Leitsatz (amtlich)
Im Falle einer mit einer unerlaubten Handlung gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB, 826 BGB begründeten Klage eines vom Abgasskandal betroffenen Käufers gegen den Hersteller liegt der Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO wahlweise dort, wo der Täter gehandelt hat, oder dort, wo der Rechtsguteingriff erfolgt und der Schaden entstanden ist. Dabei ist der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung der Vermögensschädigung nicht schon deshalb am Wohnsitz des Geschädigten begründet, weil sich dort im Zeitpunkt der Vornahme der schädigenden Handlung sein Vermögen befunden hat. Wird ein Kraftfahrzeug gegen Barzahlung beim Händler erworben, liegt der Erfolgsort dementsprechend am Ort der Zahlung und der Fahrzeugübernahme.
Normenkette
ZPO §§ 32, 36 Abs. 1 Nr. 6
Tenor
Örtlich zuständig ist das Landgericht M.
Gründe
I. Der Rechtsstreit liegt dem Senat zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vor.
Dem Rechtsstreit liegt - soweit für das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren von Belang - im Kern folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit Klageschrift vom 27.12.2018 hat der in T (LG-Bezirk T) wohnhafte Kläger vor dem Landgericht T Klage gegen die in X (LG-Bezirk C) ansässige Beklagte - gestützt auf §§ 826, 249ff BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung - u.a. auf Zahlung von 46.476,99 EUR zzgl. Nebenforderungen Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des im Klageantrag näher bezeichneten Pkw Audi Q5 sowie Zahlung eines Nutzungsersatzes i.H.v. 12.488,55 EUR erhoben. Der Kläger hatte das Fahrzeug am 08.01.2010 von dem Audi Zentrum M mit Sitz in M (LG-Bezirk M) zum Kaufpreis von 46.476,99 EUR mit einem Dieselmotor EA 189 erworben, welcher nach dem Vorbringen des Klägers mit einer sog. illegalen Abschaltsoftware ausgestattet sei. Zur Frage der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts T ist in der Klageschrift auf den Erfolgsort i.S.d. § 32 ZPO verwiesen, der vorliegend mit dem Belegenheitsort des klägerischen Vermögens zum Zeitpunkt des Kaufs zu bestimmen sei.
Mit Verfügung vom 31.01.2019, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht T darauf hingewiesen, dass die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht ersichtlich sei. Der bloße Wohnsitz reiche für eine Zuständigkeitsbegründung gemäß § 32 ZPO nicht aus. Zu der Frage, wo sich die Beschädigung des Vermögens und damit die gerichtsstandsbegründende Rechtsgutsverletzung i.S.d. § 32 ZPO verwirklicht habe, insbesondere dazu, wo die Bank des Klägers dessen Anweisung zum Geldtransfer erhalten und zu Lasten seines dort geführten Kontos erhalten habe, habe der Kläger nicht vorgetragen.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 19.02.2019 hat der Kläger vorgetragen, dass der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung auch am sog. Schadenseintrittsort eröffnet sei. Der Wohnsitz des Klägers in T zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses sei vorliegend Ort des Schadenseintritts und somit Erfolgsort, woraus die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts T resultiere. Der Kläger habe - was bislang unstreitig geblieben ist - die Verkaufsgespräche in den Räumlichkeiten des Audi Zentrum M geführt, dort den Kaufvertrag geschlossen und das Fahrzeug dort auch bar bezahlt. Hilfsweise beantrage er vor diesem Hintergrund die Verweisung an das Landgericht M.
Der Schriftsatz vom 19.02.2019 ist den Beklagtenvertretern aufgrund richterlicher Verfügung vom 21.02.2019 mit Gelegenheit zur eventuellen Stellungnahme binnen einer Woche am 18.02.2019 zugestellt worden.
Mit den Parteien bekannt gemachtem Beschluss vom 11.03.2019 hat sich das Landgericht T für örtlich zuständig erklärt und den Rechtsstreit im Hinblick auf den in M erfolgten Fahrzeugerwerb an das Landgericht M verwiesen und in dem Beschluss, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, u.a. ausgeführt, dass der Kläger zu der Frage, wo die Beschädigung des Vermögens der klagenden Partei eingetreten sei, nämlich wo die Bank die Anweisung zum Geldtransfer erhalten habe, trotz gerichtlichen Hinweises nicht vorgetragen habe. Der Wohnsitz allein sei hierfür ohne Belang, weil sich aus ihm noch nicht einmal herleiten lasse, wo sich das Vermögen befinde.
Das Landgericht M hat sich mit den Parteien bekannt gemachtem Beschluss vom 19.03.2019 seinerseits für örtlich unzuständig erklärt und die Sache zunächst dem Oberlandesgericht E zum Zwecke der Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt. Zur Begründung hat das Landgericht M darauf abgestellt, dass in den Fällen, in denen "ein Geschädigter des Abgasskandals am Belegenheitsort seines Vermögens, nämlich seinem Wohnsitz" Klage erhebe, "von einer Zuständigkeit des Wohnsitzgerichtes auszugehen" sei.
Das Oberlandesgericht E hat mit den Parteien bekannt gemachtem Beschluss vom 27.03.2019 die Sache unter Verweis auf § 36 Abs. 2 ZPO an das Landgericht M zurückgegeben, das sodann das Verfahren mit Beschluss vom 04.04.2019 dem Oberlandesgericht Hamm zuständigkeitshalber ...