Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, wann die Verhängung einer Freiheitsstrafe, deren Mindestmaß nach § 38 Abs. 2 StGB einen Monat beträgt, angesichts des erheblich unterdurchschnittlichen Schuldgehaltes der Straftat nicht mehr als gerechter Schuldausgleich angesehen werden kann.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Entscheidung vom 31.08.2007)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch hinsichtlich der beiden verhängten Einzelfreiheitsstrafen von jeweils 3 Monaten sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte ist durch Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 18.04.2007 wegen Diebstahls sowie wegen Erschleichens von Leistungen in 2 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden. Hiergegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt, die er wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Das Landgericht Bielefeld hat das Rechtsmittel mit dem angefochtenen Urteil verworfen. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hinsichtlich der beiden Taten gemäß § 265 a StGB, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, hatte der Angeklagte am 14. und 15.11.2006 jeweils Verkehrsmittel der Firma moBiel GmbH in Bielefeld ohne gültigen Fahrausweis benutzt, wobei er von Anfang an vorhatte, das Fahrgeld von insgesamt 2,40 Euro nicht zu entrichten.

Das Landgericht hat folgende Voreintragungen des Angeklagten festgestellt:

"1.

Am 29.08.2005 verurteilte das Amtsgericht Bielefeld den Angeklagten wegen Erschleichens von Leistungen in 2 Fällen zu einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 20 Euro. Hiervon verbüßte der Angeklagte Ende 2005 im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe 12 Tage, bevor die restliche Geldstrafe von Verwandten gezahlt wurde.

2.

Am 03.05.2006 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Bielefeld wegen Erschleichens von Leistungen in 2 Fällen zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je 15 Euro verurteilt. Diese Geldstrafe verbüßte der Angeklagte, wie bereits erwähnt, im Wege der Ersatzfreiheitsstrafe bis zum 01.06.2007.

3.

Am 04.05.2006 verurteilte das Amtsgericht Bielefeld den Angeklagten wegen Erschleichens von Leistungen in drei Fällen zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 15 Euro. Wie bereits ausgeführt, verbüßt der Angeklagte ab dem 10.08.2007 diese Geldstrafe als Ersatzfreiheitsstrafe bis zum 18.10.2007.

4.

Am 13.09.2006 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht Bielefeld wegen Erschleichens von Leistungen in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für 2 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Dem Angeklagten war als Bewährungsauflage aufgegeben worden, 300 Stunden gemeinnützige Arbeit nach Weisung der Gerichtshilfe abzuleisten. Nach Ableistung von 66 Arbeitsstunden fehlte der Angeklagte unentschuldigt und war in der Folgezeit für die Gerichtshilfe nicht zu erreichen. ..."

Nach den weiteren Feststellungen ist das Verfahren betreffend den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung beim Landgericht Bielefeld anhängig.

Das Landgericht hat außerdem festgestellt:

"Darüber hinaus sind oder waren weitere Strafverfahren gegen den Angeklagten anhängig:

Das Verfahren 34 Js 2460/06 wurde von der Staatsanwaltschaft Bielefeld im Hinblick auf das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 13.09.2006 nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt. Der Angeklagte hatte 2 weitere Beförderungserschleichungen am 03.08.2006 und 12.09.2006, letztere am Tage vor der letzten Verurteilung, begangen.

Das Verfahren 34 Js 598/07 wurde von der Staatsanwaltschaft Bielefeld ebenso nach § 154 Abs. 1 StPO im Hinblick auf das vorliegende Verfahren eingestellt. Der Angeklagte hat am 05.02.2007 bei der Buchhandlung "Boulevard" 2 Manga-Bücher zum Gesamtpreis von 10 Euro entwendet.

Im Verfahren 32 Js 381/07 wurde der - insoweit geständige - Angeklagte am 08.08.2007 wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten verurteilt. Der Angeklagte hatte, was zu seiner Verhaftung führte, am 23.03.2007 zwei Päckchen Tabak im Gesamtwert von 9,40 Euro entwendet und dabei ein Springmesser mit einer Klingenlänge von 85 mm und einer Klingenbreite von 20 mm bei sich geführt. Dieses Urteil ist nicht rechtskräftig."

Die verhängten Einzelstrafen hat das Landgericht wie folgt begründet:

"Bei der Strafzumessung im einzelnen hat die Kammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er schon erstinstanzlich die Taten eingeräumt hat, auch wenn er bei den 2 Beförderungserschleichungen jeweils "auf frischer Tat ertappt" wurde. Weiterhin fiel zu seinen Gunsten der lediglich geringe Schaden ins Gewicht sowie der Umstand, dass hinsichtlich der Diebstahlstat das Diebesgut einbehalten werden konnte. Weiterhin konnte nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Angeklagte mit dem Widerruf aus dem Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 13.09.2006 rechnen muss.

Zu Lasten...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge