Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftswert einer Patientenverfügung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Geschäftswert einer Patientenverfügung, die sich auf die Bekundung des Willens des Erklärenden zu medizinischen Behandlungsmaßnahmen und die Bevollmächtigung von Personen mit der Wahrnehmung der Gesundheitsfürsorge in diesem Bereich beschränkt und deshalb ausschließlich nichtvermögensrechtlichen Charakter hat, ist mit dem Regelwert des § 30 Abs. 2 S. 1 KostO (3.000 EUR) anzusetzen.

 

Normenkette

KostO § 30 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Beschluss vom 23.03.2005; Aktenzeichen 2 T 32/04)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 53 EUR.

 

Gründe

I. Am 28.10.2002 beurkundete der Beteiligte zu 1) zu seiner Urkundenrolle-Nr. 409/2002 eine Patientenverfügung des Beteiligten zu 2), die folgenden Wortlaut hat:

I.1. Sollte ich ohne Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins in einem Koma liegen, bitte ich, von Reanimation und lebensverlängernden Maßnahmen, wie beispielsweise einer Intensivtherapie, abzusehen, weiterhin von Transplantationen und künstlicher Beatmung und Ernährung, es sei denn, diese Maßnahmen dienen lediglich der Schmerzlinderung.

2. Sollten Diagnose und Prognose von mindestens zwei Fachärzten ungeachtet der Möglichkeit einer Fehldiagnose, ergeben, dass meine Krankheit zum Tode führen und mir nach aller Voraussicht große Schmerzen bereiten wird oder meine normalen geistigen Funktionen durch eine Hirnverletzung oder eine Gehirnerkrankung irreparabel geschädigt wurden und ich infolgedessen kein menschenwürdiges Dasein mehr werde führen können, wünsche ich keine weiteren diagnostischen Eingriffe und keine Verlängerung meiner Leiden mit den Mitteln der Intensivtherapie.

3. Für die vorgenannten Fälle bitte ich außerdem um Schmerzmittel, Narkotika und erleichternde operative Eingriffe, auch wenn sie eine Lebensverkürzung bewirken oder zu einer Bewusstseinsausschaltung führen können.

II. Für den Fall meines klinischen Todes bin ich mit einer Organentnahme nicht einverstanden.

III.1. Ich bevollmächtigte

a) meinen Sohn Herrn C., ... ersatzweise

b) meine Tochter Frau T., diesen meinen Wünschen Geltung zu verschaffen.

Ich bitte den Notar, mir sofort jeweils eine Ausfertigung dieser Urkunde für jeden Bevollmächtigten zu erteilen.

2.a) Ich wünsche, dass die beiden zuvor genannten Bevollmächtigen sich bei wichtigen Entscheidungen untereinander absprechen.

b) Ich weise in diesem Zusammenhang jedoch ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei meinem zuvor geäußerten Wunsch lediglich (um) eine Bitte an die Bevollmächtigten untereinander im Innenverhältnis handelt. Im Außenverhältnis sind die Bevollmächtigten in der Reihenfolge ihrer Benennung uneingeschränkt bevollmächtigt.

3. Ich befreie alle mich behandelnden Ärzte ggü. den vorgenannten Personen bei Vorlage einer Ausfertigung dieser Urkunde von ihrer ärztlichen Schweigepflicht.

4. Ein Widerruf dieser Vollmacht ist rechtswirksam, wenn er zur notariellen Urkunde erklärt dem Notar und/oder den Bevollmächtigten zugeht.

5. Bis zur Kenntnisnahme vom Widerruf ist der Notar berechtigt, dem Bevollmächtigten direkt und ohne meine Zustimmung weitere Ausfertigungen dieser Urkunde zu erteilen.

6. Den Geschäftswert dieser Urkunde gebe ich an mit 20.000 EUR.

Für seine Tätigkeit erteilte der Beteiligte zu 1) dem Beteiligten zu 2) eine Kostenberechnung, in der er nach einem Geschäftswert von 20.000 EUR eine 10/10-Gebühr gem. §§ 32, 36 Abs. 1 KostO sowie Auslagen erhob.

Aus Anlass einer Geschäftsprüfung beanstandete der Bezirksrevisor des LG den Wertansatz der Beurkundungsgebühr und vertrat die Auffassung, bei der Beurkundung einer sog. "Patientenverfügung" handele es sich um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, deren Wert mangels tatsächlicher Anhaltspunkte gem. § 30 Abs. 2 und 3 KostO mit 3.000 EUR zu bemessen sei. Er wies den Beteiligten zu 1) an, die Entscheidung des LG zu beantragen.

Der Beteiligte zu 1) hat daraufhin mit Schreiben vom 28.7.2004 bei dem LG gem. § 156 Abs. 6 KostO beantragt, über die Berechtigung des Wertansatzes für die Beurkundungsgebühr in seiner Kostenberechnung zu entscheiden. In Wahrnehmung seiner eigenen Interessen hat er geltend gemacht, der Wertansatz sei gerechtfertigt. In der Patientenverfügung seien Anordnungen enthalten, aufgrund derer über Leben und Tod entschieden werde. Deshalb müsse der Rahmen des § 30 Abs. 2 KostO ausgeschöpft werden. Zwar handele es sich um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, jedoch könne das Vermögen des Erklärenden zumindest als Anhaltspunkt berücksichtigt werden.

Der Präsident des LG hat zu der Beschwerde mit Verfügung vom 31.1.2005 Stellung genommen. Durch Beschluss vom 23.3.2005 hat die Beschwerdekammer in Abänderung der Kostenberechnung des Beteiligten zu 1) die Beurkundungsgebühr aus einem Geschäftswert von 3.000 EUR anderweitig auf 26 EUR zzgl. anteilige Mehrwertsteuer festgesetzt. Ferner hat sie die weitere Beschwerde zugelassen.

Gegen diese ihm am 4.4.2005 zugestellte...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge