Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsrecht: Anspruch der getrennt lebenden Ehefrau auf Umgangskontakt zu dem Kind des Ehemannes aus erster Ehe
Leitsatz (amtlich)
Für eine sozial-familiäre Beziehung i.S.v. § 1685 Abs. 2 BGB genügen Wochenendkontakte regelmäßig nicht. Um Familienqualität zu erreichen, muss eine häusliche Gemeinschaft grundsätzlich längere Zeit bestehen.
Normenkette
BGB § 1685 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Marl (Beschluss vom 24.06.2010; Aktenzeichen 15 F 246/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 30.7.2010 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Marl vom 24.6.2010 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Gewährung von Umgangskontakten mit der 4-jährigen Tochter ihres getrennt lebenden Ehemannes aus erster Ehe. Die Antragsgegnerin ist die Mutter des betroffenen Kindes B.
Durch den angegriffenen Beschluss vom 24.6.2010 hat das AG den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht in der Sache zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 30.7.2010, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt.
II.A. Das Rechtsmittel der Antragstellerin vom 30.7.2010 ist als sofortige Beschwerde nach §§ 76 II FamFG, 127 II S. 2 ZPO statthaft.
Es ist zulässig, insbesondere fristgerecht gem. §§ 76 II FamFG, 127 II S. 3 ZPO eingelegt worden.
In der Sache ist die sofortige Beschwerde allerdings nicht begründet.
Zu Recht hat das AG den Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragstellerin vom 10.6.2010 zurückgewiesen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht für den angekündigten Antrag auf Einräumung von Umgangskontakten zwischen der Antragstellerin und der Minderjährigen B i.S.d. §§ 76 I FamFG, 114 S. 1 ZPO besteht nicht.
1. Es mag sein, dass sich zwischen der Antragstellerin und dem betroffenen Kind im Rahmen der Wochenendkontakte zwischen B und ihrem Vater seit dem Jahr 2008 eine enge und intensive emotionale Verbindung herausgebildet hat.
Eine sozial-familiäre Beziehung zwischen ihnen würde nach dem Wortlaut in § 1685 II S. 1 BGB jedoch weiterhin voraussetzen, dass die Antragstellerin tatsächlich Verantwortung für B tragen würde oder getragen hätte. Hieraus müsste sich eine tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin und B entwickelt haben, welche die Qualität einer Familie i.S.v. Art. 6 I GG erreichen müsste (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.4.2003, Az: 1 BvR 1493/96, FamRZ 2003, 816, Juris, Rz. 89).
2. Eine derart verfestigte soziale Beziehung zwischen der Antragstellerin und dem betroffenen Kind ist anlässlich der Wochenendkontakte in der Vergangenheit allerdings nicht entstanden.
a) Die Antragstellerin selbst trägt vor, sie habe sich im Hinblick auf die Belange des Kindes stets mit der Antragsgegnerin abgesprochen.
Dadurch hat sie gerade beachtet und respektiert, dass die Verantwortung für B auch in der Vergangenheit zu jeder Zeit allein bei der Kindesmutter gelegen hat.
b) Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass sich B im Mai 2010 eine ganze Woche im Haushalt der Antragstellerin aufgehalten hat.
Um Familienqualität zu erreichen, hätte diese häusliche Gemeinschaft nach § 1685 II S. 2 BGB grundsätzlich längere Zeit bestehen müssen (vgl. Palandt/Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch, 69. Aufl., § 1685 Rz. 6). Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise bereits ein kürzeres Zusammenleben zwischen der Antragstellerin und B die erforderliche soziale Verfestigung zwischen ihnen hervorgerufen hätte, ergeben sich nach den bisherigen Ermittlungen nicht.
3. Die von der Antragstellerin gewünschte Aufrechterhaltung der Integration von B in den weiträumigen Familienverband des Kindesvaters unterfällt dem Schutzzweck von § 1685 BGB nicht. Hiernach sind lediglich bestimmte Verwandte (§ 1685 I BGB) oder enge Bezugspersonen (§ 1685 II BGB) umgangsberechtigt.
Sollten die Großeltern väterlicherseits oder der jüngste Sohn der Antragstellerin als Halbbruder von B Umgangskontakte mit ihr wünschen, mögen sie selbst an die Kindesmutter herantreten.
B. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf §§ 76 II FamFG, 127 IV ZPO nicht veranlasst.
Fundstellen