitationsklinik verlegt, wo sie sich bis heute befindet. Das Krankheitsbild ist durch eine Mehrfachbehinderung geprägt. Die Betroffene kann sich nur in einem Rollstuhl bewegen und muss überwiegend gefüttert werden. Sie hat ihr Sprechvermögen verloren und kann sich lediglich mit Hilfe einer sog. Dynavox mühsam verständlich machen.
Herr L. hat die Beziehung zu der Betroffenen durch tägliche Besuche in der Rehabilitationsklinik aufrechterhalten. Er und die Beteiligte zu 2), die Mutter der Betroffenen, wurden von einem amerikanischen Gericht zu „full co gaudians” für die Betroffene bestellt. Die Betroffene erhielt für ihre Unfallverletzungen im Vergleichswege eine Schadensersatzsumme von 200.000 $, die bei einer amerikanischen Bank angelegt ist und zwischenzeitlich auf ca. 400.000 $ angewachsen ist. Die laufenden Kosten der Klinikbehandlung werden von einer amerikanischen Versicherungsgesellschaft gedeckt.
Die Betroffene hat ab Mitte des Jahres 2000 zunehmend den Wunsch geäußert, nach Deutschland zurückkehren zu können. Nachdem die Beteiligte zu 2) diesen Wunsch unterstützt hat, ist ihr Verhältnis zu Herrn L. gespannt. Die Beteiligte zu 2) hat im Jahre 2001 bei dem W. County Trial Court in A.A. beantragt, ihr die alleinige Vormundschaft für die Betroffene zu übertragen und deren Rückkehr nach Deutschland zu genehmigen. In diesem Verfahren tritt Herr L. in dem Antrag der Beteiligten zu 2) entgegen; für die Betroffene ist eine amerikanische Rechtsanwältin als Verfahrenspflegerin bestellt worden. Eine abschließende Entscheidung über diesen Antrag ist bislang nicht ergangen.
Die Beteiligte zu 2) hat ferner am 9.8.2001 bei dem AG Bad Oeynhausen beantragt, für die Betroffene eine vorläufige Betreuung nach deutschem Recht anzuordnen. Das AG hat zunächst die Beteiligte zu 2) sowie den Bruder der Betroffenen persönlich angehört. Der Richter des AG hat sodann bei einer Reise in die Vereinigten Staaten die Betroffene, deren Freund L., die Beteiligte zu 2), den behandelnden Arzt und Pflegepersonen angehört sowie Unterredungen mit dem zuständigen amerikanischen Richter und der dortigen Verfahrenspflegerin der Betroffenen geführt.
Durch Beschluss vom 18.3.2002 hat das AG die Beteiligten zu 2) und 3) zu gemeinsam vertretungsberechtigten Betreuerinnen der Betroffenen mit den Aufgabenkreisen Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge bestellt. Ferner hat es die Beteiligte zu 3) zur alleinigen Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Wahrnehmung der Interessen der Betroffenen ggü. Herrn L. bestellt.
Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 27.3.2002 Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, als alleinige Betreuerin der Betroffenen bestellt zu werden. Das LG hat die Beschwerde durch Beschluss vom 10.7.2002 zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), die sie mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 16.8.2002 bei dem OLG eingelegt hat.
II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 2) folgt daraus, dass ihre erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG). Die weitere Beschwerde führt zur B...