Verfahrensgang
LG Dortmund (Beschluss vom 12.03.1987; Aktenzeichen 9 T 713/86) |
AG Unna (Beschluss vom 30.07.1986; Aktenzeichen 6 VI 286/84) |
Tenor
I. Der Beteiligten zu 1) wird für das Verfahren vor dem Senat Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwalt … – mit Wirkung ab 15. März 1987 – beigeordnet. Nachzahlungsanordnung nach Abschluß des Verfahrens bleibt vorbehalten.
II. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Auf die – erste – Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 28. August 1986 wird der Beschluß des Amtsgerichts Unna vom 30. Juli 1986 (Vorbescheid) ebenfalls aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Amtsgericht Unna zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert dieses Rechtszuges beträgt 70.000,– DM.
Tatbestand
I.
Der im Alter von … Jahren verstorbene Erblasser und seine jetzt … Jahre alte Schwester …, die Beteiligte zu 1), entstammen der ersten, später geschiedenen Ehe ihres Vaters … mit … geb. …. Aus dieser Ehe war ferner noch der am … geborene … hervorgegangen, der bereits am 19. Juni des folgenden Jahres verstorben ist.
Die Beteiligte zu 3) ist aus der zweiten Ehe des Vaters des Erblassers mit … geb. … hervorgegangen. Weitere Abkömmlinge hat der Vater des Erblassers nicht gehabt. Die Eltern des Erblassers sind vor diesem in den Jahren … und … verstorben.
Der Beteiligte zu 2) ist ein vorehelicher Abkömmling, der … geborene … ihm hat der Ehemann seiner Mutter – der Vater des Erblassers – seinen Familiennamen … erteilt.
Der Erblasser ist ledig und kinderlos verstorben. Er war – ebenso wie seine Schwester … – von Geburt an taub und hat etwa bis zum 16. Lebensjahr die Gehörlosenschule in … besucht. Mit 17 Jahren hat er eine Gärtnerlehre angefangen und in derselben Gärtnerei 50 Jahre hindurch als Gärtner und später als Obergärtner gearbeitet. Sprechen konnte der Erblasser ebenfalls nicht in normaler Weise.
Abgehackt und in Wortfetzen konnte er sich Personen gegenüber, die ihm vertraut waren, verständlich machen. Er war auch in der Lage, Worte von den Lippen seines Gesprächspartners abzulesen. Wenn man ihm Fragen stellte, konnte er sich durch Bejahen oder Verneinen in Verbindung mit Gesten verständlich machen.
Außerdem hatte er in der Schule eine gewisse Lesefähigkeit erlernt.
Nachdem er bis zum 18. Dezember 1983 in der Gärtnerei … in … gewohnt hatte und dort voll versorgt worden war, wohnte der Erblasser bis zu seiner Einweisung in das Krankenhaus … am 23. Februar 1984 in der Familie des Beteiligten zu 2). Im Zeitpunkt seiner stationären Aufnahme befand er sich nach den Angaben des behandelnden Arztes, … in einem körperlich schlechten Zustand. Er litt an einem Tumor, welcher zunächst nicht genau lokalisiert werden konnte, jedoch offenbar im Oberbauch lag und metastasierte. An den Folgen dieses Tumors und des damit verbundenen schlechten körperlichen Zustandes ist der Erblasser am … um … Uhr verstorben.
Zuvor hatte der Beteiligte zu 2) mit der Schreibmaschine einen Testamentstext geschrieben, wonach der Erblasser ihn – den Beteiligten zu 2) –, der in dem Testament als sein … bezeichnet ist, zum alleinigen und ausschließlichen Erben einsetzte. Unter diesen maschinenschriftlich geschriebenen Text hat der Erblasser handschriftlich seine Unterschrift … gesetzt; außerdem ist handschriftlich das Datum … neben der Unterschrift angegeben.
Dieses Testament hat der Beteiligte zu 2) nach seinen Angaben auf Wunsch des Erblassers aufgesetzt.
Am 1. April 1984 sollte der Erblasser aus dem Krankenhaus entlassen werden. Dazu kam es aber nicht, weil sich sein Zustand wieder verschlechterte.
Am 2. April 1984 rief der Beteiligte zu 2) von seiner Arbeitsstelle in … aus den Notar … in …, mit dem er seit Jahren bekannt war, telefonisch an und teilte ihm mit, daß ein Testament beurkundet werden solle; dabei äußerte er, es liege bereits ein Testament vor, welches mit der Schreibmaschine geschrieben worden sei. Der Beteiligte zu 2) sagte bei dem Gespräch auch, daß er als Alleinerbe vorgesehen sei. Der Notar erklärte daraufhin, das maschinenschriftliche Testament sei ungültig, er – der Beteiligte zu 2) – möge es ihm, dem Notar, zusenden. In einem weiteren Telefongespräch teilte der Beteiligte zu 2) dem Notar mit, dem Erblasser gehe es schlecht, es wäre nunmehr Zeit, das notarielle Testament zu beurkunden. Er äußerte dabei auch, der Erblasser sei hör- und sprechbehindert. Der Notar ließ daraufhin einen Testamentsentwurf in seinem Büro schreiben und zog zu der Beurkundung am 4. April 1984 wegen der für ihn unklaren Verständigungsmöglichkeiten den Notar …, einen Sozius seiner Anwaltspraxis, hinzu.
Inzwischen hatte sich der Gesundheitszustand des Erblassers am 3. April 1984 verschlechtert, so daß er auf ein Einzelzimmer verlegt wurde. Nach den Angaben des behandelnden Arztes befand er sich in einem somnolenten Zustand, aus dem er allerdings bei intensiver Ansprache erweckt werden konnte; seine Bewußtseinslage wechselte. Der Erblasser erhielt Medik...