Verfahrensgang
AG Bielefeld (Aktenzeichen 39 Ls 56 Js 415/04) |
Tenor
Die Sache wird dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Den Antragstellern wird anstelle ihrer gesetzlichen Gebühren i.H.v. 797 Euro jeweils eine Pauschgebühr von 1.100 Euro (in Worten: elfhundert Euro ) bewilligt.
Die weiter gehenden Anträge werden zurückgewiesen.
Gründe
I. Den ehemaligen Angeklagten wurde im vorliegenden Verfahren Steuerhehlerei in Form des Zigarettenschmuggels nach Großbritannien zur Last gelegt. Sie sind deswegen vom Schöffengericht Bielefeld durch Urteil vom 17.8.2004 zu Freiheitsstrafen, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist, verurteilt worden. Das Urteil ist noch im Hauptverhandlungstermin rechtskräftig geworden.
Die Antragsteller waren für die ehemaligen Angeklagten zunächst seit Anfang März 2004 als Wahlanwalt tätig. Am 5.7.2004 sind sie dann zu Pflichtverteidigern bestellt worden. Sie beantragen nunmehr für ihre für die ehemaligen Angeklagten erbrachten Tätigkeiten die Gewährung einer Pauschgebühr, die sie im Wesentlichen mit folgenden Tätigkeiten begründen:
Die Antragsteller sind im Vorverfahren wie folgt für die ehemaligen Angeklagten tätig geworden: Sie haben einige Schreiben und Anträge verfasst und haben mehrfach Einsicht in die rund 400 Seiten starke Akte genommen. Sie haben außerdem an einem Haftprüfungstermin bei dem AG Minden teilgenommen. Außerdem haben sie verschiedene Besprechungen mit dem Zollfahndungsamt, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht geführt. Die Antragsteller haben zudem ihre Mandanten mehrfach in den Justizvollzugsanstalten Bielefeld-Brackwede I bzw. Detmold besucht. Rechtsanwalt ... hat ausgeführt, dass einer der Besuche unter Berücksichtigung der Fahrtzeiten vier Stunden gedauert hat. Rechtsanwalt ... hat dargelegt, dass es sich um insgesamt fünf Besuche gehandelt hat, die drei bis vier Stunden gedauert haben.
Die Antragsteller haben außerdem an der Hauptverhandlung am 17.8.2004 beim AG Bielefeld teilgenommen. Diese hat drei Stunden 20 Minuten gedauert. Im Einverständnis mit den Antragstellern sind keine Zeugen vernommen worden.
Wegen des weiteren Umfangs der Inanspruchnahme und der von den Antragstellern für ihre Mandanten erbrachten Tätigkeiten wird auf die den Antragstellern bekannt gemachten Stellungnahmen des Leiters des Dezernats 10 vom 1.12.2004 Bezug genommen.
Die gesetzlichen (Pflichtverteidiger-)Gebühren der Antragsteller betragen jeweils 797 Euro. Die Antragsteller haben ohne nähere Spezifizierung die Gewährung einer Pauschgebühr i.H.v. 2.097,98 Euro beantragt. Der Vorsitzende des Schöffengerichts hat das Verfahren als nicht "besonders schwierig" angesehen. Der Vertreter der Staatskasse hat sich dem angeschlossen. Er sieht das Verfahren auch nicht als "besonders umfangreich" an. Die Antragsteller sind dem entgegengetreten.
II. 1. Auf die Sache ist das am 1.7.2004 in Kraft getretene RVG anwendbar. Die Antragsteller sind den ehemaligen Angeklagten am 5.7.2004 beigeordnet worden, so dass gem. § 61 Abs. 1 S. 1 2. Alt. RVG das RVG und nicht (mehr) die BRAGO anwendbar ist.
In der Rechtsprechung ist allerdings bereits umstritten, ob das RVG auch gilt, wenn die Beiordnung des Pflichtverteidigers zwar nach dem 1.7.2004 erfolgt ist, dieser aber - wie vorliegend - bereits vorher als Wahlanwalt für seinen Mandanten tätig gewesen ist. Teilweise wird auf diese Konstellation noch die BRAGO angewendet (vgl. z.B. LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2004 - (509) 70 Js 923/04 KLs (40/04), http://www.burhoff.de = RVGprofessionell 2004, 215; Beschl. v. 21.12.2004 - 511 Qs 143/04). Die überwiegende Meinung in der Literatur zum RVG und die bislang vorliegende Rechtsprechung von OLG gehen demgegenüber jedoch davon aus, dass das RVG anwendbar ist (Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, ABC-Teil, Übergangsvorschriften, Rz. 28; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl., § 60 Rz. 32; Hartmann, Kostengesetze, § 60 RVG Rz. 18; Goebel/Gottwald, RVG, § 61 Rz. 32; Bischoff/Jungbauer, RVG, § 61 RVG, Rz. 27; N. Schneider in Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, Teil 19, Rz. 57; Hansens, RVGreport 2004, 10 [13]; Volpert, RVGreport 2004, 296 [298]; OLG Frankfurt NStZ-RR 2005, 32; OLG Schleswig, Beschl. v. 30.11.2004 - 1 Ws 423/04, http://www.burhoff.de; aus der (früheren) Rspr. und Literatur: SchlHA 1989, 80; OLG Koblenz v. 20.11.1987 - 1 Ws 625/87, Rpfleger 1988, 123; OLG Düsseldorf StV 1996, 165; OLG Oldenburg JurBüro 1996, 472; Enders, JurBüro 1995, 2, jeweils auch m.w.N. zur zu § 134 BRAGO teilweise vertretenen a.A.).
Der Senat schließt sich der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur an.
Anknüpfungspunkt für die Entscheidung der Frage ist - entgegen der Ansicht des LG Berlin (LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2004 - (509) 70 Js 923/04 KLs (40/04), http://www.burhoff.de = RVGprofessionell 2004, 215) - nicht § 60 RVG, sondern § 61 RVG. Dieser regelt den Übergang von der BRAGO zum RVG. Damit hat die Gesetzesbegründung in der BT-Drucks. 15/1971, 203 entg...