Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewährung. Weisung. Internetverbot. Informationsfreiheit. Zitiergebot
Leitsatz (amtlich)
Einem wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften verurteilten Straftäter kann im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung gestützt auf § 56 c Abs. 1 StGB ein "Internetverbot" als Weisung erteilt werden. Diese stellt jedenfalls dann keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten, wenn hiervon eine für eine berufliche Qualifizierungsmaßnahme unerlässliche Internetnutzung ausgenommen wird.
Normenkette
StGB § 57c Abs. 1; GG Art. 5, 19 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 64 StVK 265/15 BEW) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.
Gründe
I.
Der Verurteilte wurde mit Urteil des Amtsgericht Witten vom 22.06.2011 wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und mit Urteil des Amtsgerichts Witten vom 18.05.2012 wegen desselben Delikts zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Mit Beschluss vom 02.04.2015 hat die Strafvollstreckungskammer bei dem Landgericht Dortmund die Vollstreckung der Strafreste in beiden Sachen nach Verbüßung von Zwei-Dritteln der erkannten Strafen zum 07.04.2015 zur Bewährung ausgesetzt. In dem Beschluss hat es dem Verurteilten (u.a.) folgende Weisung erteilt:
"5. Dem Verurteilten wird darüber hinaus untersagt, einen Internetanschluss zu betreiben oder in sonstiger Weise vorzuhalten und zu nutzen."
Bereits am 14.05.2015 hat der Verurteilte erstmals beantragt, diese Weisung aufzuheben. Er hat dazu angeführt, dass er für die angestrebte Umschulung bei der E Akademie das Internet benötige. Ferner sei eine Arbeitsplatzsuche ohne Internet kaum möglich und die Kommunikation mit Ämtern und die Wohnungssuche sei wesentlich erschwert.
Die Umschulungsmaßnahme erfordert eine Internetnutzung "vor Ort", während Hausaufgaben nicht aufgegeben werden. Die Bewährungshelferin des Verurteilten hat sich in ihrer Stellungnahme dafür ausgesprochen, dem Verurteilten eine Internetnutzung in den Räumlichkeiten der E Akademie zu gestatten. Diese Gestattung hat der Richter der Strafvollstreckungskammer mit Schreiben vom 01.06.2015 ausgesprochen. Seit dem 01.06.2015 nimmt der Verurteilte an der rund zweijährigen Umschulungsmaßnahme teil.
Mit Schreiben vom 16.07.2015 hat der Verurteilte erneut die Aufhebung der o.g. Weisung beantragt. Er begründet dies damit, dass in der heutigen Zeit eine Kommunikation ohne das Internet nicht mehr möglich sei. Alle möglichen Dinge des alltäglichen Lebens, wie die Kommunikation mit Ämtern, der Arbeitsagentur etc. würden erschwert. Die Weisung sei auch unzumutbar, weil man heutzutage keinen reinen Telefonanschluss (ohne Internet) zu einem vernünftigen Preis bekäme. Die Kosten für einen kombinierten Telefon- und Kabelanschluss ohne Internet beliefen sich auf etwa 44 Euro, während ein "Kombianschluss" für Telefon und Internet z.B. bei Vodafone für die ersten 24 Monate 19,99 Euro und danach 29,99 Euro koste. Die erheblichen Mehrkosten aufgrund der Weisung könne er von seinem ALG I in Höhe von 716,60 Euro/Monat nicht bezahlen.
Den Antrag hat die Strafvollstreckungskammer mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Die Weisung sei nicht unzumutbar. Die Nutzung des Internets im Rahmen der Qualifizierungsmaßnahme sei dem Verurteilten erlaubt worden. Immerhin nutzten mehr als 10% der Bewohner Deutschlands das Internet nicht. Mehrkosten entstünden dem Verurteilten ebenfalls nicht, denn er könne für 10 Euro/Monat einen Mobilfunkvertrag mit einer sog. "Flatrate" in alle Netze abschließen.
Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit der Beschwerde. Er trägt vor, dass immerhin 90% der Bevölkerung Internet nutzten und dass dies zur heutigen Kommunikation gehöre. Wegen des laufenden Insolvenzverfahrens bekomme er keinen Handyvertrag. Ein Festnetzanschluss wäre über die Deutsche Telekom als Grundversorger aber möglich.
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung gesetzeswidrig ist. Der Prüfungsmaßstab des § 453 Abs. 2 S. 2 StPO gilt nicht nur für die erstmalige Anordnung etwa einer Bewährungsweisung, sondern auch dann, wenn der Antrag, eine diesbezügliche Entscheidung zu treffen, abgelehnt wurde (OLG Celle NStZ 1983, 430; OLG Frankfurt NStZ-RR 2006, 327). Gesetzeswidrig ist eine Entscheidung, wenn sie keine ausreichende Rechtsgrundlage hat, wenn sie ermessensfehlerhaft getroffen wurde, wenn sie unverhältnismäßig ist oder der Bestimmtheitsgrundsatz nicht eingehalten wurde (vgl.: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 453 Rdn. 12 m.w.N.). Solche Fehler liegen hier nicht vor. Dabei gelten für die Frage, ob eine Weisung im Rahmen der Bewährung aufzuheben oder abzuändern ist zwangsläufig dieselben rechtlichen Anforderungen wie für die erstmalige Anordnu...