Leitsatz (amtlich)
Zu der Frage, ob eine Aufwölbung auf einer leicht abschüssigen Strecke eines Geh- und Radweges eine abhilfebedürfte Gefahrenstelle ist.
Normenkette
BGB § 839; GG Art. 34; StrWG NRW §§ 9, 9a, 47
Verfahrensgang
LG Hagen (Aktenzeichen 8 O 161/21) |
Tenor
Der Senat weist nach Beratung darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 04.03.2022 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hagen (8 O 161/21) durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen oder die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.
Gründe
Die Berufung ist zulässig, hat aber nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats. Auch eine mündliche Verhandlung, von der neue entscheidungserhebliche Erkenntnisse nicht zu erwarten sind, ist nicht geboten, § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO.
Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die mit der Berufung gegenüber dem angefochtenen Urteil erhobenen Einwände rechtfertigen weder die Feststellung, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 546 ZPO), noch ergeben sich daraus konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und eine erneute Feststellung gebieten. Die daher nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.
Der Klägerin steht wegen des von ihr am 15.09.2019 auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg zwischen den Straßen A.-straße und R.-straße in S. als Radfahrerin erlittenen Sturzes kein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen die Beklagte aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 S. 1 GG und §§ 9, 9a, 47 StrWG NRW als der hier allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage zu. Denn nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts lässt sich nicht feststellen, dass die Verletzung einer der Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht für den von der Klägerin erlittenen Sturz ursächlich ist.
1. Allerdings ist die Beklagte für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche passivlegitimiert.
Die Beklagte ist nach § 1 Abs. 1 ihrer von den Räten der Städte Y. und V. beschlossenen Satzung ein selbständiges gemeinsames Kommunalunternehmen im Sinne von § 114a GO NRW der genannten Städte in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts. Nach § 2 Abs. 1 Buchst. b) der Satzung sind ihr unter anderem die Unterhaltung und Instandsetzung der Verkehrsanlagen und -bauwerke einschließlich der Straßenausstattung sowie die Straßenkontrolle in Gänze zur Durchführung nach Weisung übertragen. Zu ihrem Zuständigkeitsbereich gehört nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag beider Parteien auch der Bereich des gemeinsamen Geh- und Radwegs, in dem die Klägerin gestürzt ist. Die Übertragung der diesbezüglichen Verkehrssicherungspflicht hat ihre Grundlage in § 56 Abs. 3 StrWG NRW. Sie beruht damit auf der Grundlage der öffentlich-rechtlichen Satzung, sodass die Beklagte auch die ihr übertragene Verkehrssicherungspflicht als öffentlich-rechtliche Aufgabe wahrzunehmen hat, mit der sie beliehen wurde.
2. Nach gefestigter Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, haben die für die Sicherheit der in ihren Verantwortungsbereich fallenden Verkehrsflächen zuständigen Träger der Verkehrssicherungspflichten darauf hinzuwirken, dass die Verkehrsteilnehmer in diesen Bereichen nicht zu Schaden kommen. Dabei muss der Sicherungspflichtige allerdings nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen treffen, da eine Sicherung, die jeden Unfall ausschließt, praktisch nicht erreichbar ist. Vielmehr bestimmt sich der Umfang der Verkehrssicherungspflicht danach, für welche Art von Verkehr eine Verkehrsfläche nach ihrem Befund unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der allgemeinen Verkehrsauffassung gewidmet ist und was ein vernünftiger Benutzer an Sicherheit erwarten darf. Dabei haben die Verkehrsteilnehmer bzw. die Straßen- und Wegebenutzer die gegebenen Verhältnisse grundsätzlich so hinzunehmen und sich ihnen anzupassen, wie sie sich ihnen erkennbar darbieten, und mit typischen Gefahrenquellen, wie etwa Unebenheiten, zu rechnen. Ein Tätigwerden des Verkehrssicherungspflichtigen ist erst dann geboten, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die nahe liegende Möglichkeit einer Rechtsgutsverletzung anderer ergibt (Senatsurteil vom 23.04.2021 - 11 U 119/20, juris Rn. 5; OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05, juris Rn. 9; OLG Hamm, Urteil vom 25.05.2004 - 9 U 43/04, juris Rn. 11). Dies ist der Fall, wenn Gefahren bestehen, die auch für einen sorgfältigen Benutzer bei Beach...