Leitsatz (amtlich)

Im Falle einer mit einer unerlaubten Handlung gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB, 826 BGB begründeten Klage eines vom Abgasskandal betroffenen Käufers gegen den Hersteller liegt der Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO wahlweise dort, wo der Täter gehandelt hat, oder dort, wo der Rechtsguteingriff erfolgt und der Schaden entstanden ist. Dabei ist der der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung der Vermögensschädigung nicht schon deshalb am Wohnsitz des Geschädigten begründet, weil sich dort im Zeitpunkt der Vornahme der schädigenden Handlung sein Vermögen befunden hat. Wird ein Kraftfahrzeug gegen Barzahlung beim Händler erworben, liegt der Erfolgsort dementsprechend am Ort der Zahlung und der Fahrzeugübernahme.

 

Normenkette

ZPO §§ 32, 36 Abs. 1 Nr. 6

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das Landgericht P.

 

Gründe

I. Der Rechtsstreit liegt dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor.

Dem Rechtsstreit liegt - soweit für das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren von Belang - im Kern folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Klageschrift vom 07.12.2018 hat der in I (LG-Bezirk T) wohnhafte Kläger vor dem Landgericht T Klage gegen die in X (LG-Bezirk C) ansässige Beklagte - gestützt auf §§ 826, 249ff BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung - u.a auf Zahlung von 10.799,00 EUR zzgl. Nebenforderungen (hilfsweise Feststellung der Einstandspflicht) erhoben.

Der Kläger erwarb am 15.11.2012 von der Fa. Kfz-Handel L in Bad J (LG-Bezirk P) zum Kaufpreis von 16.000,00 EUR einen Audi A6 2.0 mit einem Dieselmotor EA 189, welcher nach dem Vorbringen des Klägers mit einer sog. Abschaltsoftware ausgestattet sei. Der Kaufvertrag wurde am Sitz des Verkäufers in Bad J geschlossen, wo der Kläger auch den Kaufpreis am 15.11.2012 in bar beglich. Zwischenzeitlich hat der Kläger das Fahrzeug am 02.08.2018 zum Preis von 5.201,00 EUR weiterveräußert. Den Differenzbetrag macht er als Schaden geltend.

Mit Verfügung vom 11.01.2019 hat das Landgericht T darauf hingewiesen, dass die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zweifelhaft erscheine. Der bloße Wohnsitz reiche für eine Zuständigkeitsbegründung gemäß § 32 ZPO nicht aus.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.01.2019 hat der Kläger vorgetragen, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auch am sog. Schadenseintrittsort eröffnet sei. Dieser sei derjenige Ort, an dem sich der Vermögensschaden realisiere. Das sei der Ort, an dem das Vermögen des Geschädigten belegen sei, in der Regel also dessen Wohnsitz. Hilfsweise für den Fall, dass das Landgericht T sich gleichwohl für unzuständig halten sollte, hat der Kläger beantragt, den Rechtsstreit an das Landgericht P zu verweisen. Der Schriftsatz vom 18.01.2019 ist den Beklagtenvertretern aufgrund richterlicher Verfügung vom 22.01.2019 mit Gelegenheit zur eventuellen Stellungnahme binnen einer Woche am 28.01.2019 zugestellt worden. Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.02.2019 dahingehend Stellung genommen, dass sie die Auffassung teile, dass das Landgericht T unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuständig sei. Dies gelte aber auch für das hilfsweise angerufene Landgericht P. Denn es fehle schon an schlüssigem Vortrag dazu, dass dem Kläger im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts P ein Vermögensschaden entstanden sei. Zuständig sei allein das Landgericht C als das Gericht des allgemeinen Gerichtsstandes gemäß § 17 ZPO.

Mit den Parteien bekannt gemachtem Beschluss vom 05.02.2019 hat sich das Landgericht T für örtlich zuständig erklärt und den Rechtsstreit im Hinblick auf den in Bad J erfolgten Fahrzeugerwerb an das Landgericht P verwiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den v.g. Beschluss Bezug genommen.

Das Landgericht P hat die Parteien mit Verfügung vom 12.02.2019 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Übernahme des Verfahrens abzulehnen. Der Verweisungsbeschluss nehme einen nicht mehr vertretbaren Standpunkt zu § 32 ZPO ein. Beim behaupteten Tatbestand des § 826 BGB bestehe ein Gerichtsstand auch am Schadensort und damit entgegen der Annahme des Landgerichts T am Wohnort des Klägers in I.

Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 18.02.2019 hat der Kläger seinen Rechtsstandpunkt, das Landgericht P sei zuständig, verteidigt, hilfsweise die Vorlage an das Oberlandesgericht zum Zwecke der Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 ZPO beantragt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.02.2019 um Weiterverweisung an das Landgericht C gebeten.

Mit Beschluss vom 01.03.2019 hat das Landgericht P die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt, sich seinerseits für örtlich unzuständig erklärt und die Sache an das Landgericht T zurückgegeben. Das Landgericht T sei gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig, weil sich dort der Wohnort des Klägers befinde. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den v.g. Beschluss Bezug genommen.

Das Landgericht T wieder...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?